Die WHO hat am 11.03.2020 die COVID 19 Erkrankung zur Pandemie erklärt, wodurch sich weltweit enorme Veränderungen im Gesundheitswesen vollzogen haben. Dies betrifft alle Disziplinen, alle Settings, alle Akteure – vor allem Betroffene, die Patienten, die Nutzer.Für das Versorgungssystem schwer psychisch erkrankter Menschen in Deutschland ist dabei der Blick auf Teilhabe- und Rehabilitationsleistungen nicht prioritär gerichtet worden – zunächst bestand Notwendigkeit, die Akut-, Krisen- und Notfallversorgung psychisch Erkrankter zu sichern. Schnell wurde deutlich, dass die mittel- und langfristige Versorgung psychisch Erkrankter und damit die Schnittstelle zu Rehabilitation und Teilhabe wesentlich sein würde, um den kontinuierlichen Behandlungsanspruch der Betroffenen aufzunehmen.
Das Symposium versucht, unterschiedliche Ausschnitte der Bemühungen verschiedener Akteure und Settings mit interessanten Beiträgen zusammenzuführen: G. Wirtz beschreibt, wie die digitale Umstellung für die Versorgung von Rehabilitanden in den RPK’s gelingen konnte und welche Zufriedenheit bei Nutzern erreicht wurde. Mit einem besonderen Fokus auf die berufliche Teilhabe werden von H. Kilian notwendige Zeit- und Prozessoptimierungen während der Corona-Pandemie in den BTZen beschrieben. Es mussten sowohl Professionelle als auch Nutzer neue Wege ausprobieren und Ressourcen aktivieren. I. Steinhart stellt in seinem Beitrag Assistenzleistungen im SGB IX und damit die soziale Teilhabe für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Die Pandemie hat für viele Menschen einen existenzbedrohlichen Charakter erreicht – das betrifft besonders psychisch Erkrankte. Abschließend wird ein Blick auf die bundesgesetzliche Einordnung von Teilhabe-Leistungen in Zeiten der Corona-Pandemie gerichtet – welche Konsequenzen wurden aus anfänglicher Vernachlässigung dieser Perspektive im Verlaufe der Corona-Monate von Bundes- und Landesregierungen gezogen?
zugeschaltet: Online-Betreuung zur Bewältigung der COVID-19-Pandemiefolgen – Implementierung, Nutzungshäufigkeit und Teilnehmerzufriedenheit in RPK-Einrichtungen
Gustav Wirtz, Karlsbad (Germany)
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Autor:in:
Gustav Wirtz, Karlsbad (Germany)
Hintergrund:
Seit spätestens März 2020 verändert die Coronapandemie die Situation medizinisch-beruflicher Rehabilitation in den RPK-Einrichtungen.
Dabei spielen die Erkrankung selbst, die damit im Zusammenhang stehenden psychischen Veränderungen, vor allem aber die Folgen der Eindämmungsmaßnahmen der Pandemie eine wichtige Rolle. Neben Hygienevorschriften, Landesverordnungen, Lockdown-Maßnahmen und anderem ist auch den Haltungen und Überzeugungen der Mitarbeiter Rechnung zu tragen.
Fragestellung und Methode:
Den 60 Mitgliedseinrichtungen der Bundesarbeitsgemeinschaft RPK (BAG-RPK) wurde per E-Mail ein halbstrukturierter Fragebogen zur Verfügung gestellt. Primäres Ziel war einrichtungsunabhängig das Ausmaß des Einsatzes online-basierter Medien zu explorieren und die diesbezügliche Diskussion in den Einrichtungen abzubilden. Eine Rücksendung des Fragebogens war wiederum per E-Mail, per Fax oder postalisch möglich.
Ergebnisse:
Von 60 angeschriebenen Einrichtungen antworteten 32. Dabei zeigte sich ein heterogenes Bild, wobei in der Folge der Pandemie zwar die Mehrheit der Einrichtungen Rehabilitation in Präsenz fortführen konnte, aber Gruppengrößen, Personaleinsatz und Kontakte in- und außerhalb der Einrichtungen sich verändert haben. Der Einsatz online-basierter Methoden variierte zwischen den Einrichtungen teilweise stark, so dass teilweise strukturierte Online-Behandlungs- und Lernplattformen eingeführt wurden, teilweise lediglich auf Videotelefonie als Medium zurückgegriffen wurde.
