Der Austausch sozial-emotionaler Informationen ist von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche soziale Interaktion. In der natürlichen Kommunikation werden soziale Signale nicht nur auf verbaler Ebene (durch Sprachinhalte) sondern auch nonverbal (durch Mimik, Sprachmelodie, Gestik, Körperhaltung und nonverbale Vokalisation wie z.B. Lachen) ausgedrückt. Die Integration dieser unterschiedlichen Kommunikationssignale ist die Voraussetzung für eine sichere Einschätzung des emotionalen Zustands, sowie der Absichten und Einstellungen des Gesprächspartners. Fehldeutungen dieser Signale beeinträchtigen die adäquate Modulation des eigenen Handelns innerhalb der Interaktionssituation und schaffen Raum für Missverständnis und Konflikt. Derartige Beeinträchtigungen treten bei unterschiedlichen psychiatrischen Störungen auf (z.B. Psychose, Depression, bipolare Störungen, Soziale Phobie, Autismus, Borderline-Persönlichkeitsstörung) und können zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität führen. Das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung hängt von vielen Faktoren ab, dabei können u.a. auch das Alter und das Geschlecht eine wichtige Rolle spielen. In dem Symposium sollen aktuelle Befunde zu Einschränkungen sozial-emotionaler Fertigkeiten bei psychischen Störungen und störungsspezifische Behandlungsansätze dargestellt werden.
Soziale Wahrnehmung: störungsspezifische Defizite und Behandlungsansätze
Dirk Wildgruber, Tübingen (Germany)
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Autor:in:
Dirk Wildgruber, Tübingen (Germany)
Während der sozialen Interaktion werden emotionale Informationen auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen gleichzeitig vermittelt. Die Integration dieser vielfältigen Signale bildet die Grundlage um den emotionalen Zustand unserer Mitmenschen und ihre Absichten und Einstellungen erkenn und empathisch mitfühlen zu können.
In dem Vortrag werden zunächst Befunde zu den physiologischen Grundlagen der Wahrnehmung und Integration sozialer Signale sowie zum Einfluss von Alter und Geschlecht dargestellt. Weiterhin werden aktuelle Untersuchungsbefunde zu störungsspezifischen Defiziten der Wahrnehmung nonverbaler Signale (Mimik, Sprachmelodie, unterschiedliche Lachtypen) und empathischer Kompetenzen bei Patienten mit Schizophrenie, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Autismus-Spektrumstörungen präsentiert.
Diese Beeinträchtigungen haben eine große Bedeutung für den Krankheitsverlauf, daher besteht ein großes Interesse an der Entwicklung effektiver störungsspezifischer Behandlungsansätze. Im Rahmen des Vortrags wird der aktuelle Stand der Evaluation eines nonverbalen Kommunikationstrainings bei Patienten mit psychotischen Erkrankungen vorgestellt.
Einsamkeit bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung: Gibt es einen Zusammenhang zu Veränderungen sozial-kognitiver Prozesse?
Stefanie Lis, Mannheim (Germany)
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Autor:in:
Stefanie Lis, Mannheim (Germany)
Soziale Zugehörigkeit gehört zu den Kernbedürfnissen von Lebewesen. Wird dieses Bedürfnis verletzt, d.h. erleben Menschen eine Diskrepanz zwischen der gewünschten und wahrgenommenen sozialen Zugehörigkeit, entsteht ein negativer affektiver Zustand, der als Einsamkeit bezeichnet wird. Einsamkeit ist ein transdiagnostisches Merkmal verschiedener somatischer und psychischer Erkrankungen, das als relevant für deren Entstehung und Verlauf betrachtet wird. Bei Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS) ist Einsamkeit ein zentrales Merkmal interpersoneller Beziehungen, das mit einer hohen Belastung der Patienten verbunden ist und häufig auch nach einer Remission der akuten BPS Symptome persistiert.
Einsamkeit entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren. Am Beispiel der BPS werden im vorliegenden Beitrag einige dieser Faktoren in ihrer Bedeutung für das Erleben von Einsamkeit vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Eigenschaften des sozialen Netzwerkes, der Bewertung sozialer Hinweisreize und deren Nutzung bei der Bildung von sozialen Einstellungen und Erwartungen an soziale Beziehungen. Abschließend werden therapeutische Implikationen diskutiert und erste Ergebnisse eines sozial-kognitiven Trainingsspiels vorgestellt.
Emotionen ausdrücken und erkennen bei Erwachsenen mit Autismus: diagnostischer Wert und Behandlungsoptionen
Isabel Dziobek, Berlin (Germany)
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Autor:innen:
Isabel Dziobek, Berlin (Germany)
Hanna Drimalla, (Germany)
Charlotte Küpper, (Germany)
Mareike Bayer, (Germany)
Die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) ist assoziiert mit tiefgreifenden Beeinträchtigungen in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie mit repetitiven, stereotypen Verhaltensweisen und Interessen. Beeinträchtigungen im Erkennen und Verstehen von emotionalen Zuständen anderer sind vielfach repliziert, über abweichendes emotionales Ausdrucksverhalten gibt es deutlich weniger wissenschaftliche Evidenz. Die Mechanismen, die diesen Problemen zugrunde liegen, sind nur unzureichend verstanden und evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten –vor allem für Erwachsene Menschen mit ASS – nahezu non-existent. In diesem Vortrag werden Studien referiert, die mittels automatischer fazialer Emotionsanalysen das Expressionsverhalten erwachsener Menschen mit Autismus im Vergleich zu neurotypischen Kontrollen erfassten und den diagnostischen Wert anhand von Machine Learning Verfahren ermittelten. Darüber hinaus werden Zusammenhänge zwischen Expressionsverhalten und Fähigkeiten der Emotionserkennung berichtet. Des Weiteren werden Ergebnisse einer EEG-fMRT-Studie referiert, die die neurobiologischen Mechanismen des Prozessierens von Emotionen von Personen mit hoher und niedriger sozialer Relevanz bei Menschen mit Autismus vergleichen. Abschließend werden computergestützte Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt, die derzeit in einer multizentrischen randomisiert-kontrollierten Studie untersucht werden.