Psychosoziale Kontextfaktoren beeinflussen in hohem Maße, wie akute Schmerzen erlebt werden, welche Erwar-tungen der Betroffene an seine folgende Behandlung stellt und wie effektiv diese sein wird (Klinger & Flor, 2014). Obwohl die Ursache des akuten Schmerzes, z.B. eine Platzwunde an der Stirn, gleich sein kann, kann sich das Erleben komplett unterscheiden: Szenario 1. eine 8-Jährige wird von Ihren Eltern und einer Freundin in die Not-aufnahme begleitet, sie hat beim Hockeyspiel eine Hockeykugel an den Kopf bekommen, ihre Freundin kann sie dennoch zum Lachen bringen; Szenario 2. eine 79-Jährige, aufgrund ihrer Knieschmerzen gehbehindert und auf Opioide eingestellt, ist in der Wohnung an der Teppichkante hängengeblieben und gestürzt, 2 Rettungssanitäter begleiten sie in die Klinik, sie ist verzweifelt, da sie niemanden hat, der sich um sie kümmern kann.
Das Erleben von akuten Schmerzen ist in hohem Maße von Kontextfaktoren abhängig und dies stellt damit gleich-zeitig eine Schnittstelle für eine mögliche Chronifizierung dar (Kehlet et al, 2006; Flor, 2014). Individuelle Lerner-fahrungen der Vorgeschichte und interaktionelle Erfahrungen in der aktuellen Schmerzsituation mit anderen Menschen inklusive der Behandler spielen ebenso eine Rolle wie genetische, somatische Faktoren und Vorerfah-rungen mit medikamentösen und anderen Vorbehandlungen. Diese Kontextvielfalt birgt ein potentielles Risiko für eine Chronifizierung von Schmerzen, aber auch eine potentielle Chance für deren erfolgreiche Behandlung.
R. Klinger gibt einen Überblick über psychologische Einflussfaktoren, die auf den Akutschmerz einwirken. Sie stellt leitlinienkonforme und evidenzbasierte Möglichkeiten psychologischen Interventionen für einen Akut-schmerzdienst vor und illustriert diese anhand konkreter Fallbeispiele. J. Stuhlreyer stellt Daten aus einer DFG – geförderten Studie vor, die an einer klinischen Stichprobe zeigen, dass unterschiedliche Kontextfaktoren zu un-terschiedlichen Reaktionsweisen auf die gleiche postoperative Medikation führen und wie diese Kontextfaktoren gezielt genutzt werden können. C. Hermann gibt einen Überblick über empirische Befunde zum Akutschmerz bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen sowie möglichen Kontextfaktoren und deren modulierenden Einfluss. An-hand von eigenen Befunden im Rahmen von Studien zum Plazeboeffekt bei Kindern im Vorschulalter, Schulkin-dern und Jugendlichen wird außerdem die Rolle von Erwartungen beleuchtet, und speziell wie diese entstehen, und welche Konsequenzen diese für das akute Schmerzerleben haben. M.Schäfer geht auf Studien ein, die bei der Opioidtherapie des Akutschmerzes ein erhöhtes Abhängigkeitspotential beschreiben. Dies mag von der indi-viduellen Vorgeschichte des einzelnen Patienten abhängen, ob der Patient bereits Opioide erhalten hat oder eher Opioid naive ist.