Braucht es eine klinische Supervision in der psychiatrischen Praxis und wenn ja warum, wem dient sie? Ist Supervision im klinischen Alltag nicht längst fest etabliert? Was muss eine klinische Supervision leisten? Wodurch wird sie bestimmt? Worin unterscheidet sie sich von einer allgemeinen Supervision oder von verfahrensspezifischen Supervisionen der Psychotherapie?
Die Psychiatrie verfügt heute über eine Vielzahl sich immer weiter entwickelnde Methoden der Behandlung. Der Kenntnisgewinn ist für den einzelnen Praktiker nicht mehr zu erfassen, geschweige denn in eine Erkenntnis für das praktische Tun zu übersetzen. Durch die Fachgesellschaften werden die zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Evidenzen für die Behandlung der verschiedenen psychischen Erkrankungen in Leitlinien zusammengefasst, die eine schnelle Orientierung erlauben. Somatotherapeutische, psychotherapeutische, soziotherapeutische und komplementärtherapeutische Methoden finden hier ihre Berücksichtigung.
Die Psychiatrische Praxis scheint jedoch immer noch allzu oft von einer Dichotomie der therapeutischen Kulturen mit ihren divergierenden Einstellungen, Operationalisierungen und wissenschaftlichen Überzeugungen (Streeck und Dümpelmann 2006) geprägt zu sein, die Patienten „häufig noch immer in psychiatrische und psychotherapeutische unterscheiden und entsprechend selektiv weiter“ verweisen. Diese kulturelle Dichotomie der Biologie und Psychotherapie scheint auch heute noch eine Gruppenformatierung der Psychiater in die Gruppe der Nüchternen und der Einfühlsamen (Kandel 2008) zu bewirken.
Hinzu tritt die innerhalb der Psychotherapie kontrovers geführte Debatte, was denn da nun wirksam ist, bei den verschiedenen psychotherapeutischen Methoden. Sind es spezifische oder allgemeine Wirkfaktoren oder aber beides, die Veränderung induzieren (Norcross 2005, Cuijpers et al. 2019, Leichsenring et al. 2019)?
Es kann nicht um ein Entweder - Oder der Somato- oder Psychotherapie (Streeck und Dümpelmann 2006) bzw. der Biologie oder der Psychotherapie gehen, sondern um ein konzeptuell-heuristisch geleitetes Sowohl als Auch der Behandlungskomposition, welches auf der synergistischen Interaktion der Systeme fußt (Kandel 1998).
Für die Aus- und Weiterbildung in der Psychiatrie bedarf es im Besonderen einer klinischen Supervision, die auf die besonderen Gegebenheiten des psychiatrischen Kontextes eingeht (Brasch et al. 2004, Gottfried 2012).
Im Rahmen der Auseinandersetzung der DGPPN mit der neuen Musterweiterbildungsordnung entstand die Idee, Interessenten eine auf die Besonderheiten der Psychiatrie hin ausgerichteten Supervisionsfortbildung anzubieten. Seit 2016 wird durch die Akademie der DGPPN das Fortbildungscurriculum „Klinische Supervision DGPPN“ angeboten. Mittlerweile haben 108 Kolleginnen und Kollegen diesen zweijährigen Kurs absolviert und neue Kurse beginnen im September 2021 und Frühjahr 2022.
Der Workshop richtet sich besonders an Kollegen und Kolleginnen, die im klinisch psychiatrischen Kotext tätig und in ihrem beruflichen Alltag auch mit der Aus- und Weiterbildung von Kolleginnen und Kollegen in der Psychiatrie betraut sind.
Der Workshop soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in das Thema der klinischen Supervision unter Berücksichtigung der eigenen beruflichen Praxis ermöglichen.
Didaktische Methoden:
Präsentation, Kleingruppenarbeit, Diskurs, Demonstrationen und Handout.