Die DG-Sucht und die DGPPN haben jüngst neue Behandlungsleitlinien zu den alkohol-, tabak- und medikamentenbezogenen Störungen herausgegeben. An der Überarbeitung der Alkohol- und Tabakleitlinien wirkten 50 Fachgesellschaften mit. Die erste Auflage der AWMF-S3-Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen wurde von 41 Fachgesellschaften konsentiert. Aktuell wird eine AWMF-S1-Behandlungsleitlinie zu den internetbezogenen Störungen erstellt.
Im Symposium referiert Falk Kiefer über neue und am individuellen Bedarf adaptierte Empfehlungen zu den alkoholbezogenen Störungen – von der Trinkmengenreduktion bis zu lebenslanger Abstinenz, von der offenen Selbsthilfe bis zur vollstationären psychotherapeutischen Rehabilitation. Die Empfehlungen sollen dazu beitragen, dass mehr Betroffene als bisher durch Therapieangebote erreicht werden.
Anil Batra berichtet über Empfehlungen aus der S3-Leitlinie zu den tabakbezogenen Störungen. Er plädiert dafür, dass angesichts der bevölkerungsweiten Bedeutung des Tabakkonsums die Beratungsangebote und die therapeutischen Interventionen zum Rauchstopp systematisch im Gesundheitswesen verankert und als fester Bestandteil in die Fort- und Weiterbildung integriert werden sollten.
Ursula Havemann-Reinecke stellt bei der Darstellung der Empfehlungen der Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen heraus, dass aktuelle Daten auf eine Zunahme des Konsums hoch potenter Opioide hinweisen. Andere relevante Stoffgruppen mit hohem Missbrauchspotenzial betreffen die Benzodiazepine, Gabapentinoide, Cannabinoidmedikamente, Stimulanzien sowie nicht-opioide Schmerzmittel.
Hans-Jürgen Rumpf referiert über die S1-Leitlinie zu den internetbezogenen Störungen. Internetnutzungsstörungen beziehen sich auf die Computerspielstörung, die Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung, die Shoppingstörung sowie die Pornografienutzungsstörung. In der Leitlinie werden Behandlungsempfehlungen für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche abgeleitet.
Bis zu einem Drittel aller Depressionen nehmen einen chronischen Verlauf. Persistierende Depressionen werden in den Klassifikationssystemen der ICD-11 und des DSM-5 unterschiedlich aufgeführt. Die meisten Patienten berichten einen frühen Beginn vor dem 21. Lebensjahr und von frühen zwischenmenschlichen Traumatisierungen, insbesondere emotionale Vernachlässigung oder Missbrauch. Außerdem weisen persistierende depressive Störungen im Vergleich zu akut-episodischen Depressionen eine höhere Komorbiditätsrate, eine stärkere Beeinträchtigung der sozialen Leistungsfähigkeit, kleinere soziale Netzwerke, stark ausgeprägtes Vermeidungsverhalten sowie einen feindselig-submissiven Beziehungsstil auf und zeigen häufigere Suizidversuche, Behandlungsresistenz und Hospitalisierungen. In diesem Rahmen gelten sie auch als schwierig zu behandeln, etwa knapp die Hälfte scheint therapieresistent, wobei es keinen Konsens zur Definition des Begriffs Therapieresistenz gibt. Gleichzeitig könnten diese Charakteristika im Sinne einer individualisierten Behandlung als spezifische therapeutische Targets dienen.
Chronisch depressive Patienten sprechen allgemein weniger gut auf psychotherapeutische und pharmakologische Behandlung an als akut episodisch Depressive oder sie benötigen höhere „Dosen“ und eine längere Behandlungsdauer, um eine Verbesserung zu erreichen. Ungefähr die Hälfte der persistierend depressiven Patienten sind Nonresponder auf Psycho- oder Pharmakotherapie, weitere 20% erreichen keine Remission. Zum Vergleich psycho- und pharmakologischer Ansätze liegen uneinheitliche Ergebnisse vor. Dabei ist die in den meisten Studien vor allem bei der Dysthymie sehr kurze Behandlungsdauer zu berücksichtigen, in der sich die Wirksamkeit von Psychotherapie nicht voll entfalten kann. Dazu sind mindestens 18 Sitzungen nötig. In den gängigen Leitlinien wird eine Kombination beider Methoden empfohlen, die Behandlungspräferenz erwies sich dabei als Moderator für das Ansprechen auf die Therapie.
Einleitung: Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft stellt die Adipositas-Chirurgie im Hinblick auf die Adipositas Grad II und III das Mittel der Wahl im Hinblick auf eine nachhaltige Gewichtsreduktion und Besserung begleitender metabolischer, kardiovaskulärer und onkologischer Risikofaktoren dar. In der Regel ist nicht nur eine klinisch signifikante und persistierende Gewichtsabnahme zu beobachten, sondern auch eine hohe Rückbildungsrate Adipositas-assoziierter somatischer Erkrankungen und eine Besserung des psychosozialen Funktionsniveaus und der Lebensqualität. Psychische Störungen, insbesondere unipolare Depressionen zeigen sich postoperativ rückläufig. Dies gilt insbesondere für kürzere Katamnesen (bis zu drei Jahren). Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Schwerpunkt des Vortrags wird die Diskussion der Lebensqualität und der bei Adipositas häufigsten komorbiden psychischen Störungen wie Essstörungen, Depression und Sucht sein.
Methoden: narratives Review
Ergebnisse: Essstörungen nehmen kurzfristig nach der bariatrischen Operation ab, scheinen aber im Verlauf wieder zuzunehmen. Bezogen auf Studien mit kurzer (< 3 Jahre) und mittlerer Katamnese (3 – 6 Jahre) sinkt die Prävalenz depressiver Störungen, während die Prävalenz von schädlichem Gebrauch von Alkohol, insbesondere nach Bypass-Operationen zuzunehmen scheint. Kurz- und mittelfristig steigt bei der Mehrzahl der Patienten die Lebensqualität. Studien mit längeren Katamnesen(>6 Jahre) kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen.
Schlußfolgerungen: Die Mehrzahl der Studien mit kurzer und mittlerer Katamnese spricht für eine Besserung psychischer Symptome bzw. Störungen. Die Ergebnisse der Studien mit längerer Katamnese weisen divergente Befunde auf. Der prädiktive Wert einer präoperativen psychiatrischen, psychosomatischen oder psychologischen Stellungnahme wird diskutiert.
Die Digitalisierung in der Medizin hat insbesondere im Bereich der psychischen Erkrankungen durch die SARS-CoV2-19-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Dabei sind in kurzer Zeit nicht zuletzt durch die bestehenden Kontaktbeschränkungen telemedizinische Versorgungsansätze für alle Altersgruppen vom Kindesalter bis zum Senium breit in der Versorgung aufgegriffen worden. Hierbei sind in der Regel bestehende Therapieformate im Sinne einer Transformation in telemedizinische Anwendungen übertragen worden. Diese Entwicklung wird auch gesundheitspolitisch stark befördert, wodurch Rahmenbedingungen auch für innovative Ansätze mit Digitalen Gesundheitsanwendungen entstehen. Die Entwicklungen in der Digitalisierung bieten die Chance für neue und ortsunabhängige Zugänge zu Therapie, die Entwicklung digital-gestützter innovativer Behandlungsformate oder eine genauere Erhebung diagnostisch relevanter Daten durch Mobiles Assessment. Jedoch bestehen in der Anwendung der telemedizinischen Zugänge bei psychischen Erkrankungen auch Fragen zur Datensicherheit, technischer Umsetzbarkeit, Therapieadhärenz mit Aspekten der therapeutischen Beziehung und generell dem wissenschaftlichen Nachweis der Effektivität von telemedizinischer Behandlung. Dabei zeichnen sich unterschiedliche Bedarfe und Präferenzen über die Altersspanne von z.B. „Digital Natives“ und älteren Patienten ab. Das gemeinsame Symposium der DGKJP und DGPPN widmet sich diesem altersübergreifend hoch relevanten und zukunftsorientierten Thema.
