Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit wird am Robert Koch-Institut (RKI) seit 2019 eine Mental Health Surveillance (MHS) aufgebaut. Ziel ist die Entwicklung einer systematischen und kontinuierlichen Berichterstattung zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Im Symposium werden Hintergrund, Methodik und Ergebnisse des Projektes sowie Beispiele von Ad-hoc-Surveillance während der COVID-19-Pandemie vorgestellt. Im ersten Vortrag wird der Surveillance-Ansatz konzeptuell sowie anhand internationaler Vorbilder erläutert. Davon ausgehend werden Forschungsstand und Ziele des nationalen Vorhabens beschrieben. Der zweite Vortrag beschreibt den Aufbau einer Mental Health Surveillance für Deutschland. Für diese wurden Kernindikatoren von Public Mental Health mittels Literaturrecherche identifiziert und durch ein Expert:innengremium im Delphi-Verfahren priorisiert. Das resultierende Set umfasst 60 Indikatoren aus den Bereichen Determinanten psychischer Gesundheit, Gesundheitszustand, Versorgung, Krankheitslast und Teilhabe. Limitationen und Entwicklungsperspektiven des Ansatzes werden diskutiert. Der dritte Vortrag stellt die Surveillance von MHS-Kernindikatoren am RKI während der COVID-19-Pandemie vor. Um Veränderungen der psychischen Gesundheit der Bevölkerung auch in Zeiten dynamischer Veränderungen detektieren zu können, liefern RKI-Surveys monatlich aktuelle Daten. Methodik und Ergebnisse zu zeitlichen Trends von MHS-Indikatoren während der COVID-19-Pandemie werden präsentiert und diskutiert. Der vierte Vortrag thematisiert die Nutzung von Routinedaten aus Notaufnahmen, da diese Potential zur engmaschigen Überwachung der Häufigkeit von psychiatrischen Notfällen in Krankenhäusern bieten. Erste Ergebnisse zu Syndromdefinitionen für u.a. Intoxikationen und Suizidalität werden vorgestellt und hinsichtlich der Eignung der Datenquelle im Rahmen der MHS umfassend bewertet.
abgesagt: Mental Health Surveillance – Hintergrund und internationale Vorbilder
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Autor:innen:
Christina Kersjes, Berlin (Germany)
Diana Peitz, Berlin (Germany)
Heike Hölling, (Germany)
Elvira Mauz, Berlin (Germany)
Die psychische Gesundheit der Bevölkerung steht seit wenigen Jahren weit oben auf der Agenda von Public Heath-Wissenschaft und -Praxis, wie programmatische Entscheidungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Vereinten Nationen illustrieren. Um gesundheitliche Entwicklungen datengestützt bewerten zu können, sind die WHO-Mitgliedsstaaten zum Aufbau nationaler Surveillancesysteme für Mental Health Indikatoren aufgefordert. Surveillance bezeichnet hierbei die fortlaufende und systematische Erhebung bzw. Analyse aktueller Daten und zeitnahe Ergebnisinterpretation sowie Berichterstattung an relevante Zielgruppen. Damit dient sie der Planung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Bevölkerungsgesundheit.
Erste Länder haben mit dem Aufbau von Surveillance-Systemen im Bereich Mental Health begonnen. Im Vortrag werden Beispiele von Mental Health Surveillance u.a. aus Kanada, Schweiz, USA und Australien vorgestellt. Unterschiede in ihrer Entwicklung, inhaltlichen Schwerpunktsetzung, Methodik und dem Implementierungsgrad werden diskutiert. Dabei wird auf spezifische Herausforderungen bei der Surveillance von psychischer Gesundheit im Vergleich zu körperlicher Gesundheit eingegangen. Es werden sowohl internationale Berichtssysteme von WHO und OECD als auch methodische Innovationen des Reportings im Zuge der COVID-19-Pandemie angesprochen.
