Verhaltenstherapeutische Verfahren haben sich in der prophylaktischen Behandlung primärer Kopfschmerzerkrankungen als wirksam erwiesen. Angewandt werden klassischerweise Methoden wie Entspannungsverfahren, Biofeedback und kognitive Verhaltenstherapie.
In den letzten Jahren sind zudem neue vielversprechende verhaltenstherapeutische Interventionen entwickelt und evaluiert worden. Hierzu zählen: Internet- und mobile-basierte Interventionen (IMIs), störungsspezifische Interventionsprogramme sowie achtsamkeitsbasierte Therapieansätze, die u.a. dem „Mindfulness-Based“-Bereich entstammen und sowohl therapeutisch als auch prophylaktisch zur Anwendung kommen.
Im ersten Beitrag wird auf die digitalen Möglichkeiten in der Kopfschmerzversorgung eingegangen. Dabei wird u.a. das Projekt SMARTGEM (“Smartphone-gestützte Migränetherapie“) vorgestellt, in welchem mit M-sense die erste auf Rezept erhältliche Migräne-App verwendet wird. Die Patient*innen werden durch die App in der Durchführung von Entspannungsverfahren und Ausdauersport unterstützt und durch Vermittlung von individuellen verhaltenstherapeutischen Ansätzen geschult. Dies ist gerade auch während der COVID-19-Pandemie relevant. Die Effektivität von SMARTGEM wird in einer randomisierten kontrollierten Studie mit über 600 Patient*innen untersucht, Daten aus der Baseline-Phase werden im Rahmen des Symposiums vorgestellt.
Im zweiten Beitrag wird ein störungsspezifisches Therapieprogramm („kognitiv-verhaltenstherapeutisches Migränemanagement“, MIMA) und eine dazugehörige randomisiert-kontrollierte Studie mit 97 Patient*innen dargestellt. In dieser wurde MIMA sowie ein Entspannungstraining mit einer Wartekontrollgruppe verglichen. Beide Therapiegruppen waren der Kontrollgruppe hinsichtlich Reduktion der Kopfschmerzaktivität und Zunahme der Selbstwirksamkeit überlegen. In der 12-Monats-Katamnese zeigten sich weitere Abnahmen in Kopfschmerzaktivität, psychischer Belastung und kopfschmerzassoziierter Beeinträchtigung. Zwischen den beiden Behandlungsprogrammen (MIMA vs. Entspannung) gab es keine Unterschiede, sodass MIMA als gleichwertige Alternative zur Entspannung angesehen werden kann. Implikationen werden diskutiert.
Der dritte Beitrag stellt achtsamkeitsnahe Methoden vor. Hierzu zählen u.a. die Acceptance- and Commitment-Therapy (ACT) - z.B. als Teil der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT), die spezifische achtsamkeitsbasierte Psychotherapie (Heidenreich/Michalak) und die Mindfulness-Based-Cognitive-Therapy (MBCT). Zudem sind Achtsamkeitsübungen Teil weiterer, auch störungsspezifischer Verfahren. Außerhalb des medizinischen Settings finden sich Angebote, die der Prävention (§ 20 SGB V) dienen und von Achtsamkeitstrainern, die vielfach auch nichtmedizinischen Professionen entstammen, meist in Kursform angeboten werden. Beide Wege haben sich in Studien als effektiv erwiesen.