Live-Stream des Industriesymposiums & On-Demand
Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein wissenschaftlich und klinisch fundiertes, modernes und sicheres Behandlungsverfahren. Seit einigen Jahrzehnten wird an biologischen Alternativ-Therapien zur EKT geforscht, die bei ähnlicher Wirkung mit weniger Nebenwirkungen einhergehen sollen. Vor mehr als 25 Jahren, 1994, verkündete Zyss das Ende der EKT durch den Einsatz der transkraniellen Magnetstimulation (TMS). Das Verfahren wurde seither technisch weiterentwickelt und in klinischen Studien randomisiert, kontrolliert und prospektiv untersucht. Zunächst werden die heutigen Indikationsbereiche und die Wirkstärke der repetitiven TMS (rTMS) dargestellt. Weiter wird thematisiert, welchen Fortschritt wir von der repetitiven, paired und tripple pulse oder theta burst Technik noch zu erwarten haben und welche Abgrenzung sich zur transkraniellen Gleischstromstimulation (tDCS) und zur EKT derzeit ergibt? Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit den neuromodulatorischen Effekten der rTMS, die über das direkt stimulierte Kortexareal hinausgehen. Darauf basierend wird die Wirkung auf die kortikale Exzitabilität sowie die Hirnstruktur und -funktion thematisiert und mögliche Zusammenhänge mit therapeutischen Wirkungen diskutiert. Als weitere Option zur Behandlung therapieresistenter depressiver Patienten wird seit 2004 der Wirkstoff Ketamin diskutiert. Die Substanz wirkt als Antagonist am glutamatergen NMDA Rezeptor und wurde bisher intravenös verabreicht. Nun ist auch die nasale Verabreichung des Razemats möglich. Im dritten Beitrag wird die Effektstärke der (Es)-Ketamin Anwendung sowie die Einordung des Wirkstoffes in einen Behandlungsalgorithmus beschrieben. Der letzte Vortrag stellt die Weiterentwicklung der EKT vor und zeigt, dass sie sich klinisch neben den anderen Verfahren behaupten konnte. Derzeit bleibt offen, ob rTMS, tDCS, Ketamin und EKT zukünftig als sequentielle Alternativen, als parallele Augmentierung oder mit unterschiedlichen Indikationen angewendet werden sollen.
Der Beziehung zwischen Therapeut und Patient kommt in der Psychotherapie eine wichtige Rolle zu. Sie ist nicht nur eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Kooperation sondern wird selbst als wichtiges therapeutisches Agens angesehen Es gibt in den verschiedenen Psychotherapieverfahren unterschiedliche Akzentsetzungen wie das Abstinenzgebot in der psychodynamisch/psychoanalytischen Psychotherapie, die Parameter der Wärme und emotionalen Empathie in der klientenzentrierten Psychotherapie, oder das Arbeitsbündnis in der Verhaltenstherapie. Daneben gibt es auch störungsspezifisch unterschiedliche Anforderungen an die therapeutische Beziehung.
Trotz dieser Varianten in der Beziehungsgestaltung gibt es auch transdiagnostische Beziehungsmerkmale. In dem Symposium zu Transdiagnostischen Variationen der therapeutischen Beziehung wird M. Linden anhand empirischer Daten die Unterschiede bezüglich der „Beziehung“ in Abhängigkeit davon darstellen, aus welcher Perspektive ist sie betrachtet wird. C. Lammers wird das Prinzip der komplementären Beziehungsgestaltung darstellen. J. Lindenmeyer wird am Beispiel des alkoholabhängigen Patienten beschreiben, welche Rolle Reaktanz in der therapeutischen Beziehung spielt. B. Strauß fasst aus psychodynamischer Sicht die grundsätzliche Bedeutung der Beziehungsgestaltung zusammen.
Das Symposium fügt sich ein in einem aktuellen Arbeitsschwerpunkt im Referat Psychotherapie unter dem Obertitel der transdiagnostischen Psychotherapie.
Menschen mit psychischen Störungen und insbesondere mit schweren Krankheitsverläufen benötigen oft komplexe Hilfen im Bereich Behandlung, Medizinischer Rehabilitation, soziale und berufliche Teilhabe sowie Pflege. Mit dem „Personenzentrierten Ansatz“ hat die Aktion Psychisch Kranke ein Konzept zur Umsetzung einer leistungsträgerübergreifenden Versorgung vorgelegt. Im Dialog des BMG zu Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen stand in der letzten Legislatur der SGB V – Bereich im Mittelpunkt. Als notwendiger nächster Schritt für die nächsten Legislatur ist der aktuelle Weiterentwicklungsbedarf in der Verknüpfung mit den anderen Leistungsbereichen in den Fokus zu rücken.
Ausgehend von den Ergebnissen des Dialogs in Bezug auf die Kooperationsgebote und die Personenzentrierung im SGB V, die kurz von Prof. Brieger dargestellt werden, sollen die gesetzlichen und konzeptionellen Weiterentwicklungen thematisiert werden, z.B. in Bezug auf
- Chancen durch das Bundesteilhabegesetz für eine leistungsträgerübergreifende Versorgung – eine erste Bilanz (Matthias Rosemann)
- Pflege und rehabilitative Ansätze im Alter – Modelle für die Zukunft (Prof. Dr. Michael Rapp)
- Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung – gemeinsame Verantwortung von Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsförderung (Prof. Dr. Katarina Stengler)
Insgesamt liegen wenig nationale und internationale Erkenntnisse vor, wie viele Menschen mit psychischen Erkrankungen von Wohnungslosigkeit betroffen sind bzw. in prekären Wohnverhältnissen leben.
Dieses Symposium präsentiert Methoden und Ergebnisse aktueller empirischer Studien aus Deutschland und der Schweiz. Es werden Erhebungen über die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei wohnungslosen Menschen und Risikoprofile vorgestellt. Ferner werden Versorgungspfade der von Wohnungslosigkeit betroffenen psychisch erkrankten Personen aufgezeigt.
S. Gutwinski stellt die Ergebnisse der Berliner WOHIN-Studie vor. Es werden die Einflussgrößen der Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen aufgezeigt im Hinblick auf Präventionsmöglichkeiten von Wohnungslosigkeit.
Es folgt die Präsentation der Forschungsergebnisse zur Wohnforschung im Kontext der psychiatrischen Versorgung in der Schweiz durch M. Jäger. Dabei geht der Referent der Frage nach, wie Wohnungslosigkeit und psychische Gesundheit miteinander verknüpft sind und welche Hilfsangebote in der deutschsprachigen Schweiz für Betroffene bestehen.
I. Haussleiter stellt die Ergebnisse einer retrospektiven Routinedatenanalyse zweier großer psychiatrischer Klinikverbünde aus der WohnLos-Studie aus NRW vor, um u.a. die Prävalenz von Wohnungslosigkeit bei Patient*innen in stationärer psychiatrischer Behandlung aufzuzeigen. Zudem wird gezeigt, wie viele der erkrankten Patient*innen nicht entlassen werden konnten, weil geeigneter Wohnraum fehlte.
J. Heinz betrachtet das stationäre Entlassungsmanagement bei psychisch erkrankten Personen in NRW, die in prekären Wohnverhältnissen lebten oder wohnungslos waren. Daneben werden die Zugangswege der psychisch erkrankten Personen in Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation nachgezeichnet.
Die Zuhörenden des Symposiums erhalten einen Überblick zu aktuellen Forschungsergebnissen und Handlungsempfehlungen zur Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen.
Stress-related mental disorders are the most prevalent and cost-intensive disorders of our time. On the other hand, resilience, i.e. maintaining or regaining mental health despite stressors, is a frequent phenomenon. Since several years, resilience research is undergoing a period of transition. Based on a new understanding of resilience as dynamic process, new approaches were proposed. This symposium will present current results and conceptual developments of neurobiological resilience research. Introducing the symposium, Prof. Tüscher presents the frequent stressor and mental health monitoring (FRESHMO)-paradigm. First behavioral and fMRI results from the Longitudinal Resilience Assessment Study (LORA) & Mainz Resilience Project (MARP) resilience studies exemplifying FRESHMO operationalization and measurement of resilience for the identification of resilience processes in longitudinal studies will be shown. The potential of high-frequency monitoring will be further illustrated by the example of even higher frequency sampling in case of the Corona crisis as an ubiquitous stressor by M.Sc. Ahrens. This approach has led to the identification of different respondent groups and resilient factors in the context of a major natural and societal stressor. The question which genetic factors can predict resilience will be addressed by Prof. Plichta. Analyses of polygenic risk and resilience scores as neurobiological resilience predictors are derived from the LORA study and will be discussed in terms of their ability to explain significant variance in resilience in comparison to self-reported resilience factors. The symposium is concluded by presentation of neuropsychological predictors of resilience by Dr. Kollmann. Emotional interference control is a postulated cognitive mechanism of positive appraisal as a major resilience mechanism. The talk discusses the importance of the mechanism and clinical implications of the results for the prevention of stress-related disorders.
