Seit Beginn des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2016 wurden über 400 Forschungsprojekte in den Förderbereichen Neue Versorgungsformen (NVF) und Versorgungsforschung (VSF) gefördert. Psychiatrische Forschung ist in beiden Bereichen, in themenoffener und -spezifischer Förderung angesiedelt. Themenfelder sind z.B. „Versorgungsmodelle für spezielle Patientengruppen“, „Modelle zur Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen und -prozessen“ und „Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und/oder Patientensicherheit in der Versorgung“. Die Projekte der ersten Förderwelle kommen derzeit zum Abschluss, erste Ergebnisberichte liegen vor. Das Symposium möchte anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Innovationsfonds eine Zwischenbilanz ziehen und Perspektiven und Erfolgsaussichten psychiatrischer Forschungsprojekte in den Bick nehmen. Aus zwei Einzelprojekten werden Forschungsergebnisse präsentiert, die sich verschiedenen Innovationspotenzialen und -bedarfen in der Versorgung widmen: „CHIMPS-NET“ (Konsortialführung: UKE Hamburg) und „AKtiV-Studie“ (Konsortialführung: Medizinische Hochschule Brandenburg). Anschließend werden themen- und bereichsübergreifende Analysen vorgenommen: Vorgestellt wird ein Review und Dokumentenanalyse von Studienprotokollen, Publikationen und Abschlussberichten von Interventionsstudien der ersten Förderwelle, der Charakteristika der Förderprojekte im Bereich seelische Gesundheit aufzeigt. Abschließend wird eine systematische Evaluation des Innovationsfonds hinsichtlich des Aspekts der Patientenbeteiligung vorgestellt. Dabei wird die Frage aufgeworfen, inwiefern partizipative Forschungsdesigns als „Innovationsmarker“ gelten können und wie psychiatrische Forschungsprojekte im Vergleich aller Förderprojekte zu beurteilen sind.
abgesagt: Innovationsbedarf und -potentiale in der interdisziplinär vernetzten Versorgung von Eltern mit schweren psychischen Erkrankungen und deren Kindern und Jugendlichen (CHIMPS-NET)
Implementierungsbedingungen der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) nach § 115d SGB V hinsichtlich Zielgruppen, Versorgungssettings und Versorgungsregionen (AKtiV-Studie)
Andreas Bechdolf, Berlin (Germany)
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Autor:in:
Andreas Bechdolf, Berlin (Germany)
Die stationsäquivalente Behandlung (StäB) ist eine besondere Form des international anerkannten und evidenzbasierten Home Treatment. Als komplexe Intervention erfordert StäB im deutschen Kontext eine Evaluation auf unterschiedlichen Ebenen. Die quasi-experimentelle „AKtiV-Studie“ mit Propensity-Score-gematchter Kontrollgruppe entspricht dieser Forderung. Sie hat eine Laufzeit von 36 Monaten und wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (Antrags-ID: VSF2_2019-108) gefördert. In diesem Zeitraum werden neben der Untersuchung klassisch klinischer Endpunkte wie der stationären Wiederaufnahmerate, der Psychopathologie und Recovery-orientierten auch Fragen hinsichtlich der geeigneten Zielpopulationen, Implementierungsbedingungen, Behandlungsprozessen und Wirkfaktoren beantwortet. Dabei werden sowohl die Perspektiven von Patient*innen, Angehörigen und Mitarbeitenden als auch die Standpunkte und Erfahrungen von Akteuren aus Politik und Selbstverwaltung eruiert. Damit kann erwartet werden, dass die Studienergebnisse für ein breites Publikum interessant sein und zur praxiswirksamen Weiterentwicklung des StäB-Modells beitragen können
Charakteristika von durch den Innovationsfonds geförderten Interventionsstudien im Bereich seelische Gesundheit: Review und Dokumentenanalyse von Studienprotokollen, Publikationen und Abschlussberichten aus der ersten Welle
Felix Walther, Dresden (Germany)
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Autor:innen:
Felix Walther, Dresden (Germany)
Heike Heytens, Magdeburg (Germany)
Elisa Frenz, Dresden (Germany)
Martin Härter, Hamburg (Germany)
Max Geraedts, Marburg (Germany)
Thomas Bierbaum, Berlin (Germany)
Christian Apfelbacher, Magdeburg (Germany)
Jochen Schmitt, Dresden (Germany)
Einführung: Die AdhocKommission „Innovationfonds“ des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF) hat zum Ziel, die Interventionsstudien des Innovationsfonds methodisch wie inhaltlich zu charakterisieren und deren wissenschaftliches und Transferpotenzial näher zu beleuchten.
