Autor:innen:
Dr. Bianca Raffaelli | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Maria Terhart | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Lucas Hendrik Overeem | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Jasper Mecklenburg | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
PD Dr. med. Lars Neeb | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Dr. med. Maureen Steinicke | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Prof. Dr. med. Uwe Reuter | Charité Universitätsmedizin Berlin | Germany
Hintergrund
Nationale und internationale Leitlinien empfehlen, die Migräneprophylaxe mit monoklonalen CGRP(-Rezeptor)-Antikörpern (mAk) nach 6-12 Monaten erfolgreicher Therapie abzusetzen. Diese Empfehlung basiert auf Expertenmeinung aber die Evidenz für eine mögliche anhaltende Besserung nach Absetzen ist sehr limitiert.
Fragestellung
Ziel dieser Studie war es, den Krankheitsverlauf nach Beendigung der Migräneprophylaxe mit dem CGRP-Rezeptor-mAk Erenumab und den CGRP-mAk Galcanezumab und Fremanezumab zu untersuchen.
Material und Methoden
In diese longitudinale Kohortenstudie wurden Patient*innen mit Migräne eingeschlossen, die einen CGRP-(Rezeptor)-mAk für ≥ 8 Monate erhielten und bei denen ein Auslassversuch geplant war. Wir analysierten Kopfschmerzdaten in der vierwöchigen Periode vor Beginn der mAk-Therapie (Baseline), im Monat vor der letzten mAk-Behandlung (LB) sowie in Wochen 5-8 und 13-16 nach LB. Primärer Endpunkt der Studie war die Änderung der monatlichen Migränetage (MMT) zwischen dem Monat vor LB und Wochen 13-16. Sekundäre Endpunkte waren die Änderungen der monatlichen Kopfschmerztage (MKT) und der monatlichen Tage mit Einnahme von Akutmedikation (AMT) in diesem Zeitraum.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 62 Patient*innen an der Studie teil (n=31 unter Prophylaxe mit dem CGRP-Rezeptor-mAk Erenumab und n=31 unter den CGRP-mAk Galcanezumab oder Fremanezumab). In den vier Wochen vor LB verzeichneten die Patienten 8,24 ± 6,59 MMT. Die MMT stiegen auf 10,32 ± 6,85 in Wochen 5-8 (p = 0,001 vs. LB) und auf 12,47 ± 6,64 in Wochen 13-16 (p < 0,001 vs. LB). MKT und AMT zeigten einen ähnlichen Verlauf mit einer allmählichen Verschlechterung beginnend in Wochen 5-8.
Subgruppenanalysen zeigten eine schnellere Verschlechterung bei Patient*innen mit Erenumab als bei Patient*innen mit einem CGRP-mAk: In der Erenumab-Gruppe stiegen die MMT in Wochen 5-8 von 8,66 ± 5,87 auf 11,55 ± 6,19 (p=0,001 vs. LB), während es in der CGRP-mAk-Gruppe keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen LB und Wochen 5-8 gab (7,83 ± 7,29 vs. 9,13 ± 7,35, p > 0,999). In Wochen 13-16 zeigten beide Gruppen einen signifikanten Anstieg der MMT im Vergleich zur LB mit 13,31 ± 6,05 MMT in der Erenumab-Gruppe (p < 0,001 vs. LB) und 11,67 ± 7,18 MMT in der CGRP-mAk-Gruppe (p = 0,003 vs. LB).
Im Vergleich zur Baseline vor Therapiebeginn, verringerten sich die MMT im LB-Zeitraum um -5,03 ± 6,04 (p < 0,001). Die Migränefrequenz blieb in Wochen 5-8 signifikant niedriger als in der Baseline (-2,95 ± 6,44 MMD, p = 0,033), kehrte aber in Wochen 13-16 auf das Baselineniveau zurück (-0,80 ± 5,37 MMD, p > 0,999).
Schlussfolgerung
Das Absetzen einer Migräneprophylaxe mit CGRP(-Rezeptor)-mAk führte zu einer signifikanten Zunahme der Migränefrequenz innerhalb von drei Monaten. Basierend auf unseren Daten sollte ein Absetzversuch sorgfältig mit den Patient*innen auf individueller Basis erwogen werden und nicht obligatorisch nach einer vordefinierten Behandlungsdauer erfolgen.