"Begutachtung symptomarmer Funktionsstörungen = Grenzbefunde"
Entscheidend ist beim Gutachter/der Gutachterin, auf die individuelle Wahrnehmung des Probanden/der Probandin zu achten. Hier unterscheiden wir die unvoreingenommene Wahrnehmung von der hypothesengeleiteten, deduktiven Wahrnehmung. Im Rahmen des Symposiums soll näher auf den Primacy Effekt, den Halo-Effekt und den Rosenthal-Effekt eingegangen werden. Auf Seiten des Probanden / der Probandin können Antworttendenzen, Aggravation, Simulation und auch Dissimulation die Beurteilung erschweren u.a.m.Stellvertretend für diese Problematik sollen näher beleuchtet werden die Pseudologia phantastica, der Pseudoerinnerungen sowie CFS, MCS, Fibromyalgie als Chiffren moderner Leiden.
"Gutachterhaftung"
Zwar tritt das haftungsrechtliche Risiko der Ärzteschaft in der Begutachtung deutlich hinter den kurativen Bereich zurück, gleichwohl sollte es nicht völlig aus dem Blick geraten. Der Vortrag skizziert die rechtlichen Regelungen zur Haftung innerhalb wie außerhalb gerichtlicher Verfahren.Für die gerichtlichen Sachverständigen wurde im Jahr 2002 mit § 839a BGB eine eigene Haftungsnorm in das Gesetz eingefügt, das deren Haftung abschließend regelt. Trotz dieser hohen Hürden kommt immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über vermeintliche oder tatsächliche gutachterliche Fehlleistungen.
"Begutachtung bei hirnorganischen Psychosyndromen und Demenz"
Psychische Funktionsstörungen aufgrund symptomatischer zerebraler, sogenannter organischer, Erkrankungen, können offensichtlich sein oder auch nur in subtiler Ausprägung auftreten. Selbst dann beeinflussen sie das Krankheitsgeschehen und den Verlauf oft in erheblicher Weise ungünstig. Die Begutachtung dieser Fragenkomplexe erfordert eine detailliertere Kenntnis der höheren Hirnleistungen und der Basisfunktionen. Wesentliche Skalen zur Funktionsbewertung mit indikationsübergreifendem Charakter werden vorgestellt.
Severe psychiatric and neurodevelopmental disorders, such as bipolar disorder, schizophrenia, and autism spectrum disorders, show remarkably high heritability. In the past decade, psychiatric genetics has made substantial progress in identifying the genetic architecture of these polygenic disorders. However, the exact mechanisms that lead from a genetic burden to the actual manifestation of psychiatric disease and how genetic factors influence the clinical outcome remain to be understood. The prevailing hypothesis in the field suggests an interplay between rare and common variants that determines not only whether a patient gets ill, but also the specific disorder, as most variants are associated with multiple disorders. A better understanding of how polygenic effects converge on different – e.g., molecular, cellular and neural – levels and how they influence the clinical phenotype, however, would be key to develop new strategies to treat or even prevent psychiatric disorders.
Our panel will focus on translational approaches that unravel these complex polygenic interactions and relate them to vulnerability, resilience and the course of the disease. A special emphasis will be on a translational perspective and potential clinical applications. Thomas Nickl-Jockschat will present, how transcriptomic analyses can help to delineate polygenic interactions. A special focus will rest upon rare variants, namely copy number variations (CNV), large deletions or duplications that can span over 40 genes, and carry significantly high risk. Schulte/Falkai will focus on translational approaches and potential clinical applications. In a third presentation, Thomas Schulze will focus on how the genetic burden influences the longitudinal phenotypes of psychiatric disorders. Finally, Stephen Glatt will shift the focus from disease to resilience: how the genotype can help to increase resilience against psychiatric disorders.
Dass Menschen aus prekären sozialen Lebensverhältnissen psychisch besonders stark belastet sind und besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, ist Grundlage aktueller sozialpsychiatrischer Forschung. Mittlerweile haben sich wissenschaftliche Verfahren etabliert, die eine Diversifizierung der postmodernen Gesellschaft in sogenannte „Milieus“ ermöglichen. Das vom Sinus-Institut etablierte Modell, das die Milieu-Zuweisung anhand eines standardisierten Fragebogens vornimmt, wird u.a. von Parteien, Verbänden, aber auch der Wirtschaft genutzt, um entsprechende Gruppen zu identifizieren. Mit Blick auf medizinische Fragestellungen wurde deutlich, dass sich soziale Milieus erheblich hinsichtlich ihrer Erwartungen und Nutzung alternativer medizinischer Angebote unterscheiden.
Im Symposium werden erstmals aktuelle, in unterschiedlichen stationären psychiatrischen und psychosomatischen Settings (Versorgungspsychiatrie, fachklinische Psychosomatik und psychosomatische Rehabilitation) erhobene Daten vorgestellt und vergleichend diskutiert. Versorgungstechnisch stellt sich die Frage, ob die in den unterschiedlichen Settings behandelten PatientInnen jeweils ein „Abbild“ der Bevölkerung darstellen und falls nein, welche Selektionskriterien zugrunde liegen, auch mit Blick darauf, wie unterversorgte Gruppen ggf. besser erreicht werden. Konzeptuell geht es darum, ob bzw. inwieweit die Milieuzugehörigkeit die Wahrnehmung und Zuordnung der jeweiligen Symptomatik in subjektive Störungsmodelle determiniert. Und nicht zuletzt: Ist Milieuzugehörigkeit ein Prädiktor für den Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Behandlung? Falls ja, inwieweit lassen sich an umschriebenen Patientengruppen gewonnene Therapieergebnisse generalisieren – sollte Therapie milieuspezifisch konzipiert werden?
In aktuellen ethischen Diskussionen in der Psychiatrie werden häufig historische Bezüge hergestellt. Dies geschieht zum Teil auch, um eigene ethische Positionen zu untermauern. Prominente Beispiele hierfür sind die Sterbehilfedebatte oder Diskussionen über die Zulässigkeit der Durchführung von Elektrokrampftherapie oder von Zwangsmaßnahmen.
Auf einer theoretischen Ebene ist dabei jedoch häufig nicht geklärt, welcher normative Stellenwert historischen Bezügen für gegenwärtige Diskussionen zukommt, d.h. ob und inwiefern historische Argumentationen für aktuelle ethische Debatten nützlich sind. Dieser Frage möchte dieses Symposium nachgehen.
In einem grundlegenden Vortrag wird Heiner Fangerau zunächst das Verhältnis von Geschichte und Ethik in der Medizin im Allgemeinen und der Psychiatrie im Speziellen untersuchen und Implikationen für aktuelle ethische Debatten diskutieren.
Chantal Marazia wird den Stellenwert der historischen Perspektive für aktuelle Debatten anhand der Entwicklung des Maßregelvollzugs in der Bundesrepublik und deren Verschränkung mit der Psychiatriereform beleuchten.
Daran anschließend wird Anna-Karina Schomburg die Forschungsfrage diskutieren, inwiefern die Bearbeitung von historischen Quellen einer forensisch-psychiatrischen Klinik einen Beitrag zu ethischen Diskussionen in der Psychiatrie leisten kann.
Abschließend wird Michael Seidel die wenigen und auffällig zurückhaltenden Rückblicke Karl Bonhoeffers auf die Zwangssterilisierung und die Krankenmorde während der NS-Zeit skizzieren und deren implizite und explizite ethische Aspekte analysieren.
Hausärzt*innen nehmen bei Diagnostik und Langzeitbehandlung von akuten wie chronischen Störungen, in der Koordination von Patient*innen-Anliegen und in der Betreuung der sie aufsuchenden Personen eine zentrale Rolle ein. So werden etwa 70 Prozent der psychisch kranken Menschen in der hausärztlichen Praxis betreut. Eine Verdachtsdiagnose aus dem psychiatrisch/psychosomatischen Bereich wird hier oft erstmals geäußert und bis zu einer fachpsychiatrischen Mitbehandlung primär behandelt. Bei akuten psychiatrischen Krisen oder schweren psychischen Störungen Betroffener ist oft eine dringende fachpsychiatrische Beratung oder Mitbehandlung notwendig. Diese kann insbesondere in ländlichen Bereichen nicht immer zeitnah erfolgen. Das Referat hat sich in diesem Symposium die Frage aufgeworfen, wie Hausärzt*innen als erste Anlaufstelle psychisch Kranker adäquat durch andere Institutionen fachpsychiatrisch unterstützt werden können.
