Die Behandlung in der Psychiatrie ist in einem rasanten Wandel. Neben neuen Therapieansätzen verändern sich auch Finanzierungsmöglichkeiten, die diese im Rahmen von Modellprojekten und auch in der Regelversorgung möglich machen.
Das Symposium vermittelt einen spannenden Blick in aktuelle Veränderungen aus unterschiedlichen Blickrichtungen:
Die LVR Klinik Bonn verfügt im Modellprojekt „DynaLIVE“ (Dynamische, Lebensnahe, Integrative Versorgung) über die Möglichkeit Behandlungstage in der Klinik mit aufsuchenden Leistungen zu verbinden. Psychiatrische Behandlung wird so maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Patient*innen. Stationäre Behandlungen können so verkürzt oder ersetzt werden.
In der Regelversorgung ist durch die StäB (Stationsäquivalente Behandlung) eine neue Option entstanden, im häuslichen Umfeld der Patient*innen zu behandeln. Die Ergotherapie ist dabei ein wichtiger alltagsbezogener Behandlungsteil, in dem deutlich wird, wie sich Tätigkeits- und Rollenprofile verändern. Die bisherigen Erfahrungen und Entwicklungen im neuen Setting werden beleuchtet.
Als weiterer Baustein alltagsbezogener Hilfen ist das Job Coaching in der Lage, die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer klinischen Behandlung zu erleichtern. Qualifizierte Job-Coaches begleiten Patient*innen zurück an den Arbeitsplatz, erstellen eine individuelle Unterstützungsanalyse und gestalten das berufliche Umfeld in Kooperation mit allen Beteiligten. Jobcoaching am Arbeitsplatz ist im Rahmen einer Studie untersucht und die praktische Umsetzung kann so gemeinsam mit empirischen Ergebnissen präsentiert werden.
Abgerundet wird das Thema durch die Darstellung eines systemisch orientierten Therapieansatzes in einer Ergotherapie-Praxis. Wie kann systemische Haltung in Bezug auf das Rollenverständnis, die Angebote und den Therapieverlauf neue Wirkfaktoren entstehen lassen, die sich von klassischen Ansätzen abheben und neue alltagsorientierte Behandlungsschritte ermöglichen.
10:12 Uhr
StäB – Behandlung im Lebensumfeld
Kerstin Ziehn, Bielefeld (Germany)
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Autor:in:
Kerstin Ziehn, Bielefeld (Germany)
Seit Beginn des Jahres 2018 besteht in Deutschland die Möglichkeit, eine psychiatrische Behandlung statt im Krankenhaus auch als stationsäquivalente Behandlung im häuslichen Umfeld der Patient:innen erfolgen. Im Zuge dieser neuen Behandlungsoption im akutpsychiatrischen Versorgungsfeld sind Mitarbeitende und Nutzende mit Veränderungen konfrontiert. Mitarbeiter:innen des Krankenhauses verlassen dessen Grenzen und fahren in die Häuslichkeit der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Erste Erfahrungen in dieser neuen Versorgungsform weisen darauf hin, dass sich sowohl innerhalb der Behandlungsteams als auch auf Seiten der Betroffenen und Angehörigen ein Wandel in Bezug auf Tätigkeits- und Rollenprofile vollziehen, wenn die Behandlung im Lebensumfeld stattfindet. In diesem Vortrag wird auf diese Veränderungsprozesse und die bisherigen Erfahrungen aus der Sicht der Ergotherapie im Rahmen der stationsäquivalenten Behandlung eingegangen.
10:24 Uhr
Job-Coaching – Begleitung ins Arbeitsleben
Thomas Henke, Düsseldorf (Germany)
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Thomas Henke, Düsseldorf (Germany)
Jobcoaching am Arbeitsplatz bietet beruflichen Systemen und psychiatrischer Klientel, die sich nach einer Krankheitsphase zurück an den Arbeitsplatz begibt eine individuelle Unterstützung. Besonders für psychisch erkrankte Arbeitnehmer hat sich die Begleitung am Arbeitsplatz als funktionierendes Instrument zur Sicherung des Arbeitsplatzes erwiesen. Das Forschungsprojekt Jade an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen hat in den letzten drei Jahren das Jobcoachingangebot bundesweit untersucht. Es wurden zunächst der aktuelle Status der Anwendung und im späteren Verlauf die Ergebnisse evaluiert. Im Vortrag sollen einige dieser Ergebnisse vorgestellt und besonders mit den Erfahrungen aus dem Rheinland verglichen werden. Außerdem soll während eines Einblicks in die Arbeit eines Jobcoaches der Blick über die betrieblichen Grenzen geworfen werden und die Aufmerksamkeit auf Schnittstellen zu anderen Hilfesystem gelegt werden. Besonders bei einer Rückkehr aus Krankheit an den Arbeitsplatz oder bei Menschen, die dauerhaft begleitende Hilfen in Anspruch nehmen, ermöglicht der Einbezug anderer "Helfer" die Möglichkeit Ressourcen zu entdecken oder Potentiale zu nutzen, die eine Stabilisierung des Arbeitsfeldes ermöglichen. Im Vortrag werden an praktischen Beispielen gelungene Kooperationen vorgestellt.
10:36 Uhr
Wenn etwas funktioniert, tue mehr davon: systemisch-lösungsorientierte Therapie in der psychiatrischen Ergotherapie
Gesa Döringer, Amsterdam (Netherlands)
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Autor:in:
Gesa Döringer, Amsterdam (Netherlands)
Wenn etwas funktioniert, tue mehr davon…
Systemisch Lösungsorientierte Therapie in der psychiatrischen Ergotherapie
In der Psychiatrie setzt sich der Recovery Gedanke zunehmend durch. Der Fokus liegt dabei auf der Adaptionsfähigkeit und Resilienz von Menschen um erfolgreich mit schwierigsten Situationen und (teilweise chronischen) Erkrankungen umzugehen. Laut der Stiftung HEE für Rehabilitation beschreiben die folgenden Kriterien einen Therapeuten der entsprechend des Recovery Gedanken arbeitet:
• Hat eine Attitüde von Hoffnung und Optimismus.
• Ist präsent und aufmerksam.
• Nutzt seinen professionellen Referenzrahmen bescheiden und zurückhaltend.
• Gibt der persönlichen Sichtweise des Klienten Raum und unterstützt ihn darin.
• Erkennt und stimuliert die Nutzung der eigenen Ressourcen des Klienten (Empowerment), sowie von Familie/Freunden.
• Ist gerichtet auf das Vermindern von Leiden und das Vergrößern der eigenen Regie und Autonomie des Klienten.
Die Kompetenzprofiele der Ergotherapie sowie der Lösungsorientierte Therapie weisen große Überschneidungen mit diesen Kriterien und miteinander auf. Beide teilen die Überzeugung, dass Menschen auch in schwierigsten Situationen ein erfülltes Leben führen können. Die Ressourcenorientiertheit und Klienten Zentrierung sind in beiden Ansätzen tief verwurzelt.
Dieser Vortrag beschreibt in einzelnen Beispielen den praktischen Einsatz der Lösungsorientierten Therapie in der ergotherapeutischen Behandlung junger Patienten mit psychotischen Störungen in den Niederlanden.
Eine große Anzahl von Studien belegt die Effektivität der Lösungsorientierten Therapie in der Psychiatrie.(u.a. bei Klienten mit Suchterkrankungen, Depression und Angststörungen, PTBS, Persönlichkeitsstörungen und Psychosen. Im Vortrag werden einige der in diesen Studien als wirksam ausgewiesenen Faktoren der Lösungsorientierten Therapie kurz zusammengefasst.