Veränderungen des Schlafs in psychischen Erkrankungen können mit der Elektroenzephalographie erfasst werden und zu einem besseren Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse im Gehirn beitragen.
Zuerst wird Marcel Zeising in seinem Vortrag auf Wechselwirkungen zwischen Psyche und Schlaf in der Depression eingehen. In der vorgestellten Studie zeigt sich, dass die Herzfrequenzvariabilität im Schlaf depressiver Patienten im Vergleich zu Gesunden deutlich eingeschränkt war und diese mit der reduzierten Schlafqualität korrelierte.
Die präfrontale Theta Cordance (pf-TC) ist ein quantitativer EEG Biomarker, der mit der frontocingulären Dysfunktion bei Majoren Depressionen korreliert. Misst man die pf-TC im REM-Schlaf, so kann man bereits nach einer Woche mit hoher Zuverlässigkeit das Ansprechen auf eine antidepressive Therapie vorhersagen. Thorsten Mikoteit zeigt erste Ergebnisse einer prospektiven, randomisiert kontrollierten Studie. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe konnte durch die biomarkergeleitete Therapie die Rate der Therapieversager signifikant reduziert werden.
Abstinente Alkoholabhängige benennen häufig Schlafprobleme als Rückfallgrund. Es gibt Hinweise darauf, dass Veränderungen im REM-Schlaf besonders rückfallprädiktiv sind. Anhand mehrerer durchgeführter Studien sollen hier die Zusammenhänge zwischen nächtlicher Gedächtniskonsolidierung und Schlafveränderungen mit einem frühen Rückfall dargestellt werden.
Abschließend geht Robert Göder auf Schlafspindeln als Biomarker psychotischer Erkrankungen ein. Schlafspindeln sind Graphoelemente des Non-REM-Schlafs und werden in thalamo-kortikalen Netzwerken generiert. Sie sind in der Schizophrenie typischerweise reduziert und stehen sowohl mit Gedächtnisstörungen als auch psychopathologischen Auffälligkeiten bei dieser Erkrankung in Verbindung. In dem Vortrag werden neueste Studienergebnisse präsentiert und die zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen sowie Ansatzpunkte für neuartige Therapien diskutiert.
Präfrontale Theta-Cordance im REM-Schlaf zur Steuerung der Depressionsbehandlung
Thorsten Mikoteit, Solothurn (Switzerland)
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Autor:in:
Thorsten Mikoteit, Solothurn (Switzerland)
Einleitung: Die Präfrontale Theta-Cordance im REM-Schlaf (PTC-R) hat sich als früher Prädiktor des Ansprechens auf eine Antidepressiva (AD)- Therapie bei Depressionen bewährt. Wir zeigen nun erste Ergebnisse einer kontrollierten, randomisierten Studie zum prospektiven Einsatz der PTC-R zur präzisen AD-Therapiesteuerung.
Patienten und Methoden: 37 Patienten mit einer Majoren Depression wurden entweder in die Interventions- (IG, N = 22, mittleres Alter: 39.5 Jahre; 45.5% Frauen) oder in die Kontrollgruppe (KG, N = 15, mittleres Alter: 45.4 Jahre; 46.7% Frauen) randomisiert. Die PTC-R wurde eine Woche nach Therapiebeginn in beiden Gruppen bestimmt. Während in der KG ohne Wissen der PTC-R die AD-Therapie unverändert fortgeführt wurde, wurde in der IG die Prädiktion durch die PTC-R offengelegt, und im Falle einer negativen Vorhersage die Behandlungsstrategie sofort geändert. Die Schwere der Depression wurde zu den Zeitpunkten Woche 0, Woche 1 und Woche 5 mittels Hamilton Depressionsskala (HAMD) erfasst. Eine HAMD-Reduktion um mehr als 50% zum Zeitpunkt Woche 5 galt als Response.
Ergebnisse: Die Ansprechrate betrug 16/22 (72.7%) in der IG vs. 9/15 (60%) in der KG. War die PTC-R Vorhersage in der IG negativ, so wurden durch Therapieumstellung noch 85.7% der Patienten zum Zeitpunkt Woche 5 Responder, während das in der KG ohne Therapieumstellung nur in 20% der Fälle eintraf (F = 4.18, p = .03, η2 = .29). Im Vergleich dazu gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Depressionsverlauf der IG und der KG, wenn die PTC-R ein Ansprechen prädizierte und das Antidepressivum beibehalten wurde (F = .26, p = .77).
Schlussfolgerung: Die PTC-R erweist sich als zuverlässiger prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf eine Antidepressiva-Therapie. Insbesondere scheint es bereits nach einer Woche möglich zu sein, ungünstige Verläufe zu identifizieren und durch Änderung der Therapie ein Non-Response zu vermeiden.