Hierzu wurde durch das Gesundheitsministerium des Landes Niedersachsen eine wissenschaftliche Recherche in Auftrag gegeben, die durch das Allgemeinmedizinische Institut der Universität Göttingen durchgeführt wurde und deren Ergebnisse auf dem Symposium vorgestellt werden soll. Ergänzt werden diese wissenschaftlich fundierten Ergebnisse durch praktische Erfahrungsberichte einer niedergelassenen Hausärztin als auch eines niedergelassenen und berufspolitisch aktiven Psychiaters. Zusammen werden Unterstützungsmöglichkeiten und relevante Aspekte für die Versorgung psychisch kranker Menschen in Hausarztpraxen herausgearbeitet und bewertet.
Das Interesse der Erwachsenenpsychiatrie und –psychotherapie am Thema der Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) hat in der letzten Dekade deutlich zugenommen. Dies ist der Einsicht geschuldet, dass bei vielen erwachsenen Patientinnen und Patienten, die klinisch unter der Diagnose einer atypischen Depression, Zwangsstörung, Angsterkrankungen aber auch Persönlichkeitsstörungen oder atypischen schizophreniformen Störungen behandelt werden, ein Asperger Syndrom oder eine Autismus Spektrum Störung der Schlüssel zum Verständnis der oft bunten Symptomatik ist. Diese Symptomatik reicht von heftigen psychosozialen Konflikten in den Familien, den Beziehungen oder am Arbeitsplatz bis hin zu vielfältigen oft atypischen Symptomen wie Kommunikationsstörungen, Missverständnissen, dissoziativen Zuständen, Anspannungszustände und psychosenahen Erlebensweisen. Nach unserer Erfahrung unterscheiden sich Patienten mit ASS, die sich primär in der Erwachsenenpsychiatrie vorstellen, durchaus von solchen, die bereits im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert wurden.
In diesem Workshop sollen die Besonderheiten dieser großen Patientenuntergruppe in Hinblick auf Symptomatik, komorbide andere psychische Symptome, Diagnostik und Therapie thematisiert werden. Unter anderem sollen dabei das in Freiburg entwickelte Konzept einer ambulanten Gruppentherapie und erste Erfahrungen mit einem spezifischen stationären Therapieprogramm für diese Patientengruppe vorgestellt werden.
Die Schematherapie nach Jeffrey Young stellt eine moderne psychotherapeutische Methode zur Behandlung von Patienten mit chronischen, komplexen psychischen Erkrankungen dar. Die Verbreitung hat in den letzten Jahren nicht zuletzt wegen der guten Studienergebnisse in der Behandlung von Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen stark zugenommen. Die Schematherapie geht davon aus, dass Menschen bereits in der Kindheit überdauernde, dysfunktionale Konzepte (Schemata) von sich selbst, von anderen und der Welt entwickeln, wenn die Grundbedürfnisse von Kindern (z.B. Sicherheit, Liebe oder Akzeptanz) nicht erfüllt werden. Während Schemata eher überdauernd und rigide sind („traits“), können die daraus resultierenden Modi sehr schnell wechseln und beschreiben so den aktuellen emotionalen Zustand („states“) einer Person. Das Modusmodell stellt die zentralen Probleme einer Person im Hier und Jetzt klar dar, wird schnell verstanden und ist das zentrale Element in der aktuellen schematherapeutischen Arbeit.
Dieser Workshop wird entsprechend der aktuellen Entwicklung der Schematherapie die Arbeit mit dem Modusmodell in den Vordergrund stellen. Neben der Vermittlung theoretischer Grundkenntnisse (Schema- und Modusmodell) sollen exemplarisch schematherapeutischer Techniken demonstriert und trainiert werden.
Methoden: Vortrag mit Powerpoint-Präsentation, Video- oder Livedemonstration, Arbeit mit Fallbeispielen mit Erarbeitung eines Moduskonzeptes, Einübung der therapeutischen Techniken in Rollenspielen, Handouts.
Zielgruppe: Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter oder Pflegepersonal mit Interesse für Schematherapie. Vorkenntnisse in Bezug auf Schematherapie sind nicht erforderlich.
Hypnotherapie wirkt als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren nicht nur bei der Raucherentwöhnung oder in der Schmerztherapie, sondern lässt sich auch vielseitig und zeiteffektiv in den Stationsalltag einer psychiatrischen Allgemeinstation oder in die ambulante Patientenversorgung integrieren.
Zusätzlich zu den Techniken der klassischen Hypnose arbeitet die Erickson‘sche Hypnotherapie auch mit Therapieprinzipien, die auf den ersten Blick nur wenig mit „Hypnose“ zu tun zu haben scheinen. Kenntnisse dieser Prinzipien können im normalen Patientengespräch wie auch gerade in Krisensituationen den entscheidenden Unterschied machen und insbesondere die Arbeit mit „schwierigen“ Patienten erleichtern. Und wenn Sie bereits mit imaginativen Techniken arbeiten, sei es bei der Imagination eines sicheren Ortes oder den imaginativen Techniken der Schematherapie, dann kann ein solides Grundwissen zur Hypnotherapie Ihnen zu einem vertieften Verständnis verhelfen, wenn die Therapie mal nicht so läuft wie geplant.
In diesem Kurs möchte ich mit Ihnen wichtige Grundprinzipien der klassischen wie auch der Erickson’schen Hypnotherapie erarbeiten.
Dabei werden Sie Therapieprinzipien kennenlernen, die man auch als „Einsteiger“ gut in den Arbeitsalltag integrieren kann.
Zielgruppe:
Der Workshop ist offen für alle Interessierten, die therapeutisch mit Patienten arbeiten.
Methodik:
Interaktiver Vortrag, Demonstration, Übungen.
Psychische Störungen, die zum ersten Eingangsmerkmal des § 20 StGB zugeordnet werden (krankhafte seelische Störung), weisen hinsichtlich der Diagnostik und der forenisch-psychiatrischen Beurteilung insgesamt eine hohe Übereinstimmung zwischen Gutachter*innen aus. Auch bei der Intelligenzminderung helfen zumindest die testpsychologischen Untersuchungen, sofern sie richtig angewendet werden, um die Intelligenzfunktion zu erfassen und zu beurteilen.
Komplizierter wird es bei der Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals, welches
bis zum 31.12.2020 als „schwere andere seelische Abartigkeit“ zu beurteilen war und nun seit dem 01.01.2021 endlich als „schwere psychische Störung“ zu klassifizieren ist. Die Anforderungen an eine solche „schwere psychische Störung“ sind hoch, wenn es darum geht, einen forensisch relevanten Einfluss auf die Steuerungsfähigkeit zu beschreiben.
Zu diesem vierten Eingangsmerkmal gehören insbesondere schwere Ausprägungen von Persönlichkeitsstörungen und auch sexuell paraphile Störungen. Das Seminar ist ein Aufbau-Seminar und befasst sich ausschließlich mit der gutachterlichen Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals.
In allen neuen Leitlinien für Bipolare Störungen wird Lithium als Mittel der ersten Wahl genannt (in einigen sogar als einziges Mittel der ersten Wahl). Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen fühlen sich aber unsicher, diese Therapie einzusetzen, da viele medizinische Aspekte und Einschränkungen berücksichtigt werden müssen.
Die Workshop-Leiter sind für die hier relevanten Fragestellungen sehr erfahren und durch ihre universitären Anbindungen auch mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut.
Ziele: Die Teilnehmenden werden in der Lage sein, Lithium in der Praxis einzusetzen und werden sich dabei kompetent und sicher fühlen. Insbesondere werden sie erlernen, welche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind, welche Ko-Medikationen besondere Aufmerksamkeit verlangen und welche Kombinationstherapien erfolgsversprechend sind. Der Einsatz von Lithium in speziellen Patientengruppen (Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Ältere) wird ebenso vermittelt werden, wie Beginn und Dauer einer Lithiumtherapie. Fallbeispiele und praktische Übungen zur Anwendung von Lithium stellen einen wichtigen Teil des Kurses dar.
