Raum:
Saal New York 1
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 09: Komorbidität von psychischen und somatischen Störungen, Psychosomatik
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen weisen oft begleitende somatische Beschwerden und einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand auf. Beeinträchtigungsbedingt können Vorsorge-, Diagnostik- und Behandlungsangebote mitunter nur schwer wahrgenommen werden; körperliche Erkrankungen können verschleppt werden oder chronifizieren. Die Lebenserwartung von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist um zehn Jahre reduziert. Eine bessere Koordination der medizinischen Versorgung ist deshalb dringend geboten, zumal sich körperliche und psychische Gesundheit gegenseitig bedingen und beeinflussen: Ein verbesserter körperlicher Gesundheitszustand trägt zu einer Zunahme des psychischen Wohlbefindens, verbesserten Coping-Strategien und zu mehr Lebensqualität bei – und vice versa. Neben der Mitbehandlung somatischer Komorbiditäten ist aber auch die körperliche Abklärung psychischer Beschwerden von Bedeutung (Stichwort: systemische Pathomechanismen). Die fachliche Einschätzung, ob bei komplexen Beschwerdebildern von unterschiedlichen Krankheitsentitäten (Komorditäten) auszugehen ist oder ob ätiologische Zusammenhänge bestehen könnten, ist von entscheidender Bedeutung für das Einleiten (differential-) diagnostischer Maßnahmen sowie für die Behandlungsplanung. So können neurologische, immunologische oder endokrinologische Krankheitsprozesse als Ursachen bzw. aufrechterhaltende Faktoren psychiatrischer Symptomatik oft nur gezielt durch somatopsychiatrische Differentialdiagnostik identifiziert und behandelt werden. Das Symposium widmet sich diesem Themenkomplex unter Fokussierung auf die notwendigen sektoren- und disziplinübergreifenden Abstimmungsprozesse und die Koordination der Versorgung.
abgesagt: Körperliche Abklärung psychischer Beschwerden und Mitbehandlung somatischer Komorbiditäten im Krankenhaus
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Ca. 50% aller Patienten mit einer psychischen Erkrankung sind auch somatisch erkrankt. Die häufigsten somatischen Komorbiditäten sind kardiovaskulärer (z.B. Herz-Rhythmus-Störungen) und/oder metabolischer Genese. Darum muß eine komplette körperlich-neurologische Untersuchung inklusive Erhebung von Körpermaßen und Gewicht bei Patienten, welche erstmalig stationär, teilstationär oder ambulant aufgenommen werden, Bestandteil des Untersuchungsstandards sein. Der Aufnahmebefund muß darüber hinaus durch Labor, EKG und ggf. weitere Untersuchungen ergänzt werden.
Sind somatische Komorbiditäten bei Patienten mit psychischen Erkrankungen bekannt, so müssen diese adäquat und ggf. von der entsprechenden Fachdisziplin mitbehandelt werden (z.B. die Einstellung eines Diabetes Mellitus). Die Behandlung somatischer Komorbiditäten gehört somit zum Verantwortungsbereich des Psychiaters.
abgesagt: "Das ist alles nur psychisch"... wenn der Psychiater zum medizinischen Detektiv wird
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In der Vertragsärztlichen Praxis ist eine wesentliche Versorgungssäule die konsiliarische Abklärung auf Überweisung durch Fachärztinnen/Fachärzte anderer Gebiete bzw Hausärztinnen/Hausärzte.
Zudem erlauben die mit dem TSVG eingeführten Versorgungselemente der „Offenen Sprechstunde“ und des „dringlichen Hausarztfalls“ eine quasi sofortige Vorstellung in der psychiatrischen Praxis.
Im Vortrag werden die häufigsten Fragestellungen benannt, wichtige Differentialdiagnosen beschrieben und folgende Fragen beantwortet:
Welche Laborparameter sind in der Differentialdiagnose unabdingbar?
Bei welchen internistisch häufig verordneten Medikamenten kommt es zu psychiatrisch relevanten Nebenwirkungen?
Welche Lebensstilformen haben Auswirkungen auf die psychische Gesundheit?
Was sind Schlüsselfragen an die PatientInnen, wenn der Vorstellungsgrund ist: körperlich ist alles in Ordnung, es muss etwas Psychisches sein?
