Nach wie vor stellt die Gruppe der Angsterkrankungen epidemiologisch gesehen eine der häufigsten klinischen Herausforderungen für Psychiater und Psychotherapeuten in Klinik und Praxis dar. Während die höchste Prävalenz phobische Störungen aufweisen spielen die generalisierte Angststörung und die Panikstörung dennoch eine wichtigere Rolle, da die mitunter komplexen Verläufe nicht immer rasch und zuverlässig auf eine leitliniengerechte Therapie ansprechen. So respondieren rund 30 % aller Patienten nicht oder nur unzureichend auf das erste Therapieangebot. Politische und gesellschaftliche Entwicklungen können als relevante kovariate Faktoren Verläufe zusätzlich erschweren und therapeutisches Ansprechen verschlechtern. Das diesjährige Symposion der Gesellschaft für Angstforschung widmet sich daher einerseits der Weiterentwicklung psychotherapeutischer Ansätze und beleuchtet dabei insbesondere Neuentwicklungen in der Verhaltenstherapie generell sowie den Ansatz eines hochintensiven Intervalltrainings bei Angsterkrankungen im Speziellen. Zudem diskutiert ein Beitrag die Möglichkeiten der Versorgung im stationären Bereich mit besonderem Fokus auf chronische Verläufe sowie Angsterkrankungen mit hoher Komorbidität. Schlussendlich greift der letzte Beitrag die Veränderung von Häufigkeit und Erscheinungsbild von Angststörungen im Rahmen der aktuellen Corona-Pandemie auf und bezieht damit aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen in die Perspektive ein.
14:30 Uhr
Neue Entwicklungen in der Verhaltenstherapie
Andre Pittig, Würzburg (Germany)
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Andre Pittig, Würzburg (Germany)
Seit ihren Anfängen sind expositionsbasierte Interventionen ein fundamentaler Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie bei Angststörungen. Sie beinhalten eine wiederholte Konfrontation mit angstbesetzten Reiz und Situationen, die in verschiedener Art und Weise stattfinden kann. In Übersichtsarbeiten zeigt Exposition konsistent eine hohe Wirksamkeit im Gruppenvergleich. Das Ansprechen einzelner Patienten*innen variiert jedoch stark und verdeutlicht einen Optimierungsbedarf. Aus der Lerntheorie betonen inhibitorische Modelle die zentrale Rolle von Extinktionslernen als Mechanismus von Exposition. Klinische Translationen heben hierbei die Widerlegung der zentralen Befürchtung als therapeutisch-wirksamen Mechanismus hervor. Anders als beim traditionellen Habituationstraining, bei dem ein Habituation der Angstreaktion erzielt werden soll, werden in der befürchtungsorientierten Exposition die zentralen Befürchtungen der Patienten*innen herausgearbeitet, um in der Exposition gezielt einen Kontext herzustellen, der die maximale Widerlegung dieser Befürchtung ermöglicht. Im Vortrag sollen sowohl das Vorgehen einer befürchtungsorientierten Exposition als auch erste Befunde aus großen klinischen Studien zur Intensität und Veränderung von Befürchtungen sowie ihr Zusammenhang mit Symptomreduktion aufgezeigt werden.
14:50 Uhr
Herausforderungen und Besonderheiten der Therapie schwerer Angststörungen in einer Versorgungsklinik
Katharina Feldker-Kasperek, Wasserburg am Inn (Germany)
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Katharina Feldker-Kasperek, Wasserburg am Inn (Germany)
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen und sind mit erheblichen Beeinträchtigungen für den Einzelnen und massiven Kosten für das Gesundheitssystem verbunden. In der Regel können Angsterkrankungen ambulant behandelt werden. Auch Studien zur Behandlung von Angsterkrankungen fokussieren meist das ambulante Setting. Über die Gruppe von Angstpatienten, bei denen eine stationäre Behandlung notwendig wird, ist bislang wenig bekannt. Anhand von Daten der psychiatrischen Basisdokumentation (BADO) eines Fachkrankenhauses für Psychiatrie wird die Gruppe der stationär behandelten Patienten mit einer Angsterkrankung im Vortrag näher beleuchtet. Gründe für die stationäre Behandlung, Behandlungsverfahren und Implikationen für Forschung und Praxis werden diskutiert. Ein verbessertes Verständnis aktueller Versorgungsstrukturen ermöglicht uns Optimierungsbedarf abzuleiten und so die Versorgung der Patienten zu verbessern.
15:00 Uhr
Angst und psychische Belastung in der frühen Phase der Corona-Pandemie
Moritz Bruno Petzold, Berlin (Germany)
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Moritz Bruno Petzold, Berlin (Germany)
Die COVID-19 Pandemie geht mit zahlreichen psychischen Belastungsfaktoren für die Allgemeinbevölkerung einher. Dabei spielen neben Ängsten und Sorgen bezüglich einer Infektion auch psychische Belastungen, die mit den Infektionsschutzmaßnahmen verbunden sind, eine Rolle. Im Vortrag werden erste Ergebnisse unserer Studien zur psychischen Belastung in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland vorgestellt. Diese stammen aus einem Projekt, bei dem wir im Rahmen einer Online-Umfrage Menschen hinsichtlich ihrer psychischen Belastung und psychischen Belastung in der COVID-19 Pandemie querschnittlich und längsschnittlich befragt haben. Vorgestellt werden Daten zum Verlauf der psychischen Belastung in den ersten Monaten der Pandemie sowie Risiko- und Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit. Aus den Ergebnissen werden erste Empfehlungen zum Erhalt der psychischen Gesundheit während der COVID-19 Pandemie abgeleitet.