(inkl. Kombinationen und Alternativen und inkl. Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft und Wochenbett bei Bipolaren Störungen)
Für die psychiatrische Notfallbehandlung sind bestimmte Grundfertigkeiten notwendig. Dazu zählen sowohl die Vorbereitung auf den ersten Dienst und Grundfertigkeiten der ärztlichen Gesprächsführung als auch das Wissen über die wichtigsten psychiatrischen Notfälle und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Alle diese Dinge werden in diesem Workshop in einem interaktiven Format vermittelt.
Aufbau
1. Allgemeine Fertigkeiten
1.1. Was muss ich vor meinem ersten Dienst wissen?
1.2. Gesprächsführung in Notfallsituationen
1.3. Konfliktdeeskalation
2. Akute Syndrome
2.1. Akute Erregung
2.2. Delir
2.3. Stupor
2.4. Suizidalität
2.5. Depressivität
2.6. Angst
2.7. Traumatisierung
2.8. Selbstverletzung
3. Psychopharmakologie für den Notfall
3.1. Wichtige Notfallmedikamente
3.2. Malignes Neuroleptisches Syndrom und Periniziöse Katatonie
4. Rechtliche Rahmenbedingungen (PsychKG, BGB, etc)
Zielgruppe: Psychiaterinnen und Psychiater in den ersten Berufsjahren. Studentinnen und Studenten im Praktischen Jahr.
Methode: Kurzer Vortrag, interaktive Erarbeitung von Algorithmen der Notfallbehandlung. Einübung von wichtigen Techniken im Rollenspiel. Als Grundlage können gerne Fallbeispiele der Teilnehmer dienen.
Nach belastenden Erlebnissen entwickelt eine bedeutende Minderheit der Betroffenen anhaltende psychische Syndrome. Die posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) ist die bedeutsamste und am besten untersuchte Traumafolgestörung.
Deren Diagnose ist im Alltag mitunter nicht leicht und fehlerhaft. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klassifikationssysteme ICD und DSM unterschiedliche Wege gehen. Die Diagnostik der (komplexen) PTSD anhand der Klinik, wie auch von Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren wird vorgestellt.
Risikofaktoren, Eigenschaften des Traumas selbst, die initiale psychopathologische Symptomatik sowie Kognitionen tragen zur Entwicklung einer (komplexen) PTSD bei. Diese Grundlagen werden im Workshop dargestellt. Traumatisierungen erschüttern die Integrität des Menschen, sein Weltbild, seine Überzeugungen und Einstellungen. Die Bearbeitung der Kognitionen ist ein wichtiges Element der Therapie und wird in Grundzügen vermittelt. Die Symptomatik wird von den Patienten häufig nicht als Traumafolge verstanden bzw. kann nicht eingeordnet werden. Eine intensive Psychoedukation ist notwendig. Zur ersten Wiedergewinnung von Kontrolle haben sich Entspannungsverfahren und Atemtechniken bewährt. Zentral in der Verhaltenstherapie der PTSD ist die Konfrontationstherapie. Das von der Arbeitsgruppe von Edna Foa entwickelte Modell der Konfrontationstherapie wird im Workshop vorgestellt. Dies ist ein für Patienten wie Therapeuten belastendes Verfahren mit der Notwendigkeit, die bisher vermiedenen Emotionen und Kognitionen zu mobilisieren und mittels Habituation zu bewältigen. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden weitere spezifische Therapiemethoden entwickelt und evaluiert, z.B. die EMDR, die kurz gezeigt wird. Psychopharmaka reduzieren in kontrollierten Studien erfolgreich die PTSD-Symptomatik. Detailliert wird die medikamentöse Vorgehensweise im akuten wie auch chronischen Fall behandelt. Die Form und Wirksamkeit von Frühinterventionen ist umstritten. Aufgezeigt wird der aktuelle Forschungsstand. Die Wirksamkeit der genannten Verfahren in Metaanalysen und Cochrane-Analysen wird vergleichend vorgestellt, ebenso die Empfehlungen der neuen AWMF-Leitlinie zur PTSD. Der Workshop hat einen verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt mit den am besten evaluierten und wirksamen Verfahren bei Typ I Trauma. Jedoch ist auch die Diagnostik und Behandlung von Typ II -Traumata Gegenstand des Workshops.
Die Begutachtung von Traumafolgestörungen wird ebenfalls vorgestellt. Auch werden Literaturempfehlungen und links gegeben.
Zielgruppe:
Assistenten in fortgeschrittener Weiterbildung sowie Fachärzte
Didaktische Methoden:
Vortrag, Video, eingehende Diskussion
Allgemeiner Teil:
Was ist C/L Psychiatrie und Psychosomatik? Zur Epidemiologie psychiatrischer Störungen in der somatischen Versorgung, Modelle der konsiliarpsychiatrischen Versorgung.
Welche psychotherapeutischen Grundkenntnisse braucht der CL-Psychiater? (Arbeit mit Bindungsstilen im Konsildienst)
Spezieller Teil: Differentielle Diagnostik und Therapie häufiger Krankheitsbilder im psychiatrischen Konsiliardienst:
- Delir – ein biopsychosozialer Notfall. Was muss der CL-Psychiater wissen? Was kann der
CL-Psychiater vom Internisten oder Chirurgen erwarten?
- Depressionsbehandlung bei körperlich Kranken
- Probleme bei der konsiliarischen Behandlung von Patienten mit komorbiden Sucht- und
körperlichen Erkrankungen
- Arzneimittelinteraktionen von Psychopharmaka und internistischer Medikation
- Somatoforme Störungen
- Schmerztherapie – was muß der CL-Psychiater wissen ?
Zielgruppe:
Assistenzärzte in Weiterbildung und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (anrechenbar für das DGPPN-Zertifikat Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Konsiliar- und Liaisondienst,
Methode:
Mischung aus mediengestützten Schwerpunktreferaten, Falldarstellungen, Gruppendiskussion unter Einbeziehung der Teilnehmer, Kleingruppenarbeit, Handouts
Live-Stream des Industriesymposiums & On-Demand
75% der psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 25. Lebensjahr, so dass betroffene Frauen die Familienplanung meistens noch nicht abgeschlossen haben. Zudem kann eine erstmalige psychische Erkrankung auch durch die verschiedenen Risikofaktoren in der Peripartalzeit ausgelöst werden. Durch die Weiterentwicklung therapeutischer Möglichkeiten und nebenwirkungsärmerer Medikakmente hat sich die soziale Prognose auch von Frauen mit schweren psychischen Voerkrankungen verbessert, so dass sie und ihre Partner sich immer häufiger bewusst die Frage stellen, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Kind bekommen können. Bei ungeplanten Schwangerschaften tritt dagegen häufig die Frage auf, ob durch die verwendete Medikation Risiken für das ungeborene Kind entstanden sind.
Durch die Erfassung und wissenschaftliche Auswertung von Schwangerschaftsverläufen unter Medikation gibt es einen ständigen Wissenszuwachs zu möglichen Auswirkungen von Psychopharmaka auf das ungeborene Kind; im Mittelpunkt des Interesses steht häufig das Risiko für kindliche Fehlbildungen. Allerdings ist der Erfahrungsumfang zu den einzelnen Wirkstoffen recht unterschiedlich und Langzeitauswirkungen auf die Entwicklung der Kinder über das dritte Lebensjahr hinaus sind noch nicht abschließend zu bewerten.
Der zweite Fokus der Beratung und Betreuung insbesondere vorerkrankter Frauen betrifft die psychische Stabilität während der Schwangerschaft und in der Postpartalzeit. Insbesondere bei affektiven Erkrankungen wie der rezidivierend depressiven Störung und der bipolaren Störung besteht in den ersten Tagen und bis zu 6 Wochen nach der Entbindung eine hohe Rückfallgefahr. Die Schwangerschaft sollte, wenn möglich, daher schon von Anfang an engmaschig begleitet werden und die postpartale Rezidivprophylaxe mit besonderer Aufmerksamkeit geplant werden. Geeignete Maßnahmen des peripartalen Managements werden vorgestellt und ein Exkurs in den Bereich der traumasensiblen Geburtsbegleitung unternommen.
Diese Veranstaltung wird nicht als Video-on-Demand-Angebot verfügbar sein.
