In den letzten Jahren sind für eine grundlegende Reform der psychiatrischen Versorgungsstrukturen in Deutschland mehrere Konzepte vorgelegt worden, etwa von Steinhart und Wienberg, der DGPPN, der Friedrich-Ebert-Stiftung oder dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der Lage im Gesundheitswesen.
Mit dem Bundesteilhabegesetz sowie einigen Veränderungen im SGB V (StäB, Richtlinie gemäß § 92 Abs. 6b, Erweiterungen des Einsatzes von Soziotherapie und psychiatrischer häuslicher Krankenpflege), sind Verbesserungen in Richtung auf eine leitliniengerechte Gesamtversorgung für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen auf den Weg gebracht worden, die aber hinter den Empfehlungen der einschlägigen S3-Leitlinie noch deutlich zurückbleiben. Der vom Gesundheitsministerium initiierte, breit angelegte „Psychiatriedialog“, hat in der abgelaufenen Legislaturperiode noch einmal den Reformstau deutlich gezeigt. In der Erwartung, dass der Dialog die erforderliche Fortsetzung erfährt, sollen in diesem Symposium einige Eckpunkte aufgezeigt werden.
Aus Sicht der Psychiatrieerfahrenen plädiert Elke Prestin dafür, den Psychiatriedialog in einen weiter gefassten Aufbruch im Sinne einer „neuen Enquête-Bewegung“ zu integrieren. Ihr Impulsvortrag nimmt das Spannungsfeld zwischen visionärem Denken und realpolitischem Handeln in den Blick.
In der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Expertengruppe zur Verbesserung der Hilfen für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil, sind Handlungsempfehlungen erarbeitet worden, die in ihrem Fokus auf komplexen SGB übergreifenden Hilfen und Einbeziehung der gesamten Familie, Änderungen im SGB V erfordern. Birgit Görres berichtet in ihrem Beitrag über die Empfehlungen der Sachverständigenkommission zu Familien mit psychisch- oder suchtkranken Eltern und bewertet den Stand der bisherigen Umsetzung.
Irmela Boden stellt die Anforderungen der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen an die Weiterentwicklung der Versorgung dar; hinsichtlich der Förderung der Autonomie psychisch erkrankter Menschen und der Notwendigkeit niederschwelliger, präventiver Angebote des Versorgungssystems für Angehörige in Krisensituationen.
Der abschließende Beitrag von Nils Greve fasst den Stand der Fachdiskussionen zu SGB- und sektorenübergreifenden „Komplexleistungen“ im Überblick zusammen und leitet daraus nächste Schritte für eine leitliniengerechte Strukturierung der regionalen Versorgung ab.