75% der psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 25. Lebensjahr, so dass betroffene Frauen die Familienplanung meistens noch nicht abgeschlossen haben. Zudem kann eine erstmalige psychische Erkrankung auch durch die verschiedenen Risikofaktoren in der Peripartalzeit ausgelöst werden. Durch die Weiterentwicklung therapeutischer Möglichkeiten und nebenwirkungsärmerer Medikakmente hat sich die soziale Prognose auch von Frauen mit schweren psychischen Voerkrankungen verbessert, so dass sie und ihre Partner sich immer häufiger bewusst die Frage stellen, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Kind bekommen können. Bei ungeplanten Schwangerschaften tritt dagegen häufig die Frage auf, ob durch die verwendete Medikation Risiken für das ungeborene Kind entstanden sind.
Durch die Erfassung und wissenschaftliche Auswertung von Schwangerschaftsverläufen unter Medikation gibt es einen ständigen Wissenszuwachs zu möglichen Auswirkungen von Psychopharmaka auf das ungeborene Kind; im Mittelpunkt des Interesses steht häufig das Risiko für kindliche Fehlbildungen. Allerdings ist der Erfahrungsumfang zu den einzelnen Wirkstoffen recht unterschiedlich und Langzeitauswirkungen auf die Entwicklung der Kinder über das dritte Lebensjahr hinaus sind noch nicht abschließend zu bewerten.
Der zweite Fokus der Beratung und Betreuung insbesondere vorerkrankter Frauen betrifft die psychische Stabilität während der Schwangerschaft und in der Postpartalzeit. Insbesondere bei affektiven Erkrankungen wie der rezidivierend depressiven Störung und der bipolaren Störung besteht in den ersten Tagen und bis zu 6 Wochen nach der Entbindung eine hohe Rückfallgefahr. Die Schwangerschaft sollte, wenn möglich, daher schon von Anfang an engmaschig begleitet werden und die postpartale Rezidivprophylaxe mit besonderer Aufmerksamkeit geplant werden. Geeignete Maßnahmen des peripartalen Managements werden vorgestellt und ein Exkurs in den Bereich der traumasensiblen Geburtsbegleitung unternommen.