Insgesamt liegen wenig nationale und internationale Erkenntnisse vor, wie viele Menschen mit psychischen Erkrankungen von Wohnungslosigkeit betroffen sind bzw. in prekären Wohnverhältnissen leben.
Dieses Symposium präsentiert Methoden und Ergebnisse aktueller empirischer Studien aus Deutschland und der Schweiz. Es werden Erhebungen über die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei wohnungslosen Menschen und Risikoprofile vorgestellt. Ferner werden Versorgungspfade der von Wohnungslosigkeit betroffenen psychisch erkrankten Personen aufgezeigt.
S. Gutwinski stellt die Ergebnisse der Berliner WOHIN-Studie vor. Es werden die Einflussgrößen der Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen aufgezeigt im Hinblick auf Präventionsmöglichkeiten von Wohnungslosigkeit.
Es folgt die Präsentation der Forschungsergebnisse zur Wohnforschung im Kontext der psychiatrischen Versorgung in der Schweiz durch M. Jäger. Dabei geht der Referent der Frage nach, wie Wohnungslosigkeit und psychische Gesundheit miteinander verknüpft sind und welche Hilfsangebote in der deutschsprachigen Schweiz für Betroffene bestehen.
I. Haussleiter stellt die Ergebnisse einer retrospektiven Routinedatenanalyse zweier großer psychiatrischer Klinikverbünde aus der WohnLos-Studie aus NRW vor, um u.a. die Prävalenz von Wohnungslosigkeit bei Patient*innen in stationärer psychiatrischer Behandlung aufzuzeigen. Zudem wird gezeigt, wie viele der erkrankten Patient*innen nicht entlassen werden konnten, weil geeigneter Wohnraum fehlte.
J. Heinz betrachtet das stationäre Entlassungsmanagement bei psychisch erkrankten Personen in NRW, die in prekären Wohnverhältnissen lebten oder wohnungslos waren. Daneben werden die Zugangswege der psychisch erkrankten Personen in Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation nachgezeichnet.
Die Zuhörenden des Symposiums erhalten einen Überblick zu aktuellen Forschungsergebnissen und Handlungsempfehlungen zur Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen.
abgesagt: Psychisch erkrankte wohnungslose Menschen in der Schweiz: ein Einblick in die Wohnforschung und die psychiatrische Versorgung
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Das Thema Wohnen und psychische Erkrankungen hat in den letzten Jahren in der Schweiz wieder mehr Aufmerksamkeit in Versorgungspraxis und insbesondere Forschung erhalten.
Seit den Dehospitalisierungsbewegungen der 1990er Jahre ist ein grosser (kostenintensiver) Versorgungssektor für betreutes Wohnen psychisch erkrankter Menschen entstanden, der auch noch heute im Wachstum begriffen ist. Dennoch wird ein grosser Teil der wohnungslosen Menschen mit psychischen Erkrankungen damit nicht erreicht, sodass ein viele dieser Menschen in Obdachloseneinrichtungen leben, oft ohne Behandlung. Erst seit wenigen Jahren werden alternative, ambulant und flexibel betreute Unterstützungsangebote, z.B. Wohn-Coaching etabliert und deren Wirksamkeit evaluiert. Im Beitrag werden Versorgungsangebote und Studienergebnisse präsentiert und diskutiert.
Prävalenz und Risikoprofile für Wohnungslosigkeit bei Personen in stationärer psychiatrischer Behandlung in NRW – Ergebnisse der WohnLos-Studie
Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Köln (Germany)
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Autor:in:
Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Köln (Germany)
Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland verdoppelt. Viele dieser Menschen leiden an psychiatrischen Erkrankungen, die einer regelmäßigen Behandlung bedürfen. Inwiefern die psychiatrische Erkrankung Ursache oder Folge der Wohnungslosigkeit ist, wird kontrovers diskutiert. Die vorliegende Studie betrachtete ebendiese Interaktion von Wohnungslosigkeit und psychiatrischer Erkrankung aus der Perspektive der klinischen Versorger.