Welche somatischen Erkrankungen machen häufig „psychogene“ Symptome?
Welche Kooperationen sollte man als Vertragsärztin/Vertragsarzt mit Kliniks-Spezialambulanzen pflegen?
Zuletzt werden 2 kurze Fallvorstellungen präsentiert.
abgesagt: Hausarzt als Lotse in der ambulanten Versorgung?
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Die Behandlung und Betreuung von Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen erfordert eine sektorenverbindende medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung.
Evidenzbasierte Leitlinien oder das 2019 durch den GBA beschlossene Disease- Management- Programm „Depression“ weisen Hausärztinnen und Hausärzten dabei eine zentrale Rolle und Koordinationsfunktion zu. Vorteilhaft sind ein niederschwelliger Versorgungszugang, die Betreuung Betroffener oft über viele Jahre („erlebte Anamnese“) und somit Kenntnis und Vertrautheit auch deren psychosozialer Probleme.
Möglichkeiten und Grenzen der Diagnostik und Versorgung im hausärztlichen Bereich werden an Hand von Patientenbeispielen dargestellt.
Die Abklärung und Behandlung von Komorbiditäten erfordert von Hausärztinnen und Hausärzten eine ehrliche Einschätzung der eigenen Kompetenz, eine vertrauensvolle Kooperation mit spezialisierten Fachärztinnen und Fachärzten sowie Kliniken, aber auch den Schutz vor Über- und Fehlversorgung von Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen.
Eine gute Koordination aller Maßnahmen bei der Abklärung und Behandlung psychischer Erkrankungen und somatischer Komorbiditäten über die verschiedenen Sektoren und Berufsgruppen hinweg sowie die Nutzung neuer Versorgungsmodelle und- formen können einen wichtigen Beitrag zu einer verbesserten Patientenversorgung leisten.
abgesagt: Versorgungskoordination als gesundheits- und psychiatriepolitischen Auftrag begreifen und gestalten
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Vor dem Hintergrund komplexer Beschwerdebilder mit oftmals unklarer Ätiologie und der Unterversorgung körperlicher Grunderkrankungen bei Menschen mit psychiatrischen Diagnosen ist die Erforderlichkeit einer gründlichen Diagnostik und Differentialdiagnostik im psychiatrischen Versorgungskontext als hoch einzustufen. Eine solche Abklärung und Mitbehandlung somatischer Beschwerden birgt aber Herausforderungen (Notwendigkeit intersektoraler Abstimmung und Kooperation, Austausch zwischen verschiedenen Fachdisziplinen, Zeit- und Kostenfaktor, hoher Kommunikationsaufwand, nicht zuletzt mit dem/der Betroffenen und Orientierung an seinen bzw. ihren Behandlungswünschen). Es geht also nicht allein um das „Know How“ und auch nicht nur um das „To Do“, sondern es handelt sich um eine hochkomplexe und ressourcenintensive Angelegenheit. In diesem Beitrag wird argumentiert, dass die Versorgungskoordination als gesundheits- und psychiatriepolitischer Auftrag zu begreifen und zu gestalten ist. Zunächst einmal sind Ziele für die Versorgungskoordination zu formulieren und ihre Umsetzung zu operationalisieren. Hier ist u.a. die Frage der Zuständigkeit zu klären: Wer macht wann was? Wer kann bzw. soll „Lotse“ der Versorgung sein? Wer oder was soll gelotst werden: Patient:innen, Behandler:innen, diagnostische und therapeutische Interventionen? Wie ist der kürzlich veröffentlichte Richtlinienentwurf des G-BA (KSVPsych-RL) zu bewerten? Im stationären Behandlungsrahmen stellen sich zudem Fragen der praktischen Umsetzung: Soll die körperliche Abklärung psychischer Beschwerden und Mitbehandlung somatischer Komorbiditäten auf allen Stationen erfolgen (allg. Versorgungziel)? Oder ist dies auf spezialisierten Schwerpunktstationen anzubieten? Was ist die Rolle der Psychosomatik? Psychiatriepolitisch ist zu überlegen, wie die Entwicklung eines "State-of-the-Art" hinsichtlich der körperlichen Abklärung psychischer Beschwerden weiter vorangetrieben werden kann.