Zunächst wird in einem medizinhistorischen Exkurs die einstige Hilflosigkeit der Medizin gegenüber geschlechtlicher Varianz zurückverfolgt und an die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Transgendergesundheitsversorgung erinnert. Ohne ein differenziertes Verstehen von Geschlecht und ohne Hinterfragen der verwurzelten Diskriminierungspotenz in der Medizin waren die Behandlungskonzepte strukturlos und willkürlich. Darunter lud sich die Beziehungsebene zwischen Behandelnden und Behandlungssuchenden bis zur Feindseligkeit auf, die wichtigste Basis für das Gelingen therapeutischer Interventionen war somit vertan.
Darauf aufbauend befasst sich der zweite Teil des Vortrages mit den Entwicklungen in der Medizin in den letzten zwanzig Jahren. In einer mühsamen Selbstreflexion ihrer Fehlannahmen über Geschlecht ist es der Medizin auf dem Boden zunehmender evidenzbasierter Erkenntnisse gelungen, Geschlecht als hochindividuelles Ausdrucksbegehren wahrzunehmen und die zwingende Verbindung zur Psychopathologie aufzugeben. Aktuell wächst das Verständnis dafür, dass jedes geschlechtliche Erleben hochindividuell ist. Dementsprechend bedarf es einer Entwicklungsförderung bzw. –begleitung, deren Ziel darin besteht, eine etwaige Geschlechtsdysphorie zu mildern, ohne das notwendigerweise körpermodifizierende Eingriffe zum Einsatz kommen müssen.
Abschließend beinhaltet der dritte Teil des Vortrages einen Überblick hinsichtlich moderner Behandlungswege in Psychiatrie und Psychotherapie. Auch hormonelle und chirurgische Behandlungswege als geschlechtsangleichende Behandlungen werden kurz vorgestellt.