Alle vollstationären Behandlungen von 20 psychiatrischen Versorgungskliniken wurden anhand des administrativen Aufnahmedatensatzes retrospektiv über einen Zeitraum von vier Jahren analysiert (N= 366.767 Fälle). Die Daten wurden in Bezug gesetzt zu Behandlungs- und soziodemographischen Standortdetails.
2.35% der Kohorte (57.3% Männer, 47.52 +/- 18.31 Jahre) wurden als „wohnungslos“ entsprechend der ersten beiden ETHOS-Kategorien klassifiziert. Im Vergleich zu den nicht wohnungslosen Fällen unterschieden sie sich signifikant in Alter und Geschlecht, männliches Geschlecht war der stärkste Prädiktor für Wohnungslosigkeit (OR=2.339). Bevölkerungsdichte am Standort, jüngeres Alter sowie eine psychotische, neurotische, substanzgebundene oder Persönlichkeitsstörung waren ebenfalls signifikante Prädiktoren. Wohnungslose Patienten erlebten häufiger freiheitsentziehende Maßnahmen, hatten eine kürzere Verweildauer und wurden häufiger innerhalb eines Tages wieder entlassen. Jeder Zweite hatte eine Suchterkrankung, affektive Störungen lagen seltener vorl. Im Gegensatz zur somatischen trat psychiatrische Komorbidität in der wohnungslosen Subgruppe häufiger auf.
Es handelte sich um klinische Routinedaten mit wechselhafter Qualität, die nicht primär zu Studienzwecken erfasst wurden. Insbesondere die Kernfragestellung der Wohnungslosigkeit ließ sich anhand der vorgefertigten Systemkategorien nur eingeschränkt beurteilen. Eine genauere Betrachtung, insbesondere im geschilderten Risikoklientel, ist sinnvoll.
Versorgungspfade bei psychisch erkrankten wohnungslosen Menschen und Menschen in prekären Wohnverhältnissen – Ergebnisse der WohnLos-Studie
Josephine Heinz, Köln (Germany)
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Autor:in:
Josephine Heinz, Köln (Germany)
Einleitung:
Wohnungslosigkeit kann als eine schwerwiegende Folge einer psychischen Erkrankung auftreten und ist ein psychosozialer Stressor, der sich ungünstig auf den weiteren Verlauf der psychischen Störung auswirken kann. Mit Blick auf die Entlassung wohnungsloser Menschen aus der stat. Behandlung stehen psychiatrische Kliniken vor erheblichen Herausforderungen, da eine wirksame Weiterbehandlung aufgrund schlechter oder nicht vorhandener Wohnbedingungen negativ beeinträchtigt und eine Chronifizierung der psychischen Erkrankung begünstigt wird.
Methode:
In der WohnLos-Studie wurde die Entlassung bei Menschen aus prekären Wohnverhältnissen und bei wohnungslosen Personen untersucht. Hierfür erfolgte eine Stichtagserhebung in zwei psychiatrischen Kliniken in NRW. Neben dem Wohnumfeld, in das die Menschen entlassen wurden, wurden zugrundeliegende Hinderungsgründe für eine Entlassung und die geplante somatische sowie psychiatrische Versorgung der Betroffenen nach der Entlassung erhoben und analysiert. Darüber hinaus wurde mittels einer Stichtagserhebung in einzelnen stat. Wohneinrichtungen die Wohnsituation der Betroffenen vor Einzug ermittelt. Hierdurch war es möglich, den Zugang der wohnungslosen psychisch erkrankten Personen in Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation darzustellen.
Ergebnisse:
Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen, bei wie viele Menschen, die ohne festen Wohnsitz und in prekären Wohnverhältnissen lebten, eine Änderung des Wohnstatus bei Entlassung aus der stat. Behandlung vorlag oder ob diese wiederum in die Wohnungslosigkeit oder in prekäre Wohnverhältnisse entlassen werden mussten. Es wird ebenfalls gezeigt, wie sich die psychiatrische und somatische Weiterversorgung der betrachteten Personengruppe bei Entlassung darstellte. Weiter werden Entlassungshinderungsgründe aufgeführt und ob diese mit fehlenden Wohnraum einhergehen. Darüber hinaus zeichnen Ergebnisse der Studie die Zugangswege in die stat. rehabilitativen Wohneinrichtungen nach.