ADHS ist eine häufige Entwicklungsstörung, die in der Kindheit beginnt und oft den Einstieg in eine negative Entwicklung darstellt, welche durch ein hohes Risiko für komorbide Erkrankungen in der Kindheit und im Erwachsenenalter gekennzeichnet ist. Mit einer Prävalenz von ~5% in der Kindheit und ~3% im Erwachsenenalter gehört ADHS zu den häufigsten psychiatrischen Störungen. Zu den Symptomen von ADHS gehören Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität, Defizite in den exekutiven Funktionen und emotionale Dysregulation. ADHS ist eine Vorstufe von Stimmungs- (~60%), Angst- (~30%) und Substanzkonsumstörungen (~45%). Aber auch körperliche Erkrankungen (von Epilepsie, erhöhtem Unfallrisiko bis hin zu Adipositas) belasten die Betroffenen. Die komorbiden Störungen der ADHS treten im Laufe der Entwicklung auf und sind ein wichtiger Faktor für die Krankheitslast, da sie die Sterblichkeitsrate mehr als verdoppeln. Da ADHS den Einstieg in eine solch negative Entwicklungskurve bildet, ist es ein entscheidender Ausgangspunkt für Forschung, die auf Vorhersage und Behandlung abzielt und ein erhebliches Potenzial hat, die öffentliche Gesundheit zu beeinflussen, die Krankheitslast zu reduzieren und das Leiden von Patienten und Familien zu verhindern. In unserem Symposium soll daher ein Überblick über bedeutende komorbide Störungen wie Substanzkonsum (Prof. Oliver Pogarell) und körperliche Erkrankungen (Prof. Sarah Kittel-Schneider) geliefert werden. Weiterhin sollen die Ergebnisse der ersten großen randomisierten Studie zur Anwendbarkeit von Licht- und Fitnesstherapie bei ADHS zur Prävention von Depression (PROUD-Studie) von Prof. Christine M. Freitag vorgestellt werden. Zuletzt soll die Frage nach einer gemeinsamen Ätiologie, beispielsweise einer Störung des Belohnungssystems, mit einem Überblick über Bildgebung des Belohnungssystems bei ADHS und komorbiden Erkrankungen (PD Dr. Oliver Grimm) geschlossen werden.
ADHS und komorbide körperliche Erkrankungen
Sarah Kittel-Schneider, Würzburg (Germany)
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Sarah Kittel-Schneider, Würzburg (Germany)
Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit ADHS ein erhöhtes Risiko für psychische aber auch andere, nicht-psychische Erkrankungen haben. Die zugrundeliegenden Pathomechanismen für das gemeinsame Auftreten, sind noch weitgehend unklar, möglicherweise gibt es aber direkte kausale Beziehungen von einer Erkrankung zur anderen. Es gibt Hinweise auf gemeinsame genetische und/oder umweltbedingte Risikofaktoren, die dazu führen, dass ADHS und andere Erkrankungen häufiger zusammen auftreten. Mehr Erkenntnisse über nicht-psychische Erkrankungen bei ADHS über die Lebensspanne zu gewinnen, ist wichtig für die Behandlung, die langfristige Prognose und die Lebensqualität der Betroffenen. Wir führten eine Literaturrecherche zu Studien zur Assoziationen zwischen ADHS und nicht-psychischen Erkrankungen über die Lebensspanne durch und suchten nach Belegen für mögliche gemeinsame Pathomechanismen. Darüber hinaus wurden Studien für eine pharmakologische Behandlungen bei komorbiden Erkrankungen erfasst. Die veröffentlichten Daten zu Epilepsie, Migräne, Ausscheidungsstörungen (wie Enuresis nocturna), allergischen Erkrankungen und Adipositas zeigten relativ konsistent ein erhöhtes Risiko bei ADHS Patienten sowie ein vermehrtes Auftreten von ADHS bei den Betroffenen der genannten Erkrankungen. Hinsichtlich Restless-Legs-Syndrom, Zöliakie, neurometabolischer und Schilddrüsenerkrankungen sowie kardiovaskulären Erkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen ist weniger klar, ob es sich dabei um Komorbiditäten oder eher um Differentialdiagnosen handelt. Andere Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II könnten eher indirekt mit ADHS zusammenhängen, zum Beispiel über ein erhöhtes Risiko für Adipositas. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, sind Interventionsstudien erforderlich, in denen die ADHS-Symptome vor und nach einer ausreichenden Behandlung der nicht psychischen Erkrankung untersucht werden.