Raum:
Saal A6 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 02: Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen, Verhaltenssüchte, F1
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Die DG-Sucht und die DGPPN haben jüngst neue Behandlungsleitlinien zu den alkohol-, tabak- und medikamentenbezogenen Störungen herausgegeben. An der Überarbeitung der Alkohol- und Tabakleitlinien wirkten 50 Fachgesellschaften mit. Die erste Auflage der AWMF-S3-Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen wurde von 41 Fachgesellschaften konsentiert. Aktuell wird eine AWMF-S1-Behandlungsleitlinie zu den internetbezogenen Störungen erstellt.
Im Symposium referiert Falk Kiefer über neue und am individuellen Bedarf adaptierte Empfehlungen zu den alkoholbezogenen Störungen – von der Trinkmengenreduktion bis zu lebenslanger Abstinenz, von der offenen Selbsthilfe bis zur vollstationären psychotherapeutischen Rehabilitation. Die Empfehlungen sollen dazu beitragen, dass mehr Betroffene als bisher durch Therapieangebote erreicht werden.
Anil Batra berichtet über Empfehlungen aus der S3-Leitlinie zu den tabakbezogenen Störungen. Er plädiert dafür, dass angesichts der bevölkerungsweiten Bedeutung des Tabakkonsums die Beratungsangebote und die therapeutischen Interventionen zum Rauchstopp systematisch im Gesundheitswesen verankert und als fester Bestandteil in die Fort- und Weiterbildung integriert werden sollten.
Ursula Havemann-Reinecke stellt bei der Darstellung der Empfehlungen der Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen heraus, dass aktuelle Daten auf eine Zunahme des Konsums hoch potenter Opioide hinweisen. Andere relevante Stoffgruppen mit hohem Missbrauchspotenzial betreffen die Benzodiazepine, Gabapentinoide, Cannabinoidmedikamente, Stimulanzien sowie nicht-opioide Schmerzmittel.
Hans-Jürgen Rumpf referiert über die S1-Leitlinie zu den internetbezogenen Störungen. Internetnutzungsstörungen beziehen sich auf die Computerspielstörung, die Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung, die Shoppingstörung sowie die Pornografienutzungsstörung. In der Leitlinie werden Behandlungsempfehlungen für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche abgeleitet.
Aktualisierung der S3-Leitlinie Tabakbezogene Störungen
Anil Batra, Tübingen (Germany)
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Autor:in:
Anil Batra, Tübingen (Germany)
Hintergrund: Die S3-Leitlinie zur Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums (Batra et al. 2015), die 2014 erstmals publiziert worden war, verlor 2019 ihre Gültigkeit.
Ziel: Ziel der Überarbeitung war die Aktualisierung der Evidenz, die Prüfung der Empfehlungsgrade auf der Basis neuer Literatur sowie die Prüfung der Notwendigkeit neuer Empfehlungen bzw. eine Streichung überflüssiger oder veralteter Empfehlungen.
Methode: Der Überarbeitungsprozess konnte nach erfolgter Literaturrecherche, Auswertung der Literatur, Erstellung von Evidenztabellen, Überarbeitung von Empfehlungen, Hintergrundtexten sowie erfolgter Online-Vorababstimmungen auf der Konsensuskonferenz am 30.06.2020 abgeschlossen werden. Im Dezember 2020 trafen die letzten Voten beteiligter Fachgesellschaften ein, im Januar 2021 wurde die Überarbeitung der Leitlinie unter Federführung der DGPPN und DG-Sucht in Kooperation mit 50 beteiligten Fachgesellschaften veröffentlicht.
Resultate: Aus dem Überarbeitungsprozess resultierten 80 Empfehlungen in 10 Arbeitsgruppen nach Auswertung von 224 systematischen Reviews und RCT’s. Neuerungen ergaben sich im Bereich des Screenings und der Diagnostik, der Psychotherapie und Pharmakotherapie aber auch der störungsspezifischen Vorgehensweise.
Schlussfolgerung: Die o.g. „S3-Leitlinie Tabakabhängigkeit“ (AWMF 2021) ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die aktuellste Leitlinie zur Behandlung tabakbezogener Störungen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die angepasstere Formulierung zum Screening, die Aufnahme der achtsamkeitsbasierten Methoden in die Liste psychotherapeutischer Interventionen, die Empfehlungen zur medikamentösen Rezidivprophylaxe, die angepassten Formulierungen zur Anwendung von Vareniclin und Bupropion und die Neuaufnahme von Cytisin durch Zulassung im Dezember 2020.