Der Einsatz des Narkosemedikamentes Ketamin zur schnellen Behandlung von Depressionen bietet große Chancen für Patienten und Kliniker. Die intranasale Anwendung von Esketamin bei therapierefraktären Depressionen ist zwar in Deutschland schon zugelassen, aber noch nicht auf dem Markt verfügbar. Dennoch wenden eine Reihe von Kliniken Ketamin oder Esketamin bereits im stationären oder teilstationären Rahmen an. Protokolle zur Anwendung der Substanzen sind jedoch noch nicht endgültig etabliert. In diesem Symposium berichten Kliniker von ihren Erfahrungen mit dem Einsatz von Ketamin und Esketamin als individuelle Heilversuche und stellen Indikationen, Vorgehensweisen, Probleme und erste Ergebnisse vor.
Alle ReferentInnen werden das Vorgehen in ihrem Setting schildern, aber auch spezieller auf bestimmte Schwerpunkte eingehen, die in der Anwendung von (Es)Ketamin häufig Gegenstand von Unsicherheit und Diskussionen sind. Frau PD Dr. Deborah Janowitz (Greifswald) spricht über Vorbereitung, Indikation und Nebenwirkung von (Es-)Ketamin-iv-Therapie; PD Dr. Florian Seemüller (Garmisch-Partenkirchen) beleuchtet Ketamin als Therapieoption in der Behandlung der bipolaren Depression. PD Dr. Cornelius Schüle (München) beschäftigt sich mit Ketamin zur Behandlung depressiver Patienten mit komorbider Persönlichkeitsstörung. Abschließend stellt Prof. Dr. Claus Normann eine Auswertung der bisher in Freiburg durchgeführten (Es)Ketamin-Behandlungen vor und versucht die Frage zu beantworten, ob es eine Dosisabhängigkeit des Ketamin-Effektes gibt.
10:10 Uhr
Ketamin als Therapieoption zur Behandlung der bipolaren Depression
Florian Seemüller, Garmisch-Partenkirchen (Germany)
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Florian Seemüller, Garmisch-Partenkirchen (Germany)
Im Längsschnitt verbringen bipolar Betroffene etwas 2/3 ihrer Krankheitstage in einer depressiven Episode. Obwohl in der Indikation „Manie“ zahlreiche Behandlungsoptionen existieren, sind die therapeutischen Möglichkeiten bei der bipolaren Depression erheblich eingeschränkt. Erschwerend hinzu kommt, dass die von den meisten Leitlinien empfohlenen Optionen wie Quetiapin oder Olanzapin-Fluoxetin Kombination kardiometabolische Risiken mit sich bringen. Darüber hinaus sind bipolare Depressionen mit einem etwa zehnfach erhöhten Suizidalitätsrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung assoziiert und vor allem bei gemischten Episoden scheint das Suizidrisiko am höchsten zu sein. Etwa 30% aller Patienten mit einer bipolaren Depression entwickeln eine therapieresistente Episode. Leider scheinen gerade die klinisch etwas potenteren Antidepressiva wie dual wirksame Substanzen oder Trizyklika ein besonders erhöhtes Switchrisiko aufzuweisen.
Inzwischen mehrt sich die Evidenz zugunsten einer antidepressiven Wirksamkeit von Ketamin in der Behandlung der therapieresistenten bipolaren Depression. Einige Besonderheiten von Ketamin wie zB der rasche Wirkeintritt, geringe metabolische Risiken und eine rasche antisuizidale Wirkung scheinen gerade in dieser Indikation besonders günstig. Auf der anderen Seite sind Risiken wie die Induktion einer Manie noch nicht abschließend geklärt.
In dem Vortrag werden die Evidenz sowie spezifische Risiken von Ketamin bei der Behandlung der therapieresistenten der bipolaren Depression dargestellt und ein Protokoll sowie die klinischen Erfahrungen des Verfassers bei der Anwendung von Ketamin in dieser Indikation vorgestellt.