In diesem Symposium soll dargestellt werden, welche edukative Funktion humane Modelle neuropathischer und muskuloskelettaler Schmerzen erfüllen können. Dabei soll ein Fokus auf dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn liegen, jedoch ebenso darauf, wie diese und ähnliche Schmerzmodelle uns im Alltag begegnen können, wie z.B. nach dem Genuss einer scharfen chillihaltigten Speise, bei einem Sonnenbrand oder nach exzessiver sportlicher Betätigung. Das bewusste Erleben und die Kenntnis zugrundeliegender Mechanismen, solcher im Gesunden reversiblen neurogenen bzw. muskuloskelettalen Schmerzustände, soll helfen, die Empfindungen, die für Patienten mit chronischen Schmerzen alltäglich sind, besser zu verstehen und nachempfinden zu können.
Im ersten Teil wird Herr Vollert Modelle peripherer Sensitivierung darstellen. Die zwei am weitesten verbreiteten Modelle – topische Applikation von Capsaicin und UV-B Strahlung – finden Entsprechung in den mehr oder minder alltäglichen Phänomenen des scharfen Essens und des Sonnenbrandes. Diese Modelle sind einfach und unkompliziert zu induzieren, und rufen starke Hyperalgesien hervor, durch die Probanden einfach erleben können wie z.B. Wärmeallodynie bereits durch warme Luft hervorgerufen werden kann. Da ein Großteil der gesunden Bevölkerung die alltäglichen Entsprechungen dieser Modelle bereits erlebt hat, können sie ein edukatives Beispiel zum Nachempfinden einzelner Symptome neuropathischer Schmerzen sein.
Im zweiten Vortrag wird Herr Schilder sich mit Modellen muskuloskelettaler Schmerzzustände beschäftigen. Hier wird insbesondere auf elektrische und chemische Reizung von Tiefengeweben eingegangen. Es werden Modelle zur Untersuchung der Physiologie subakuter bzw. chronischer Schmerzen, insbesondere Rückenschmerzen, aus tiefen Geweben erläutert. Speziell wird hier auf den Beitrag des Muskels und der Faszie eingegangen. Erkenntnisse daraus haben unmittelbar therapeutische Konsequenzen zur Behandlung muskuloskelettaler Schmerzen, insbesondere für die physiotherapeutische Praxis, da die Behandlung individuell auf das entsprechend betroffene Gewebe ausgerichtet werden kann.
Im letzten Beitrag wird Frau Forstenpointner über ein reversibles Deafferenzierungsmodell im Sinne einer Nerveneinklemmung sprechen, dass oftmals unbewusst durch eine ungünstige Schlafposition ausgelöst werden kann und so eine unangenehme nächtliche Schmerzempfindung in Kombination mit reduzierter taktiler Sensitivität und Kraftverlust hervorruft. Experimentell kann dieses Schmerzmodell durch eine präferentielle A-Faser Blockade oder durch Hypoxie mittels Anlage einer Blutdruckmanschette induzierte werden.
Zielgruppe dieses Symposiums sind einerseits Schmerzforscher, die ein Update zur aktuellen Forschung zu humanen Surrogatmodellen suchen – ebenso aber durch den Fokus auf Empathie, angehende Schmerzmediziner sowie Freunde oder Angehörige von Schmerzpatienten die Wege suchen, Schmerz greifbarer für nicht Betroffene zu machen.