Ausgehend von einer Einschätzung der Datenlage und Berichterstattung zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland werden abschließend allgemeine Ziele des Aufbaus einer Mental Health Surveillance am Robert Koch-Institut abgeleitet.
abgesagt: Aufbau einer Mental Health Surveillance für Deutschland
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Autor:innen:
Christina Kersjes, Berlin (Germany)
Julia Thom, Berlin (Germany)
Elvira Mauz, Berlin
Sophie Eicher, Berlin (Germany)
Heike Hölling, (Germany)
Hintergrund: Trotz der hohen und vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie weiter zunehmenden Public Health Relevanz psychischer Gesundheit existiert bislang keine systematische und kontinuierliche Berichterstattung für Deutschland. Seit 2019 wird am Robert Koch-Institut ein Konzept für eine indikatorenbasierte Mental Health Surveillance (MHS) pilotiert. Anhand ausgewählter, über die Zeit vergleichbarer Kernindikatoren sollen in der MHS langfristig Primär- und Sekundärdaten systematisch gebündelt, integriert, analysiert und berichtet werden, um eine verlässliche Datenbasis für evidenzbasierte Politikberatung und Begleitforschung von Public Health Maßnahmen zu etablieren
Methode: Es wurde ein Fokusgruppe zur Entwicklung eines Rahmenmodells durchgeführt und ein breiter Pool an Indikatoren mit Hilfe eines Scoping Reviews identifiziert. Rahmenmodell und Kernindikatorenset wurden mit Stakeholdern aus dem Bereich Public Mental Health in einem iterativen Delphi Verfahren konsentiert.
Ergebnisse: Das konsentierte Rahmenmodell umfasst die folgenden Handlungsfelder: (1) Gesundheitsförderung und Prävention im Bereich psychischer Gesundheit, (2) psychischer Gesundheitszustand, (3) dessen Determinanten sowie die (4) Krankheitslast durch psychische Störungen und deren (5) Versorgung. Im Zuge des Konsentierungsprozesses konnten die 184 im Scoping Review identifizierten Indikatoren den oben genannten Handlungsfeldern zugeordnet und auf 60 Kernindikatoren reduziert werden.
Diskussion: Die in der Pilotphase konsentierten Kernindikatoren sowie das Rahmenmodell dienen als Grundlage für den weiteren Aufbau einer MHS für Deutschland. Aktuell wird für erste Indikatoren eine Ad-hoc-Surveillance (monatliche Datenerhebungen und Reporting) aufgebaut sowie die Nutzung erster Routinedatenquellen geprüft. Perspektivisch soll die MHS um Indikatoren für Kinder und Jugendliche erweitert und in eine Surveillance für nicht-übertagbaren Krankheiten integriert werden.
abgesagt: Surveillance von MHS-Kernindikatoren während der COVID-19-Pandemie
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Autor:innen:
Stephan Junker, Berlin (Germany)
Stefan Damerow, Berlin
Christina Kersjes, Berlin (Germany)
Julia Thom, Berlin (Germany)
Hintergrund: Eine engmaschige Beobachtung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung stellt sich durch die COVID-19-Pandemie als besonders dringliche Aufgabe des Gesundheitsmonitorings dar. Zwar konnten viele einzelne Studien Veränderungen der psychischen Gesundheit während der Krise untersuchen, doch ihre Ergebnisse zeigen sich abhängig vom Forschungsdesign. Als aussagekräftig zu bewerten sind Trendstudien mit repräsentativ angelegter Stichprobe, kontinuierlicher Datenerhebung, standardisierter Messung von Indikatoren und vergleichbarem Ergebnisreporting in enger zeitlicher Sequenz. Ein derartiges Ad-hoc-Surveillancesystem wird aktuell am Robert Koch-Institut für ausgewählte Indikatoren aufgebaut. Es werden dessen Methodik sowie erste Ergebnisse zu Trends vorgestellt.
