Viszerale und urogenitale Schmerzen, vor allem chronische Unterleibsschmerzen, sind, trotz hoher Prävalenz und klinischer Relevanz, im Vergleich zu somatischen Schmerzen weit weniger gut erforscht und oft eine klinische Herausforderung. Zwischen Symptombeginn und Diagnose liegen oft Jahre, das Schmerzmanagement ist komplex und obwohl, oder vielleicht auch gerade weil sie in der Schnittmenge vieler Fachrichtungen liegen, bilden sie eher wissenschaftliche Randthemen.
In diesem Symposium in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Viszeraler Schmerz der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. sollen klinische Relevanz und Besonderheiten chronischer viszeraler und urogenitaler Schmerzen, die Bedeutung psychosozialer Faktoren für Pathophysiologie und Therapie sowie deren Erfassung in klinischen Studien vorgestellt und diskutiert werden.
Endometriose ist in diesem Kontext ein besonders interessantes und wichtiges Beispiel für das Zusammenspiel somatischer und viszeraler Schmerzen. Auch illustriert dieses Krankheitsbild sehr nachdrücklich, wie es über die eigentliche, bereits sehr diverse Schmerzsymptomatik hinaus zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und Funktionalität und psychischen Belastung kommt.
Trotzdem erfasst der Großteil an klinischen Studien hauptsächlich die (Spontan )Schmerzintensität. Für ein ganzheitlicheres Bild, von Symptomerfassung, über Risikostratifizierung bis hin zum Behandlungserfolg, ist die Anwendung standardisierter und validierter Fragebögen hilfreich, die auch andere Faktoren im Sinne des biopsychozialen Schmerzmodells, wie Lebensqualität, psychologische, kognitive und funktionelle Faktoren durch sogenannte Patient reported outcome measures (PROMs) erfassen.
Psychosoziale Faktoren spielen bei verschiedenen durch viszerale und/oder urogenitale Schmerzen charakterisierte Krankheitsbilder eine wichtige Rolle. An der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung widmen sich Studien mit diversen wissenschaftlichen Ansätzen der Analyse zugrunder liegenden Mechanismen. Anhand viszeraler Schmerzen und dem Krankheitsbild des Reizdarmsyndroms soll hier ein Überblick über interdisziplinäre Ansätze zu den Effekten von akutem und chronischem Stress, Emotionsregulation und kognitiven Faktoren auf die Funktionen der Gehirn-Darm-Achse gegeben werden.
Durch die Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven kann dieses Symposium einen Einblick in aktuelle Erkenntnisse aus Klinik und Forschung rund um das Thema chronischer Unterbauchschmerz geben. Es soll aufzeigen und kritisch diskutieren, wo dringender Handlungsbedarf besteht und was trotz deutlicher Relevanz oft übersehen wird. Mögliche Lösungsansätze und interdisziplinäre methodische Konzepte für Forschung und multimodale Therapie werden vorgestellt. Ziel ist es, im interdisziplinären Diskurs das Potential, das in dieser „Schnittmenge“ steckt, auszuschöpfen und die Relevanz erneut zu unterstreichen.