Im Verlauf von pharmakologischen Behandlung in der Psychiatrie kann eine Umstellung, Reduktion, oder das Absetzen der Medikamente indiziert sein, beispielsweise beim Auftreten von Nebenwirkungen, Schwangerschaft, körperlichen Erkrankungen, Abklingen der Symptomatik oder anderen Gründe.
Eine genaue Kenntnis darüber kann sich für die Behandlung als vorteilhaft erweisen, beispielsweise bei medikamentösen Umstellungen bei der sich Absetzsymptome und Nebenwirkungen von Präparaten überschneiden können.
In unserem Symposium möchten wir über physiologische Grundlage von Absetzsymptomen, sowie über spezifische Symptome nach Absetzen von Antipsychotika und Antidepressiva und referieren.
Das Symposium beleuchtet Entwicklungstendenzen innerhalb der forensischen Psychiatrie und Rechtsprechung, die das Fach forensische Psychiatrie vorwiegend als Mittel zur Gefahrenabwehr und weniger als medizinisches Fachgebiet mit einem durch medizinische Störungsbegriffe begrenzten Aufgabenbereich ansehen. Auf der anderen Seite gibt es Haltungen in der Allgemeinpsychiatrie, die Zwangsbehandlungen äusserst kritisch bewerten und die Abwehr von Fremdgefährdung nicht als psychiatrische Aufgabe ansehen.
Zwischen diesen beiden Extremen wird sich das Fach positionieren und dabei letztlich auch seine Möglichkeiten und Grenzen definieren müssen. Das Symposium soll ausleuchten, welche Argumente dabei beachtenswert sind. Zunächst wird Prof. Elmar Habermeyer (Zürich) einen Überblick über die Schweizer Situation geben, die nach Abkopplung der Behandlung vom Vorliegen einer Schuldminderung nun auch die Behandlung nicht mehr an das Vorliegen einer psychischen Störung bindet. Danach wird Prof. Dr. Henning Radtke (Bundesverfassungsgericht Karlsruhe) die juristischen Anforderungen an das Fachgebiet skizzieren, konkret darlegen, welche Aufgaben dem Fach zugewiesen werden und was dabei auch Zwang rechtfertigt bzw. rechtfertigen kann. Herr Dr. Gather (Bochum) wird aus allgemeinpsychiatrischer und medizinethischer Perspektive den Umgang mit Fremdgefährdungen und der Behandlung im Zwangskontext darstellen. Dabei wird er der forensischen Psychiatrie eine spezifische Bedeutung zuweisen und diese in Bezug zu allgemeinpsychiatrischen Aufgaben stellen. Prof. Jürgen Müller (Göttingen) wird abschliessend aktuelle Entwicklungen mit Bezug auf den psychiatrischen Maßregelvollzug aufgreifen und mögliche Konsequenzen für die Ausgestaltung der Massregelbehandlung im Grenzgebiet zwischen „bad or mad“ diskutieren.
Die Corona-Pandemie bedeutet für die ambulante Versorgung von Menschen mit psychischer Störung eine anhaltende Herausforderung. Sowohl Ängste und Bedenken auf Seiten der Patient*innen, als auch Einschränkungen auf Seiten der betreuenden Therapeut*innen und Dienste erschweren vor allem die Versorgung von Menschen mit hoher Krankheitsschwere und komplexem Hilfebedarf. Aufsuchendes Arbeiten in Pandemiezeiten ist mit einem zusätzlichen logistischen Aufwand verbunden und geht mit einer Mehrbelastung des Personals einher.
Erfahrungen aus der ambulanten, gemeindepsychiatrischen Arbeit aus Sicht verschiedener Angebote und Dienste sollen in dem Symposium berichtet werden. Hindernisse und Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Versorgung werden benannt, mögliche Lösungen vorgestellt und diskutiert.
Seitdem die WHO Covid-19 am 11. März 2020 als Pandemie bezeichnete, führt weltweit der sog. „Lockdown“ zu massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens. In den einzelnen Ländern werden Regelungen zur Pandemieeindämmung getroffen, die sich massiv auf das gesamte Gesundheits- und Versorgungssystem, insbesondere auch für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen auswirken. Unterschiedliche Schutzverordnungen werden verabschiedet, die z.B. zu extremen Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und sogar zu Schließungen von Einrichtungen des Gesundheitswesens führten. Auch die Arbeitstätigkeit von Menschen mit psychischen Erkrankungen gerät aus den Fugen: Homeoffice, Distanzarbeit, Kurzarbeit, vorübergehende Pause der Arbeit, Verlust der Arbeitsstelle sind mögliche Folgen. Auch die „Rückführung“ in den Alltag gestaltet sich nicht immer ganz leicht.
Wie erleben das Menschen mit psychischen Erkrankungen? Wie wirkt sich die Pandemie auf Arbeit, Alltag, das Erleben und die Teilhabe von Betroffenen und Angehörigen aus? Und wie gehen die Therapeuten mit der Situation um? Wiederholte Veränderungen erfordern Flexibilität, Therapien und Arbeit finden oft online oder telefonisch statt, persönliche Kontakte sind eingeschränkt.
Was bedeuten die Veränderungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige? Welche Befürchtungen und Hoffnungen, Bedürfnisse und Wünsche haben sie für die Zukunft, wie sehen sie ihr entgegen? Wo und wie kann Teilhabe dennoch gelingen? Wie verändert die Digitalisierung im Allgemeinen therapeutische Prozesse? Und wandelt sich der therapeutische Prozess in Deutschland und den angrenzenden Ländern Schweiz, Österreich und den Niederlanden auf ähnliche Weise oder lassen sich Unterschiede erkennen? Können wir voneinander lernen?
Es diskutieren:
Katarina Stengler (Ärztin, Deutschland), Franca Eckinger (Ergotherapeutin, Schweiz), Gesa Döringer (Systemische Therapeutin, Niederlande), Helga Vitecek-Kandolf (Ergotherapeutin, Österreich), Ilona Enk (Ergotherapeutin, Deutschland), Cordt Winkler (Betroffener und Genesungsbegleiter, Deutschland)
Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbund German Center for Brain Stimulation (GCBS) untersucht seit 2015 in einem koordinierten, translationalen Forschungskonzept aktuelle Entwicklungen im Bereich der nicht-invasiven Hirnstimulationsverfahren (engl. non-invasive brain stimulation, NIBS). Dabei stehen Methoden wie die rTMS (repetitive transkranielle Magnetstimulation) und die tDCS (engl. transcranial direct current stimulation) und deren Entwicklung für die klinische Anwendung bei psychischen Erkrankungen im Vordergrund. Die Anwendungsmöglichkeiten von NIBS sind vielfältig. Sie umfassen ambulante, teilstationäre und stationäre Settings sowie bei der tDCS sogar die Möglichkeit von Home Treatment; sie reichen von der Monotherapie über die Kombination mit anderen Therapieprinzipien aus Pharmakotherapie, anderen somatischen Therapien und Psychotherapie bis zu spezifisch konzipierten NIBS-augmentierten Therapien. Zum Ende der Förderperiode sollen in dem Symposium aktuelle Ergebnisse aus der NIBS Forschung vorgestellt werden. Klaus Funke (Bochum) wird Daten vergleichender, tierexperimenteller Untersuchungen zu Effekten von NIBS auf elektrophysiologischer und Verhaltensebene zeigen. Christian Plewnia (Tübingen) wird Ergebnisse aus der systematischen Forschung zu NIBS augmentiertem Training kognitiver Kontrolle bei Gesunden und depressiven Patienten berichten. Sabine Aust (Berlin) stellt die Hauptergebnisse einer plazebokontrollierten Multicenterstudie zur Kombination von Gruppenpsychotherapie und NIBS bei Depression (PsychotherapyPlus Studie) vor, und Frank Padberg berichtet die Hauptergebnisse einer plazebokontrollierten Multicenterstudie zur Augmentation von Pharmakotherapie mit tDCS bei Depression (DepressionDC Studie). In allen Beiträgen werden die aus den Ergebnissen entstehenden Perspektiven für die Weiterentwicklung von NIBS für die Klinik dargestellt und mit den Kongressteilnehmern diskutiert.
kostenfrei
Der Vortrag vermittelt die Grundlagen des Arbeitsvertragsrechts und beleuchtet die Besonderheiten des ärztlichen Arbeitsverhältnisses. Zentrale Begrifflichkeiten des Arbeitszeitrechts wie Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Überstunden werden anhand von Beispielen aus der Praxis ebenso erläutert, wie typische Problemlagen und Fallstricke beim Berufseinstieg. Darüber hinaus werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien erörtert. Die Agenda ist dabei bewusst flexibel gestaltet, um auf besondere Fragen und Problemstellungen der Teilnehmer eingehen zu können. Im Anschluss besteht zudem Gelegenheit, Einzelfragen mit dem Referen-ten zu erörtern.
