Der Beitrag erweitert und vertieft Ciompis letztjährigen Vortrag zum Schizohrenieproblemdurch eine Kombination der drei im ersten Titel erwähnten Erkenntnisansätze. Nach Ciompis Konzept der Affektlogik besteht der “psychische Apparat” aus einem Gefüge von erfahrungsgenerierten, integrierten Fühl-Denk-Verhaltensprogrammen (FDV-Programmen), die typischen offenen Systemen im Sinn der Systemtheorie entsprechen. Kognitive Unterscheidungen vermitteln die Struktur, emotionale Elemente die Energie und Dynamik von FDV-Programmen. Nach dem Konzept der Synergetik von Hermann Haken kann es in komplexen offenen Systemen dieser Art zu nichtlinearen Phasensprüngen, sog. Bifurkationen in neue globale Funktionsmuster kommen, wenn die internen energetischen Spannungen einen kritischen Wert erreichen. Das “Überschnappen” aus der Alltagslogik in eine psychotische Logik entspricht nach der Hypothese der Affektlogk einer derartigen Bifurkation unter dem Druck von übergrossen emotionsenergetischen Spannungen. Nach dem Prinzip der Minimierung der freien Energie von Karl Friston ist das neuronale System standig bestrebt, unkontrollierte Energieverluste (“böse Überraschungen”) durch strukturbildende Lernvorgänge, die eine bessere Voraussage von Umweltreaktionen ermöglichen, zu vermeiden. Das freie Energie Prinzip ist kompatibel mit der Vorstellung, dass alle kognitiven Prozesse eng mit körperlich-motorischen und emotionalen Prozessen verknüpft sind (“Embodiment”). Insgesamt gesehen beruht die Psychose damit auf “verrückten” Lernvorgängen, die zu einem neuen , aber dysfunktionalen Gefüge von Fühlen, Denken und Psychomotorik führen. Die Kombination der drei konvergierenden Ansätze führt zu neuen Verstehens- und Behandlungsmöglichkeiten der schizophrenen Psychose, in welchen übergrosse emotionale Spannungen und deren nachhaltige Reduktion – zum Beispiel durch milieutherapeutische Ansätze vom Soteriatyp – eine Schlüsselrolle spielen.