Die Durchführung psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen bei untergebrachten Personen im Straf- und Maßregelvollzug stellt an die Behandler eine besondere Herausforderung dar. Das Symposium gibt einen Überblick über den Stand der Behandlungsmöglichkeiten psychischer Störungen im forensisch-psychiatrischen Kontext.
Im ersten Vortrag (B. Völlm, Rostock) werden Ergebnisse von Cochrane Analysen vorgetragen, die sich mit der Behandlung von Aggressivität und Impulsivität befasst haben. Insbesondere sollen die Möglichkeiten und Grenzen der medikamentösen Behandlung aggressiv-impulsiven Verhaltens im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen aufgezeigt werden. Im zweiten Vortrag (D. Turner, Mainz) werden aktuelle Konzepte der Behandlung von Sexualstraftätern in stationären und ambulanten Settings erörtert. In diesem Vortrag wird auch auf die Relevanz komorbider Störungen und die sich hieraus ergebenden medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungsansätze eingegangen. Der dritte Vortrag (A. Wettermann, Rostock) fokussiert auf die Wirksamkeit, aber auch die Umsetzbarkeit standardisierter und manualisierter Behandlungsprogramme wie R&R, BPS bei forensisch-psychiatrischen Klienten. Es werden Ergebnisse aus Studien zur Effektivität vorgestellt und auch auf die Vor- und Nachteile einer Behandlung nach standardisierten Behandlungsplänen eingegangen. Im letzten Vortrag (W. Retz, Homburg) wird der aktuelle Stand hinsichtlich der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung ADHS-assoziierter Verhaltensstörungen, Impulsivität und emotionaler Dysregulation bei jungen Straftätern vorgestellt (W. Retz, Homburg). In diesem Vortrag werden sowohl die Studienergebnisse hinsichtlich der Reduktion von Impulsivität und emotionalen Regulationsstörungen, als auch des Delinquenzrisikos. Möglichkeiten und Probleme der pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Behandlung im forensischen Kontext werden diskutiert.
zugeschaltet: Evidenzbasierte pharmakologische Behandlung von Aggressivität und Impulsivität
Deniz Cerci, Rostock (Germany)
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Autor:in:
Deniz Cerci, Rostock (Germany)
Wenn im Rahmen einer psychiatrischen Erkrankung – oder auch unabhängig davon – aggressives Verhalten auftritt, stellt sich häufig die Frage nach einer geeigneten medikamentösen Behandlung. Ein klarer Zusammenhang zwischen Erkrankung und Aggression ist nicht immer feststellbar. Neben biologischen und verhaltensbedingten Aspekten spielen kognitive Faktoren und soziale Aspekte eine wichtige Rolle in der Entstehung von Aggression. Hinzu kommt, dass sich instrumentelle, geplante Aggression und impulsive, aggressive Handlungen auch biologisch unterscheiden, wobei nur für letztere eine pharmakologische Behandlung in bestimmten Situationen sinnvoll erscheint. Wenn der*die Patient*in zu impulsiver Aggression neigt, können vorsichtig im Rahmen eines sog. individuellen Heilversuchs anti-impulsive aggressive agents (AIAA) eingesetzt werden, deren Wirksamkeit durch qualitativ zufriedenstellende Studien belegt ist. Hierfür kommen Substanzen unterschiedlicher Stoffklassen in Frage, von denen mit dem informierten Einverständnis des*der Patient*in und mit Blick auf Kontraindikationen und mögliche unerwünschte Wirkungen das wohl am besten geeignete Mittel gewählt und in seiner Wirkung evaluiert werden sollte. Wenn der erwünschte Effekt ausbleibt, ist es wichtig, die Gründe zu ermitteln und das Medikament gegebenenfalls wieder abzusetzen. Flankierend ist es von Bedeutung, psycho- und sozialtherapeutische Maßnahmen zu ergreifen, die sich nachweislich positiv auf impulsives Verhalten auswirken.
zugeschaltet: Standardisierte Behandlungsprogramme für Straftäter – Evidenz und Praxis
Anne Wettermann, Rostock (Germany)
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Autor:in:
Anne Wettermann, Rostock (Germany)
Seit mehreren Jahrzehnten beschäftigt die Forensische Psychiatrie die what-works-Frage: Welche Interventionen sind bei wem unter welchen Umständen wirksam? Der Fokus liegt auf der Kriminaltherapie, um die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftaten zu verringern. Straftäter sollen befähigt werden ein sozial integriertes Leben zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen bedarf es einer Risikokonzeptualisierung, einer daraus abgeleiteten Behandlungsplanung, der Vermittlung von Therapieinhalten, der Motivation des Patienten/ Klienten sich zu verändern und das in der Therapie Erarbeitete umzusetzen, einer guten Vorbereitung der Entlassung und extramuraler Begleitung.
Der Vortrag beschreibt die zugrundeliegenden Behandlungsansätze, wie das RNR-Prinzip, das Motivational Interviewing und das Good Lives Model. Des Weiteren wird ein Überblick über evidenzbasierte Behandlungsprogramme und deren Verankerung in Leitlinien referiert. Die in der Maßregelvollzugs-Praxis am häufigsten eingesetzten Interventionen werden dann abschließend näher erläutert. Der Fokus des Vortrags liegt dabei auf den Themen Gewalt, Persönlichkeitsstörungen und Antisozialität.