Veränderungen des Schlafs in psychischen Erkrankungen können mit der Elektroenzephalographie erfasst werden und zu einem besseren Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse im Gehirn beitragen.
Zuerst wird Marcel Zeising in seinem Vortrag auf Wechselwirkungen zwischen Psyche und Schlaf in der Depression eingehen. In der vorgestellten Studie zeigt sich, dass die Herzfrequenzvariabilität im Schlaf depressiver Patienten im Vergleich zu Gesunden deutlich eingeschränkt war und diese mit der reduzierten Schlafqualität korrelierte.
Die präfrontale Theta Cordance (pf-TC) ist ein quantitativer EEG Biomarker, der mit der frontocingulären Dysfunktion bei Majoren Depressionen korreliert. Misst man die pf-TC im REM-Schlaf, so kann man bereits nach einer Woche mit hoher Zuverlässigkeit das Ansprechen auf eine antidepressive Therapie vorhersagen. Thorsten Mikoteit zeigt erste Ergebnisse einer prospektiven, randomisiert kontrollierten Studie. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe konnte durch die biomarkergeleitete Therapie die Rate der Therapieversager signifikant reduziert werden.
Abstinente Alkoholabhängige benennen häufig Schlafprobleme als Rückfallgrund. Es gibt Hinweise darauf, dass Veränderungen im REM-Schlaf besonders rückfallprädiktiv sind. Anhand mehrerer durchgeführter Studien sollen hier die Zusammenhänge zwischen nächtlicher Gedächtniskonsolidierung und Schlafveränderungen mit einem frühen Rückfall dargestellt werden.
Abschließend geht Robert Göder auf Schlafspindeln als Biomarker psychotischer Erkrankungen ein. Schlafspindeln sind Graphoelemente des Non-REM-Schlafs und werden in thalamo-kortikalen Netzwerken generiert. Sie sind in der Schizophrenie typischerweise reduziert und stehen sowohl mit Gedächtnisstörungen als auch psychopathologischen Auffälligkeiten bei dieser Erkrankung in Verbindung. In dem Vortrag werden neueste Studienergebnisse präsentiert und die zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen sowie Ansatzpunkte für neuartige Therapien diskutiert.
In dem Symposium werden zunächst Befunde aus bildgebenden Verfahren zu hochfrequentem Pornografiekonsum und zwanghafter sexueller Verhaltensstörung gezeigt und klinisch eingeordnet (Krüger). Anschließend werden die psychologischen Mechanismen, die dieser Störung zugrunde liegen, vorgestellt und diskutiert (Antons & Brand). Dann werden die diagnostischen Möglichkeiten insbesondere im Kontext der ICD-11, Prävalenzschätzungen und ein integratives therapeutisches Vorgehen bei zwanghafter sexueller Verhaltensstörung vorgestellt (Briken). Es folgen Ergebnisse aus einer systematischen Übersicht zu therapeutischen Interventionen bei der problematischen Pornografienutzung, die im Rahmen einer AWMF Leitlinie zum Thema erstellt wurde (Stark).
Das Thema Suizidgefährdung („Suizidalität“) ist im psychiatrischen Hilfesystem von zentraler Bedeutung, wird aber noch zu selten offen und differenziert diskutiert. Ängste, Scham und Schuldgefühle erschweren oft den Austausch zwischen Betroffenen und Fachpersonen. Dabei ist gerade das „Darüber-Sprechen“ wichtig, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen und individuell passende Hilfen zu ermöglichen.
Das Symposium bietet deshalb einen multiperspektivischen Zugang aus ärztlicher, pflegerischer und Patientinnen-Sicht:
Elke Prestin beleuchtet das Thema Suizidgefährdung aus der Betroffenenperspektive, beschreibt das subjektive Erleben in suizidalen Krisen und formuliert Wünsche an das psychiatrische Hilfesystem.
Lieselotte Mahler stellt die Relevanz und Möglichkeiten von gemeinsam mit der Patient*in getroffenen Entscheidungen dar. Im Fokus stehen dabei Verantwortungsübernahme und -abgabe sowie die geteilte Risiko-Abwägung, z.B. im Rahmen von Behandlungsvereinbarungen. Anhand von Praxisbeispielen zeigt sie, wie wichtig es ist, bei Suizidgefährdung zu differenzieren, und wie es möglich sein kann, „trotz“ Suizidalität angstfrei im Kontakt zu bleiben und die Bedürfnisse der Patient*innen in den Mittelpunkt der Begleitung zu stellen.
André Nienaber stellt ein Projekt des LWL-PsychiatrieVerbundes vor. Pflegefachpersonen von zwei Stationen mit dem Schwerpunkt Behandlung von Menschen mit der Diagnose Depression in zwei psychiatrischen Fachkrankenhäusern wurden zur Einschätzung von Suizidgefährdung im klinischen Alltag und zu ihrem Umgang mit suizidgefährdeten Menschen befragt.
Auf die einleitenden Impulsvorträge soll eine Diskussion mit Publikumsbeteiligung folgen.
Traumatische Erlebnisse in der Kindheit, Missbrauchserfahrungen oder Vernachlässigungen, haben schwerwiegende und langfristige Auswirkungen. Obwohl Kindesmissbrauch immer in einem sozialen Kontext stattfindet, und auch die Prävalenz von Kindesmissbrauch vom sozio-politischen Kontext abhängt, sind die sozialen Rahmenbedingungen von Kindheitstraumata noch unzureichend erforscht. Im ersten Vortrag stellt Georg Schomerus Befunde zur Stigmatisierung von Opfern von Kindesmissbrauch vor - die Tabuisierung von Traumaerfahrung erschwert Hilfsangebote und trägt so möglicheweise zur Isolation der Betroffenen bei. Die folgenden drei Beiträge untersuchen regionale Unterschiede in der Prävalenz von berichteter Kindheitstraumatisierung und werfen insbesondere die Frage auf, ob die Kindheitsbedingungen in der ehemaligen DDR als traumaprotektiv angesehen werden können. Christine Ulke präsentiert Ergebnisse von zwei epidemiologischen Studien aus dem Verbundprojekt DDR-PSYCH. Das Projekt untersucht Unterschiede in der psychischen Gesundheit von Menschen mit ost- bzw. westdeutschem Hintergrund. Die Ergebnisse deuten auf häufigere traumatische Kindheitserfahrungen in den alten Bundesländern im Vergleich zu den neuen Bundesländern hin. IAnn-Christin Schulz berichtet über eine Studie, welche Kindheiten in Ost- und Westdeutschland sowei im Ausland miteinander vergleicht. Christoph Kasinger stellt Befunde zum sexuellen Kindesmissbrauch als Trauma und PTSB in Ost- und Westdeutschland in verschiedenen Alterskohorten vor. Die Ergebnisse der Studien widersprechen der Erwartung, dass die stärker institutionalisierte Kindheit in der DDR mit höheren Traumatisierungsraten assoziiert war und werden unter verschiedenen kausalen und methodischen Hypothesen diskutiert.
Frauen haben ein hohes Risiko für psychische Erkrankungen, das neben biologischen Faktoren, die bisher nur unzureichend verstanden sind, auch durch zahlreiche psychosoziale Bedingungen wie Gewalterfahrung, niedrigen sozioökonomischen Status, Verantwortung für Angehörige und Unterdrückung mit bedingt ist. Insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund sind vielen dieser ungünstigen psychosozialen Bedingungen ausgesetzt. Auch haben Frauen in der Peripartalzeit ein besonders hohes Risiko psychische Erkrankungen zu entwickeln. Daher ist die Gewinnung von Kenntnissen über Prävalenz und Ursachen psychischer Erkrankungen von Frauen sowie über mögliche Unterstützungsmöglichkeiten von großer Bedeutung für die psychiatrische Praxis. Das Symposium soll dazu beitragen, die Behandlung von Frauen mit psychischen Erkrankungen in verschiedenen Lebensphasen bzw. unter verschiedenen Lebensumständen zu verbessern.