Methode: In diesem prospektiv registrierten Review wurden Interventionsstudien der 1. Welle des Innova-tionsfonds im Hinblick auf Inhalt, Studiendesign sowie Berichtsqualität und -vollständigkeit charakterisiert. Als Datenquellen dienten Studienregistrierungen, Publikationen und graue Literatur wie bspw. Internetseiten.
Ergebnisse/ Diskussion: Von insgesamt 50 eingeschlossenen Projekten fokussierten sich 11 auf Interventionen im Versorgungsbereich Psychiatrie und Psychotherapie. Das Spektrum psychischer Erkrankungen umfasste unter anderem Depressionen, affektive Störungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen und posttraumatische Belastungsstörungen bei Jugendlichen (n= 4) und/oder Erwachsenen (n=10). Die untersuchten Interventionen waren breit gefächert. Neben singulär oder multimodal eingesetzten E-Health-Interventionen stand die Evaluation standardisierter und evidenzbasierter Behandlungsprozesse in verschiedenen Settings im Vordergrund. Ein Studienprotokoll wurde für einen Großteil der Projekte registriert (n=8) oder publiziert (n=1). Mit Ausnahme einer auf Pilotierung ausgerichteten Studie wurden ausschließlich kontrollierte Studiendesigns mit (n=6) oder ohne (n=4) Randomisierung angewendet. Zu den primären Endpunkten gehörten Lebensqualität (n=5), Symptomschwere (n=4) und Gesundheitskosten (n=2).
Schlussfolgerung: Die psychiatrischen und psychotherapeutisch ausgerichteten Interventionsstudien der 1.Welle des Innovationsfonds beforschen insbesondere Interventionen mit dem Ziel einer evidenzbasierten und leitliniengerechten Behandlung. Die überragende Mehrheit der Studien wurde registriert und nutzte eine Kontrollgruppe als Vergleich zur untersuchten Intervention.
Patientenbeteiligung als Innovationsmarker? Erste Ergebnisse einer systematischen Evaluation des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss
Eva Buchholz, Rüdersdorf (Germany)
Martin Heinze, Rüdersdorf (Germany)
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Autor:innen:
Eva Buchholz, Rüdersdorf (Germany)
Jacobina Blüm, Rüdersdorf (Germany)
Sebastian Ludwig, Rüdersdorf (Germany)
Felix Mühlensiepen, Rüdersdorf (Germany)
Catharina Münte, Rüdersdorf (Germany)
Martin Heinze, Rüdersdorf (Germany)
Der Vortrag stellt Zwischenergebnisse eines Projekts an der Medizinischen Hochschule Brandenburg vor, in dem die Forschungsprojekte des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich der Umsetzung von Patientenbeteiligung untersucht werden (Grundgesamtheit: Projekte im Bewilligungszeitraum 2016-2020). Die Analyse erfolgt in Form einer systematischen Evaluation mittels Dokumentenanalyse/methodologischem Review. Um Patientenbeteiligung in Studiendesigns überhaupt identifizieren und bewerten zu können, war zunächst ein Conceptual Framework zur Patientenbeteiligung im Rahmen medizinischer und gesundheitswissenschaftlicher Forschung zu erarbeiten. Methodische Vorgehensweise und theoretischer Analyserahmen werden (kurz) skizziert, der Schwerpunkt des vorliegenden Beitrags liegt aber in der Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Innovation“ (ein Fokus der Auswertung und Ergebnisproduktion) (work-in-progress). Es werden folgende Fragen gestellt: Was ist überhaupt „Innovation“ (Definition)? Was sind „Innovationskriterien“, „Innovationstypen“ und „Innovationsmarker“? Wie können die Innovationsanliegen der Förderprojekte des Innovationsfonds im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie charakterisiert werden? Wie ist es im Vergleich psychiatrischer und somatischer bzw. sonstiger Förderprojekte um die Patientenbeteiligung bestellt? Inwiefern kann Patientenbeteiligung in der Forschung ggf. selber als „Innovation“ betrachtet werden (konkret: als Innovation im Wissenschaftsdiskurs)? Welche Elemente partizipativer Forschungsdesigns könnten ggf. als „Innovationsmarker“ verstanden werden? Oder woran wären diese festzumachen? Die aufgeworfenen Fragen werden vor dem Hintergrund wissenssoziologischer Theorieansätze reflektiert und anhand der empirischen Daten beispielhaft diskutiert.