In dem Symposium werden aus unterschiedlicher Perspektive Ergebnisse zu Nebenwirkungen von Psychotherapien berichtet. Einstig wird ein Report über die Ergebnisse des BMBF-Projekt HARMS sein, in den untersucht wird, wir häufig in klinischen Psychotherapiestudien Nebenwirkungen und adverse Effekte eigentlich erfasst werden. Berichte und Klagen über Nebenwirkungen in der Richtlinientherapie und in einer teilstationären Therapie für Patienten mit Borderlinestörungen folgen, ehe die Ergebnisse einer ersten Repräsentativerhebung zu negativen Effekten der Therapie dargestellt wird.
18:00 Uhr
Ergebnisse einer ersten deutschen Repräsentativbefragung zu Nebenwirkungen und negativen Effekten von Psychotherapie
Dominique Frenzl, Jena (Germany)
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Autor:in:
Dominique Frenzl, Jena (Germany)
Internationale Studien zu den negativen Effekten von Psychotherapie deuten darauf hin, dass es in 3-15% der behandelten Fälle zu unerwünschten Ereignissen wie Symptomverschlechterungen kommen kann. Werden neben der Symptomebene auch Veränderungen in anderen Lebens- und Funktionsbereichen berücksichtigt, steigt die Prävalenz auf 20-94%. Die z.T. sehr großen Schwankungen erschweren verlässliche Aussagen zur Verbreitung und zum Spektrum negativer Psychotherapieeffekte.
Im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen Erhebung (Juli-Oktober 2019) wurden 244 Personen, die sich innerhalb der letzten 6 Jahre in psychotherapeutischer Behandlung befanden, zu ihren positiven und negativen Erfahrungen befragt. Die Teilnehmer*innen beantworteten u.a. Fragen aus dem Negative Effects Questionnaire (NEQ), Fragen zu therapeutischem Fehlverhalten aus dem Inventar zur Erfassung Negativer Effekte von Psychotherapie (INEP) sowie Fragen zur therapeutischen Beziehung mittels Helping Alliance Questionnaire (HAQ) und machten Angaben zu ihren Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen.
Positive Veränderungen werden von den meisten Teilnehmer*innen im Hinblick auf ihre depressive Stimmung berichtet. Negative Entwicklungen betrafen am häufigsten die Bereiche Arbeitsfähigkeit und körperliches Wohlbefinden. Die therapeutische Beziehung wurde überwiegend als positiv eingeschätzt, dennoch berichteten mehr als die Hälfte aller Befragten (56,6%) von mindestens einem durch die Therapie hervorgerufenen negativen Effekt. Am häufigsten wurde dabei das Wiedererleben alter, unangenehmer Erinnerungen genannt (39,8%). Schwere Grenzverletzungen durch Therapeut*innen wurden erwartungsgemäß selten genannt (1,2%).
Die vorliegende Studie zeigt, wie häufig negative Effekte von Psychotherapie sowie Grenzverletzungen in einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe berichtet werden. Die Ergebnisse tragen dazu bei, verschiedene Aspekte negativer Effekte in der Psychotherapie besser abschätzen zu können.