Bei der Insomnie handelt es sich um eine der häufigsten Erkrankungen in unserem Gesundheitssystem. Epidemiologische Studien zeigen, dass zwischen 6 und 10 % der Bevölkerung an einer behandlungsbedürftigen Insomnie leiden. Das sind mindestens 5 Millionen Bundesbürger. Die symptomatische Behandlung der Insomnie mit Schlafmitteln ist weit verbreitet. Schlafmittel stellen allerdings keine kausale Therapie dar und haben aus diesem Grunde keine heilende Wirkung. Dies dürfte vermutlich einer der Faktoren sein, warum nach internationalen Studien mehr als 70 % der Betroffenen länger als ein Jahr und fast 50 % länger als drei Jahre an dieser Erkrankung leiden.
Nationale wie internationale Fachverbände fordern schon seit längerem, dass die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I), die in vielen Fällen als kausales Behandlungsverfahren betrachtet wird, als Behandlungsmethode der ersten Wahl eingesetzt wird. So könnte der hohen Chronifizierungsneigung von Insomnien, deren Begleiterkrankungen, sowie dem erhöhten Risiko für Arbeits- und Verkehrsunfälle wirksamer begegnet werden.
Allerdings ist die Verfügbarkeit dieser verhaltenstherapeutischen Angebote in Deutschland nicht hoch. Aus diesem Grunde schlägt die deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) ein gestuftes Vorgehen auch mittels telemedizinischer Methoden zur Behandlung der großen Zahl von Patienten mit Schlafstörungen in Deutschland vor. Dieses Stepped-Care Modell orientiert sich an internationalen Empfehlungen zur gestuften Behandlung der großen Zahl an Menschen in den modernen 24 Stunden Non-Stopp Gesellschaften. Im Symposion werden die verschiedenen Stepped Care Ansätze zur Behandlung von Insomnien vorgestellt.
Strukturmodell zur schlafmedizinischen Versorgung der DGSM
Thomas Penzel, Berlin (Germany)
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Thomas Penzel, Berlin (Germany)
Schlafmedizin ist ein kleines Querschnittfach. Von Schlafstörungen sind jedoch viele Patienten betroffen. Es gibt nur wenige voll ausgestattete schlafmedizinische Zentren. Daher schlägt die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin ein Strukturmodell zur schlafmedizinischen Versorgung vor. Das Strukturmodell ist aus einem Versorgungsmodell erwachsen, welches die aktuelle Versorgung aufgreift und versucht diese zu verbessern. Einige überregionale schlafmedizinische Zentren bieten die gesamte interdisziplinäre Kompetenz mit Aus- und Weiterbildung. Weitere schlafmedizinische Zentren dienen als Referenzzentren und können ebenfalls interdisziplinär arbeiten. Eine größere Anzahl von Schlaflaboren ist dann an die Mutterdisziplinen angeschlossen und versorgt psychiatrische, neurologische, pneumologische, kardiologische, pädiatrische Patienten. Darüber hinaus gibt es Fachärzte, die eine schlafmedizinische Zusatzausbildung haben und als solche eine ambulante Betreuung von Patienten mit Schlafstörungen durchführen können. Eine solche Struktur kann eine flächendeckende Versorgung ermöglichen, ist jedoch noch nicht vollständig aufgebaut. Auch eine hausärztliche Weiterbildung in Schlafmedizin kann helfen, dieses Strukturmodell auf- und auszubauen und damit eine fundierte schlafmedizinische Versorgung zu ermöglichen. Die Versorgungsebenen sind dann:
Schlafmedizinisches Zentrum mit Aus- und Weiterbildung
Schlafmedizinisches Zentrum
Schlafmedizinisches Labor
Schlafmediziner.
Young P, Penzel T. Schlafmedizin in Deutschland: Aktuelle Versorgung und Perspektiven. Nervenheilkunde 2019; 38: 120-124 doi: 10.1055/a-0819-5838
Die Rolle des Haus- und Facharztes in der Behandlung der Insomnie
Kai Spiegelhalder, Freiburg im Breisgau (Germany)
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Kai Spiegelhalder, Freiburg im Breisgau (Germany)
Ein- oder Durchschlafstörungen, die sich negativ auf die Leistungsfähigkeit oder Tagesbefindlichkeit auswirken, werden als Insomnien bezeichnet. Diese sind eine der häufigsten Erkrankungen, denen Ärzte in der klinischen Versorgung der Allgemeinbevölkerung begegnen und betreffen in chronischer Form etwa 5-10% der Bevölkerung in westlichen Industrienationen und bis zu 20% der Patienten in Hausarztpraxen. Besonders wichtig ist, dass die chronische Insomnie krankheitsübergreifend auftritt. Bei nahezu allen körperlichen und psychischen Erkrankungen kommt es begleitend auch zu Schlafstörungen, wobei die Insomnie den Verlauf vieler dieser Erkrankungen negativ beeinflusst. Dementsprechend führt eine Verbesserung des Schlafs auch zu einer Besserung der körperlichen und psychischen Erkrankungen, beispielsweise im Bereich von chronischen Schmerzerkrankungen und Depressionen. Die Insomnie ist allerdings auch ein wichtiger Risikofaktor für die erstmalige Entwicklung von körperlichen und psychischen Erkrankungen, v.a. von der koronaren Herzerkrankung und der unipolaren Depression. Die in den letzten Jahren veröffentlichten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, der European Sleep Research Society sowie des American College of Physicians empfehlen die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien als Behandlungsmethode der ersten Wahl. Eine pharmakologische Behandlung von Insomnien wird in den genannten Leitlinien dagegen nicht empfohlen. Im Vortrag werden die Rolle von Haus- und Fachärzten in der Diagnostik und Behandlung der Insomnie diskutiert sowie mögliche Lösungen für eine aktuell beobachtbare Unter- und Fehlversorgung von Insomnien vorgestellt.