Die Unterscheidung zwischen unseriöser und seriöser Psychiatriekritik ist für interessierte Laien, Psychiatrieerfahrene, Angehörige, und Professionelle nicht immer leicht. In diesem Symposium soll diese Unterscheidung mit einem interdisziplinären Team von Referent_innen untersucht werden: Woran erkennt man unseriöse und ideologische Kritik der Psychiatrie? Mit welchen Narrativen, Bildern und Argumenten operiert sie? Was zeichnet demgegenüber wissenschaftlich fundierte und seriöse Kritik und Reformvorschläge aus? Diese Fragen sollen am Beispiel der Agitation der Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte Deutschland e.V. (KVPM) behandelt werden. Die 1972 in München von Scientology-Mitgliedern gegründete KVPM bezeichnet sich selbst als „Teil des weltweit größten Netzwerks zur Aufdeckung von Missbräuchen und Korruption im psychiatrischen System“. Sie tritt als scheinbar seriöse Betroffenenvertretung auf und erweckt den Anschein, lediglich über die Missstände in der Psychiatrie aufklären zu wollen. Zentral ist für sie der Kampf gegen die ihrer Ansicht nach exzessive und lediglich auf Profitgier zurückzuführende Verschreibung von Psychopharmaka, denen pauschal eine gewaltfördernde Wirkung unterstellt wird. Zugleich verweist die KVPM immer wieder auf die Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus und sieht die heutige Profession in ungebrochener Tradition zu den psychiatrischen Vordenkern und Brandstiftern des Massenmords. Diesbezüglich attestiert sie sich selbst „unermüdliche Bemühungen“ um „die Aufarbeitung der dunkelsten Zeit der Psychiatrie“. Dies geht so weit, dass sie selbst den Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust für ihre Zwecke instrumentalisiert. Das Panel soll am Beispiel der KVPM ideologische Argumentationsfiguren der Psychiatriekritik offenlegen.