Der Österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in seinem Urteil vom 11.12.2020 die Anfechtung des § 77 des Strafgesetzbuches (StGB) als unzulässig abgewiesen. § 77 lautet „Wer einen anderen auf dessen ernstliches und eindringliches Verlangen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“ Der Text des § 78 StGB („Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen.“) wurde jedoch als teilweise verfassungswidrig bestätigt. Konkret wurde der Passus „oder ihm dazu Hilfe leistet“ als verfassungswidrig beurteilt. Das Verbot des Tatbestands der Verleitung zum Suizid bleibt jedoch aufrecht. Der VfGH erläutert dazu, dass das „verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung…sowohl das Recht auf die Gestaltung des Lebens als auch das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben“ umfasse. Dies umfasse auch das Recht des Suizidwilligen, die Hilfe eines dazu bereiten Dritten in Anspruch zu nehmen.
In der öffentlichen Diskussion wird dieses Urteil in erster Linie in Hinblick auf die Frage der persönlichen Autonomie reflektiert. Dabei bleiben psychiatrische Aspekte häufig unberücksichtigt. Dazu gehört unter anderem die Tatsache, dass Todeswünsche häufig Ausdruck behandelbarer seelischer Erkrankungen wie Depressionen sind, die bei Menschen mit schweren somatischen Erkrankungen gehäuft auftreten und dann oft als nachvollziehbare Reaktion auf die somatische Erkrankung verkannt werden. Die ÖGPP wird die beschriebene Problematik aus juristischer, medizinethischer und psychiatrischer Perspektive darstellen und diskutieren