Fazit:
Zusammenfassend zeigt sich für die Rehabilitation in den RPK-Einrichtungen, dass eine Fortführung der Maßnahme in Präsenz von fast allen Einrichtungen als unumgänglich beschrieben wurde, diesbezüglich aber Veränderungen der Rehabilitationskonzepte umgesetzt werden mussten, gleichzeitig die Mehrheit der Einrichtungen aber deutlich machte, dass eine Ergänzung der Rehabilitation in Präsenz durch online-basierte Medien fast unumgänglich war.
zugeschaltet: Assistenzleistungen im SGB IX in Corona-Zeiten
Ingmar Steinhart, Rostock (Germany)
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Autor:in:
Ingmar Steinhart, Rostock (Germany)
Seit dem 11. März 2020 ist der Alltag in der psychiatrischen Versorgung durch die COVID-19-Pandemie deutlich eingeschränkt. Neben der tatsächlichen Gesundheitsgefahr durch das Virus sind die Menschen zusätzlich existentiellen und psychosozialen Belastungen aufgrund des wirtschaftlichen Stillstandes und der allgemeinen Maßnahmen zur Verringerung des Infektionsgeschehens ausgesetzt. Angebote für psychisch erkrankte Menschen sind hiervon in besonderer Weise betroffen.
Im Rahmen einer Befragung(01. Juni bis 15.Juli 2021) von Leitungen bzw. stellvertretenden Leitungen aller Psychiatrie-Angebote in Mecklenburg-Vorpommern wurden wesentliche mit der COVID-19-Pandemie seit dem 11. März 2020 im mittelbaren Zusammenhang stehenden positiven und negativen Veränderungen der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung erfasst. Diese Veränderungen beziehen sich auf den Einfluss u.a. von Hygiene-Vorschriften, Verordnungen, Lockdown-Maßnahmen und zeigen sich u.a.auf personeller, struktureller, inhaltlicher sowie auf psychisch-sozialer Ebene.
Leitungen von über 120 Angebote der psychiatrischen Versorgung beteiligten sich an der Befragung. Der Vortrag fokussiert auf die Assistenzangebote der Eingliederungshilfe. Die Daten bieten eine allgemeine Statusbeschreibung zur aktuellen Situation der Teilhabeleistungen unter Coronabedingungen sowie zu den inhaltlichen, personellen und strukturellen Veränderungen aufseiten der psychiatrischen und psychosozialen Angebote während der vergangenen Lockdowns.
zugeschaltet: Welche bundes- und landesrechtlichen Regelungen haben in Corona-Zeiten Rehabilitation und Teilhabe für schwer psychisch Erkrankte wie berücksichtigt?
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
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Autor:innen:
Katarina Stengler, Leipzig (Germany)
Jonathan Faßhauer , Leipzig (Germany)
Georg Schomerus, Leipzig (Germany)
Ziel der Studie: In der Vorliegenden Studie wurden Verordnungen während des ersten Covid-19-„Lockdowns“ in Deutschland (ab 03/2020) analysiert bezüglich ihrer Auswirkungen auf psychisch erkrankte Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Bereiche Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben.
Methodik: In die Auswertung wurden im Zeitraum zwischen 03-06/ 2020 alle gültigen Verordnungen auf Bundes- und Länderebenen mit Gesundheitsaspekten einbezogen.
Ergebnisse: Es konnten knapp 400 Verordnungen identifiziert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf psychiatrische Versorgungsstrukturen überprüft werden. Das Ausmaß und die zeitliche Dauer der unterschiedlichen, auch auf verschiedene Einrichtungstypen der psychosozialen Communty unterschiedlich ausgestalteten Beschränkungen war ausgesprochen heterogen - zusätzlich sehr verschieden in den verschiedenen Bundesländern. Im Vortrag soll auf einige spezifische Auswirkungen der Corona-Pandemie mit ihren vielzähligen Verordnungen und Regelungen mit entsprechenden Beschränkungen im Versorgungskontext schwer psychisch erkrankter Menschen eingegangen werden.
Schlussfolgerung: Der erste „Lockdown“ führte zu deutlichen Einschränkungen für psychisch erkrankte Menschen und zeigte sich sehr deutlich in den Bundes- und Landesschutzverordnungen der Pandemie. Eine adäquate Balance zwischen Schutz psychisch erkrankter Menschen vor Covid-19 Infektion und Erhaltung psychiatrischer Versorgungsstrukturen ist eine Herausforderung für die Bewältigung zukünftiger potentieller Krisensituationen.