Methoden: Fünf Indikatoren der Mental Health Surveillance wurden und werden in laufenden Studien monatlich erfasst: Depressive Symptomatik (PHQ-2) seit April 2019 in der GEDA-Studie (GEDA-EHIS 2019/2020, 2020, 2021) und seit März 2021 in der Studie COVIMO, die zudem subjektive psychische Gesundheit und Angstsymptomatik (GAD-2) erhebt. Ergänzend erfasst GEDA 2021 seit Juli 2021 Einsamkeit (UCLA) und soziale Unterstützung (OSLO-3). Veränderungen über die Zeit werden gewichtet monatsweise geschätzt und nach soziodemographischen Merkmalen stratifiziert.
Ergebnisse: Daten aus verschiedenen Studien konnten nach Prüfung auf Unterschiede in der Stichprobenzusammensetzung gepoolt werden. Gewichtungsfaktoren ermöglichen eine Adjustierung der monatlichen Stichproben an offizielle Bevölkerungsverteilungen. Automatisierte Analyseskripts und ein Ergebnistransfer in Disseminationsformate werden entwickelt.
Diskussion: Die Implementierung des Formates kontinuierlicher Erhebung und monatlicher Berichterstattung von Kennzahlen psychischer Gesundheit wird eine Mental Health Surveillance ermöglichen, die in und außerhalb von Krisenzeiten verlässliche Aussagen zur gesundheitlichen Lage und deren Entwicklung erlaubt.
abgesagt: Nutzung von Routinedaten aus Notaufnahmen zur Surveillance psychiatrischer Notfälle
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Autor:innen:
Julia Thom, Berlin (Germany)
T. Sonia Boender, (Germany)
Birte Wagner, (Germany)
Theresa Kocher, (Germany)
Alexander Ullrich, (Germany)
Linus Grabenhenrich, (Germany)
Felix Greiner, Magdeburg (Germany)
Rebecca Zöllner, Frankfurt (Germany)
Madlen Schranz, (Germany)
Hintergrund: Routinedaten aus Notaufnahmen haben Potenzial zur Nutzung im Rahmen einer Mental Health Surveillance (MHS), da Häufigkeiten und Verteilungen spezifischer Anwendungsfälle in Echtzeit abgebildet werden können. Die Entwicklung von Syndromdefinitionen zur kontinuierlichen Erfassung des MHS-Indikators Suizidversuche, von alkoholassoziierten Vorstellungen sowie der übergeordneten Gruppe der psychiatrischen Notfälle wurde exploriert.
Methoden: Es wurden Routinedaten aus zwölf Notaufnahmen (ESEG-Projekt und AKTIN-Notaufnahmeregister [Projekt-ID 2021-003]) des gesamten Bundesgebiets für den Beobachtungszeitraum 2018 - 2021 genutzt. Syndromdefinitionen wurden durch Zusammenführung und Kombination von Vorstellungsgründen und Diagnosen definiert. Für identifizierte Fälle wurden Häufigkeiten, Verteilungen nach Alter und Geschlecht sowie Krankheitsschwere erfasst und die Entwicklung in Zeitreihen dargestellt.
Ergebnisse: Von insgesamt 1.516.883 Notaufnahmevorstellungen wurden 5.133 (0,3 %) als Suizidversuche und 31.085 (2,1 %) als psychiatrische Notfälle identifiziert. Es wurden 16,5 % aller psychiatrischen Notfälle als Suizidversuche klassifiziert, von denen 47 % Frauen waren und 20 % der Fälle auf die Altersgruppe 25-34 Jahre entfielen. Alle Syndromdefinitionen erfassen über den gesamten Beobachtungszeitraum kontinuierlich Fälle und ermöglichen die Darstellung zeitlicher Variationen.
Diskussion: Die prinzipielle Durchführbarkeit einer syndromischen Surveillance von Suizidversuchen, psychiatrischen Notfällen und Alkoholintoxikationen wurde aufgezeigt und bietet damit einen Ausgangspunkt für weitere Analysen mit Routinedaten aus Notaufnahmen und den Ausbau der Nutzung für die MHS. Durch die Abbildung zeitlicher Veränderungen in Echtzeit kann eine systematische Surveillance von psychiatrischen Notfällen zu einer evidenzbasierten Suizid- und Alkoholprävention beitragen.