Lange Zeit galten seltene Schmerzerkrankungen in der klinischen Medizin als schwieriges Krankheitsbild, da ihre Diagnose oft nur erschwert möglich und Therapieoptionen limitiert waren. In den letzten Jahren sind diese Schmerzerkrankungen jedoch mehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. So wurden verschiedene Pathomechanismen entdeckt, was neue Perspektiven in der Entwicklung medikamentöser Therapieansätze bot. Durch diese neue Therapieoptionen hat die frühzeitige Diagnostik und Verlaufsbeurteilung seltener Schmerzerkrankungen zunehmend an Bedeutung gewonnen.
An erster Stelle der Diagnosefindung steht die Erfassung der klinischen Symptomatik eines Patienten. Bestimmte seltene Erkrankungen wie der Morbus Fabry oder die hereditäre Transthyretin (ATTRv) Amyloidose zeichnen sich durch einen phänotypischen Fingerabdruck aus. Durch die Quantitative Sensorische Testung und den Einsatz validierter Fragebögen kann für jeden Patienten bzw. jede Erkrankung ein individuelles Sensibilitätsprofil erstellt werden. Die Subgruppierung anhand des spezifischen sensorischen Profils kann zur Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen genutzt werden. Aufbauend auf der Phänotypisierung sollten dann weiterführende Methoden eingesetzt werden, um die Differentialdiagnosen seltener Schmerzerkrankungen einzugrenzen.
Der hochauflösende Nervenultraschall ist eine etablierte Methode in der Diagnostik und Verlaufsbeurteilung peripherer Nervenerkrankungen. Mithilfe des Ultraschalls können Auffälligkeiten der Nervenstruktur, -querschnittsfläche, -echogenität und -umgebung dynamisch und im Nervenverlauf beurteilt werden. Hierdurch können z.B. hereditäre von autoimmun-inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathien unterschieden werden. Der Nervenultraschall ist zudem nicht-invasiv und einfach wiederholbar. Erkrankungsabhängig bildet er zudem das Therapieansprechen ab.
Zur ursächlichen Einordnung erblicher Schmerzsyndrome und ggf. molekularen Therapieplanung ist die molekulare Diagnostik entscheidend. Moderne, next-generation-sequencing-basierte Diagnostikansätze verfolgen das Ziel, (neue) molekulargenetische Ursachen und Pathomechanismen zu identifizieren. Anspruchsvoll ist hierbei nicht mehr so sehr die Akquisition, sondern vielmehr die Interpretation großer Datenmengen. Beispiele für genetische Ursachen erblicher Neuropathien sind Mutationen in den Genen SCN9A, SCN10A und SCN11A, die für spannungsabhängige Natriumkanäle kodieren. Welche Varianten krankheitsverursachend sind, kann neben Segregationsanalysen durch funktionelle Evidenz wie den Nachweis einer gestörten Kanalfunktion belegt werden. Erkrankungen wie die ATTRv Amyloidose oder der Morbus Fabry zeigen, wie die Aufklärung eines Pathomechanismus zur Entwicklung molekularer Therapien führen kann.
Dieses Symposium soll den Zuhörern verschiedene diagnostische Ansätze vermitteln, die genutzt werden können, um seltenen Schmerzerkrankungen zukünftig auf die Spur zu kommen.