Die Psychopathologie ist trotz aller Fortschritte in der Erforschung psychischer Erkrankungen bis heute für die Diagnostik psychischer Störungen unverzichtbar. Das im deutschen Sprachraum etablierte AMDP-System stellt einen wichtigen Standard für die Diagnostik und die Verlaufsbeurteilung psychischer Störungen dar und auch die DGPPN verweist in ihrer App Bezug auf das AMDP-System. Das Symposium widmet sich der Bedeutung der Psychopathologie in der Forschung, Lehre und klinischen Anwendung und möchte vor allem auch jüngere Kollegen/innen motivieren, sich mit der Psychopathologie als psychiatrischer Kernkompetenz und dem AMDP-System vertieft auseinanderzusetzen.
Der erste Vortrag zielt darauf ab, die bis heute in der klinischen Psychiatrie vorhandene Bedeutung der Psychopathologie herauszustellen. R. Bottlender (Lüdenscheid) wird sich in dem Vortrag mit der Notwendigkeit einer ebenso exakten wie differenzierten psychopathologischen Charakterisierung psychisch Kranker in der klinischen Versorgung und der psychiatrischen Forschung befassen. M. Jäger (Kempten) wird sich anschließend mit der Frage auseinandersetzen, ob die Kritik gerechtfertigt ist, dass Psychopathologie den Patienten schematisiert und nicht ausreichend auf den individuellen Menschen eingehe. Im dritten Vortrag wird B. Kis (Hattingen) auf die Implementierung des AMDP-Systems in den klinischen Alltag eingehen. Das AMDP-System ist oft Bestandteil der klinischen Basisdokumentationen, aber auch in der internen klinischen Weiterbildung und für diagnostische und therapeutische Entscheidungen findet es im klinischen Alltag breite Anwendung. Im letzten Vortrag von N. Dreimüller (Mainz) soll auch ein Blick auf den wichtigen Bereich der studentischen Lehre geworfen werden. Die Referentin wird zeigen, wie sich psychopathologisches Wissen vermitteln und sich das AMDP-System in der Lehre und Weiterbildung sinnvoll einsetzen lässt.
Psychopathologie zwischen Schubladendenken und individueller Sichtweise
Markus Jäger, Kempten (Germany)
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Autor:in:
Markus Jäger, Kempten (Germany)
Psychopathologie ist eine Grundlagenwissenschaft des Faches Psychiatrie und Psychotherapie, die maßgeblich auf den Arzt und Philosophen Karl Jaspers (1883-1969) zurückgeht. Im ersten Schritt werden hier die einzelnen Symptome bzw. Phänomene erfasst und beschrieben Im zweiten Schritt wird dann versucht, zu einer sinnvollen Ordnung der einzelnen Symptome zu kommen. Hierbei sucht der Psychopathologe nach allgemeinen Begriffen, Gesetzen und Regeln, um aus diesen dann die individuelle Behandlung des einzelnen Menschen ableiten zu können. An einem solchen Psychopathologieverständnis wird immer wieder Kritik geübt, und eine Abkehr von dem damit verbundenen „Schubladendenken“ gefordert. Psychopathologie wird darüber hinaus auch als Instrument der Stigmatisierung kritisiert. Will man jedoch Psychiatrie und Psychotherapie als Wissenschaft betreiben, so kann man nicht darauf verzichten, mit Hilfe der Psychopathologie nach allgemeinen Regel und Gesetzmäßigkeiten von pathologische Erlebnis- und Verhaltensweisen zu suchen. Auf diese Weise kann dann Wissen systematisch gesammelt und weitergegeben werden. Sowohl das Herausarbeiten von individuellen Defiziten als auch von individuellen Ressourcen mit Hilfe der Psychopathologie kann eine wichtige Grundlage für die individuelle Therapieentscheidung sein. Psychopathologie sollte auf voreilige Spekulationen und Konstruktionen von Kausalzusammenhänge ebenso wie auf vorschnelle Wertungen verzichten. Psychopathologie ist immer als Teil eines umfangreichen Erkenntnisprozesses zu verstehen.
Implementierung des AMDP-Systems in die studentische Lehre
Nadine Dreimüller, Mainz (Germany)
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Autor:in:
Nadine Dreimüller, Mainz (Germany)
Es wird ein Blick auf den wichtigen Bereich der studentischen Lehre geworfen werden. Die Referentin wird zeigen, wie sich psychopathologisches Wissen vermitteln und sich das AMDP-System in der Lehre und Weiterbildung sinnvoll einsetzen lässt.
Das AMDP als systematische Grundlage zur Erhebung des psychopathologischen Befundes ist essenzieller Teil sowohl unserer universitären studentischen Lehre als auch der fachärztlichen Weiterbildung. Der Goldstandard zur Vermittlung des psychopathologischen Befundes sind die AMDP Seminare, die zu einer hohen Reliabilität in den Befunden führen und aufgrund derer viele Ärztekammern die AMDP Seminare in ihren Weiterbildungsordnungen aufführen. Jedoch sind die klassischen AMDP Seminare in der studentischen Lehre aus verschiedenen Aspekten schwierig durchführbar. Zum einen geben viele Studienordnungen den benötigten Zeitumfang für Präsenzlehre nicht her. Auch unter dem Aspekt, dass im Rahmen der Pandemiesituation kaum Präsenzunterricht durchgeführt werden konnte, mussten neue Konzepte entwickelt werden den Studierenden die psychopathologische Befunderhebung zu vermitteln. Zusätzlich empfiehlt es sich aufgrund der zunehmenden und berechtigten Anforderungen an den Datenschutz auf Darstellungen von Psychopathologie durch geschulte Schauspielerinnen und Schauspieler zurückzugreifen.
Der Vortrag soll Einblicke geben wie mit medienbasierter und digitaler Lehrformate zunehmend Lehrinhalte ersetzt werden konnten und mittels Videodarstellungen unter Einsatz von Schauspielerinnen und Schauspielern zeitgemäße neue Möglichkeiten entstanden.
Es wird ein Beispiel vorgestellt wie mittels hybriden Lehrmodellen, Videos, E-learning, Fällen mit Simulationspatienten und zu einem kleinen Teil Übungen an echten Patienten die Studierenden die Befunderhebung erfolgreich erlernen und diese von der Fakultät geprüft werden kann.