Raum:
A8 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 08: Störungen mit enger Beziehung zum Kindes- und Jugendalter, F7–9
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Obwohl bei der kindlichen ADHS geschlechterspezifische Unterschiede sowohl bzgl. der Prävalenz als auch in der Symptomatologie als etabliert gelten, ist ihre Bedeutung bei adulten ADHS Patient*innen unklar. Es gibt zwar mittlerweile einige evidente Befunde für Geschlechterunterschiede in den Bereichen Prävalenz, Komorbidität und Grad der Beeinträchtigung, weitere wichtige Bereiche wie Pharmakotherapie, Neurobiologie und Psychotherapie sind allerdings bislang kaum wissenschaftlich untersucht. Aufgrund der fehlenden Evidenz finden geschlechterspezifische Aspekte weder in den Diagnosekriterien noch in den diagnostischen Instrumenten bei ADHS-Patient*innen Berücksichtigung.
Der erste Beitrag beleuchtet die geschlechterspezifischen Unterschiede komorbider psychischer Störungen bei adulter ADHS. Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung einer elterlichen ADHS und deren Behandlung in der Perinatalzeit. Der dritte Vortrag geht der Frage nach, ob Geschlechterunterschiede in der zerebralen Verarbeitung von Emotionen bei adulten ADHS- Patient*innen existieren. Im letzten Vortrag werden die geschlechtsspezifischen Unterschiede einer kognitiven Funktionsanalyse bei ADHS- Patient*innen berichtet.
ADHS der Eltern und dessen Behandlung in der Peripartalzeit
Sarah Kittel-Schneider, Würzburg (Germany)
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Autor:in:
Sarah Kittel-Schneider, Würzburg (Germany)
Es ist nach wie vor weitgehend unklar, wie sich ADHS bei der Mutter auf Schwangerschaft und Geburt sowie auf die frühe Mutter-Kind-Interaktion auswirken könnte. Es gibt mehrere Studien, in denen die Auswirkungen von depressiven oder ängstlichen Eltern auf die Eltern-Kind-Interaktionen im frühen Säuglingsalter untersucht wurden, aber es fehlen Daten über den Einfluss der elterlichen ADHS, obwohl es sich um eine häufige psychische Erkrankung bei Eltern handelt. Darüber hinaus werden erwachsenen ADHS-Patienten immer häufiger Stimulanzien und andere ADHS-Medikamente verschrieben, da Psychiater und Psychologen diese Erkrankung im Erwachsenenalter stärker wahrnehmen. Dies führt jedoch dazu, dass immer mehr behandelte ADHS-Patientinnen einen Kinderwunsch haben oder ungeplante Schwangerschaften erleben, während sie Stimulanzien einnehmen. In unserer systematischen Übersichtsarbeit untersuchten wir die aktuelle Evidenz für den Zusammenhang zwischen mütterlicher ADHS und Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, Schwangerschaftsrisiken und Gesundheitsverhalten in der Schwangerschaft sowie den Zusammenhang zwischen elterlicher ADHS und der frühen Eltern-Kind-Interaktion und der Entwicklung des Kindes in den ersten drei Jahren analysieren. Darüber hinaus haben wir die jüngsten Erkenntnisse über die Risiken einer Behandlung von ADHS mit und ohne Stimulanzien in der Schwangerschaft und Stillzeit geprüft. ADHS ist mit einem erhöhten Risiko für Teenagerschwangerschaften assoziiert. Stimulanzien scheinen das Fehlbildungsrisiko nicht signifikant zu erhöhen. Methylphenidat, nicht aber Amphetamin, wird mit Plazenta-Funktionsstörungen und perinatalen Komplikationen in Zusammenhang gebracht, die ADHS an sich scheint aber auch mit Schwangerschaft- und Geburtskomplikationen assoziiert. Es gibt Auswirkungen einer elterlichen ADHS auf die Interaktion mit dem Säugling und Kleinkind, die Datenlage ist aber sehr spärlich diesbezüglich.
Geschlechterunterschiede in der kognitiven Funktionsanalyse bei adulten ADHS-Patient*innen
Maria Strauß, Leipzig (Germany)
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Autor:in:
Maria Strauß, Leipzig (Germany)
Hintergrund: Epidemiologische Studien haben wiederholt gezeigt, dass das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen ADHS-Betroffenen unterschiedlich ist. Auch gibt es Hinweise, das Geschlechterunterschiede in der ADHS-spezifischen Psychopathologie existieren. Allerdings sind diese Unterschiede und deren Hintergründe noch nicht hinreichend untersucht. Ziel dieser Studie war es mittels einer computergestützten Leistungsbewertung, Geschlechtsunterschiede in der kognitiven Leistung bei ADHS-Betroffenen zu erfassen.
Methodik: In die Studie wurden 69 ADHS Patient*innen (Männer =41, Frauen=28) eingeschlossen. Die Untersuchung erfolgte in der ADHS-Ambulanz des Universitätsklinikums Leipzig. Die Diagnose ADHS wurde gemäß den DSM-IV-Kriterien gestellt. Der Schweregrad der ADHS-Symptomatik wurde mittels der „Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten für Erwachsene“ (CAARS) erfasst. Zur kognitiven Leistungserfassung wurde die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) eingesetzt. Hierbei kamen folgende Sub-Tests zum Einsatz: „Alertness“, Go/NoGo-Paradigma, Arbeitsgedächtnis-Sub-Test.
Ergebnisse: Die Selbstbeurteilung des aktuellen Schweregrades der ADHS Symptomatik mittels CAARS ergab keine Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Betroffenen. Im computergestützten TAP-Test konnten jedoch signifikante Geschlechterunterschiede gezeigt werden: im Arbeitsgedächtnis-Subtest reagierten Frauen langsamer sowie instabiler und machten mehr Fehler. Auch beim Go/NoGo Paradigma reagierten die weiblichen Betroffenen auf die Stimuli langsamer und instabiler.
Zusammenfassung: Unsere Untersuchung mittels TAP ergab geschlechterspezifische Unterschiede sowohl im Arbeitsgedächtnis als auch in der Verhaltenskontrolle bei erwachsenen ADHS Patient*innen. Weitere kontrollierte Studien sind nötig um diese Unterschiede besser einordnen zu können, insbesondere mit Blick auf Funktionsstörungen, psychiatrische Komorbiditäten und mögliche Konsequenzen in der Behandlung der Patient*i