Einsamkeit wird international als eine globale Gesundheitsepidemie mit gravierenden negativen Folgen angesehen (Jeste et al., 2020, JAMA Psychiatry). Einsamkeit und soziale Isolation beeinträchtigen nicht nur das psychische Wohlbefinden, sondern rufen auch Veränderungen der Immunfunktion, des Herz-Kreislauf-Systems und der Hormonlevel hervor. In verschiedenen Untersuchungen wurde Einsamkeit mit einem erhöhten Risiko für Depression, Angststörungen, Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Krebs assoziiert. Einige Länder wie die USA, Großbritannien oder Australien haben deshalb umfassende nationale Programme gegen Einsamkeit als neue Zivilisationskrankheit entwickelt. Unter dem Brennglas der Covid-19 Pandemie wurde von der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Februar dieses Jahres ein Positionspapier für eine nationale Strategie gegen Einsamkeit veröffentlicht. Die Corona-Pandemie mit den Lockdown- und sozialen Distanzmaßnahmen hat Einsamkeitsgefühle und soziale Isolation vor allem bei vulnerablen Gruppen wie depressiven PatientInnen erheblich gefördert.
Im Rahmen dieses Symposiums wird die bestehende wissenschaftliche Evidenz zusammengefasst mit besonderem Augenmerk auf Einsamkeit bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen und die Auswirkungen der Corona-Pandemie und kritisch diskutiert. Psychotherapeutische Interventionen gegen Einsamkeit werden vorgestellt.
Einsamkeit und Depression während der Corona-Pandemie: Ergebnisse der egePan Unimed-Untersuchung
Moritz Elsaeßer, Freiburg im Breisgau (Germany)
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Moritz Elsaeßer, Freiburg im Breisgau (Germany)
Die Corona-Pandemie ging mit einschneidenden und fortwährenden Veränderungen für die Gestaltung des alltäglichen Lebens einher, deren Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit bislang nicht umfassend abzusehen sind. Internationale Studien wie auch repräsentative Befragungen der deutschen Allgemeinbevölkerung berichten eine signifikante Zunahme depressiver Symptome, Ängste und der psychosozialen Belastung, die sich auch nach Lockerungen der Beschränkungen nur teilweise und mit Verzögerungen verringern. Die daraus entstehenden Folgen für das deutsche Versorgungssystem lassen sich bereits in der wachsenden Inanspruchnahme psychotherapeutischer Behandlungen und dem Anstieg der psychisch bedingten Fehlzeiten absehen.
Menschen mit vorab bestehenden psychischen Erkrankungen haben ein besonders hohes Risiko für eine Exazerbation ihrer Symptome und sind überproportional häufig von schweren Ausprägungen von COVID-19 betroffen. Die ohnehin prävalente Einsamkeit und soziale Isolation werden insbesondere durch folgende drei Faktoren verstärkt:
a) Social Distancing, d.h. die Reduktion sozialer Kontakte als bewusste Handlung und/oder Folge gesellschaftlicher Veränderungen.
b) Das Erleben körperlicher und psychischer Beeinträchtigungen als Folge von COVID-19 bei Angehörigen (insbesondere im Todesfall) oder bei sich selbst.
c) Das Andauern eines kollektiv erhöhten Angst- und Stresspegels.
Diesbezüglich präsentieren wir erstmals Daten aus zwei multizentrischen Studien zum Einfluss der Corona-Pandemie auf a) Menschen mit Altersdepression und b) Patient*innen in ambulanter Behandlung an sieben Universitätskliniken. Die Auswirkungen auf Depressivität, Ängste und Schlaf werden berichtet, sowie der negative Einfluss von Einsamkeit, negativen Kindheitserfahrungen und Unsicherheitsintoleranz wie auch Psychotherapie als protektiver Faktor kritisch diskutiert.