Die erste Rednerin wird über "Die Bedeutung der Rolle des Mannes für die psychische Gesundheit von Müttern" sprechen, die zweite wird sich mit dem Thema der Unterstützung für psychisch kranke Mütter beschäftigen in ihrem Vortrag über "Wie können psychisch kranke Mütter unterstützt werden?". Die dritte Rednerin wird über "Die gefährdete Gruppe der Mütter mit Migrationshintergrund - wie kann man sie engagieren und unterstützen" referieren, während die letzte Rednerin das Thema " Geschlechterungleichheit in der Gesundheit: Was sind die Gründe und lassen sie sich verändern?“ im Fokus haben. Alle Präsentationen werden mit dem Plenum diskutiert.
Innovative Interventionen zur nachhaltigeren Wirksamkeit stationärer Therapien sind wegen hoher Rückfälligkeit hoch relevant.
Studiendesign und Erfahrungsberichte zur Wirksamkeit einer einmaligen Einnahme von Psilocybin in der Rückfallprävention werden präsentiert. In einer placebo-kontrollierten Doppelblindstudie werden die Patienten therapeutisch vorbereitet, in der Substanzsitzung begleitet und ihre Erfahrungen anschliessend psychotherapeutisch integriert. Die Wirkmechanismen werden mit Fragebögen und MRT-Messungen erfasst. Erste Erfahrungen auf qualitativer Ebene dieses integrativen Therapieansatzes werden diskutiert.
Die Ergebnisse einer zweiten multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Doppelblindstudie zeigen, welche Wirkung zwei alkoholspezifische Inhibitionstrainings auf das Trinkverhalten drei Monate nach stationärem Austritt aufweisen. Das Training basiert auf dem Go-NoGo-Paradigma, wurde sechs Mal durchgeführt und die Effekte gegen ein unspezifisches Kontrolltraining getestet. Die Drei-Monate Katamnese zeigte, dass das Inhibitionstraining die abstinenten Tage signifikant erhöht und Trinkexzesse verringert.
Die dritte randomisiert-kontrollierte Studie zur leistungssensiblen Suchttherapie, deren Ziel die Förderung einer von Stolz und Ehrlichkeit geprägten Haltung des Patienten gegenüber der eigenen Abhängigkeitserkrankung ist, wies nach, dass die Experimentalgruppe während und nach stationärer Behandlung signifikant weniger Rückfälle bzw. weniger Konsumtage aufwies.
Die vierte randomisiert-kontrollierte Studie geht der Frage nach, ob verschieden häufige telefon- oder textbasierte Kurzkontakte zwischen Patienten und den ihnen aus dem stationären Setting bekannten Therapeuten in den Monaten nach stationärem Austritt, die Rückfallhäufigkeit in dieser vulnerablen Nachbehandlungsphase positiv beeinflussen. Häufigere Telefonkontakte verringern die im Vergleich zur Kontrolle ohne Nachsorgekontakte.
Im Symposium soll die Bedeutung der genannten Differenzkategorien für die psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis und Forschung anhand der Unterschiede der psychischen Gesundheit und der Versorgungsstrukturen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen diskutiert werden. Mit den Beiträgen werden die Verschränkungen von gesellschaftlichen Diskriminierungspraktiken als Determinanten der Gesundheitslage, insbesondere der psychischen Gesundheit, vorgestellt. Intersektionalität soll als Analyseinstrument eine Möglichkeit für das Verständnis von Wechselwirkungen zwischen individuellen Praktiken und komplexen sozialen Systemen sowie Ansätze für die Darstellung von Komplexität, Entwicklung von Fragestellungen und neue Perspektive für die Forschung liefern.
Felicia Lazaridou stellt Strukturelle Kompetenz als eine Trainingstechnik und Überbrückungsmöglichkeit zwischen den Perspektiven der Intersektionalität einerseits, und andererseits der Bedeutung von Wahrnehmungen und Artikulationen von stigmatisierten Menschen vor. Mirjam Faissner macht mit dem Konzept der Intersektionalität vertraut und schafft theoretische Grundlagen für das Verständnis intersektionaler Ansätze in der psychischen Gesundheitsversorgung und -forschung. Der Beitrag gibt einen Überblick zu vorliegenden intersektionalen Forschungsmethoden und weist auf Forschungslücken hin. Amma Yeboah erläutert Geschlecht als bio-psychosoziales Spektrum und analysiert Implikationen für die psychische Gesundheitsversorgung und -forschung. Die Differenzierung des Geschlechts einerseits im Sinne der Biologie (Sex) und der sozialen Rolle (Gender) andererseits soll als Ausgangspunkt für die kritische Reflexion wissenschaftlicher Studien und der psychischen Versorgungspraxis dienen. Frank Keating diskutiert die Erkenntnisse aus seiner Forschung zur Intersektion von ‚Race‘, psychischer Gesundheit und Maskulinität.
Zunächst wird in einem medizinhistorischen Exkurs die einstige Hilflosigkeit der Medizin gegenüber geschlechtlicher Varianz zurückverfolgt und an die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Transgendergesundheitsversorgung erinnert. Ohne ein differenziertes Verstehen von Geschlecht und ohne Hinterfragen der verwurzelten Diskriminierungspotenz in der Medizin waren die Behandlungskonzepte strukturlos und willkürlich. Darunter lud sich die Beziehungsebene zwischen Behandelnden und Behandlungssuchenden bis zur Feindseligkeit auf, die wichtigste Basis für das Gelingen therapeutischer Interventionen war somit vertan.
Darauf aufbauend befasst sich der zweite Teil des Vortrages mit den Entwicklungen in der Medizin in den letzten zwanzig Jahren. In einer mühsamen Selbstreflexion ihrer Fehlannahmen über Geschlecht ist es der Medizin auf dem Boden zunehmender evidenzbasierter Erkenntnisse gelungen, Geschlecht als hochindividuelles Ausdrucksbegehren wahrzunehmen und die zwingende Verbindung zur Psychopathologie aufzugeben. Aktuell wächst das Verständnis dafür, dass jedes geschlechtliche Erleben hochindividuell ist. Dementsprechend bedarf es einer Entwicklungsförderung bzw. –begleitung, deren Ziel darin besteht, eine etwaige Geschlechtsdysphorie zu mildern, ohne das notwendigerweise körpermodifizierende Eingriffe zum Einsatz kommen müssen.
Abschließend beinhaltet der dritte Teil des Vortrages einen Überblick hinsichtlich moderner Behandlungswege in Psychiatrie und Psychotherapie. Auch hormonelle und chirurgische Behandlungswege als geschlechtsangleichende Behandlungen werden kurz vorgestellt.
Eine psychische Erkrankung erfordert von betroffenen Personen sich mit Themen der Gesundheit/Krankheit und deren Folgen auseinanderzusetzen. Dabei werden eigene Verhaltensweisen
reflektiert und gegebenenfalls angepasst. Diese anzupassen stellt grundsätzlich eine große
Herausforderung dar. Unterstützend scheinen sich positiv formulierte Zielsetzungen auszuwirken.
Wurde ein Ziel gesetzt, kann das zu einer positiven Dynamik führen. Vergleichbar mit einem
Gummiband, das zwischen der Person und dem zukünftigen Ziel gespannt ist. Doch reicht es
aus, seine Ziele und Wünsche optimistisch und zuversichtlich zu beschreiben, um diese in der
Folge zu erreichen?
Problemstellungen
Der recovery-orientierte Ansatz erforderrt von psychiatrischen Dienstleistungen, die
partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Fachpersonen und den Patientinnen und
Patienten zu fördern (1). Zentrale Werte dabei sind erweiterte Formen der selbstbestimmten
Partizipation und der Selbstfürsorge (2). Ein weiteres Merkmal recovery-orientierter Arbeitsweise
ist die Unterstützung der von den Patientinnen und Patienten festgelegten Recovery-Ziele (3).
Um individuelle und persönliche Wünsche und Ziele zu beschreiben ist es unabdingbar, dass
Fachpersonen in der Lage sind, diesen Prozess mittels Techniken und Instrumenten zu
unterstützen.
Pflegefachpersonen begegnen in ihrer Praxis mitunter Patientinnen und Patienten, die keine
Aussagen zu Wünschen und Zielen für die Zeiträume des Klinikaufenthaltes und darüber hinaus
machen können. Was ist zu tun, respektive wie kann man mit diesen Personen ins Gespräch
kommen?
Wenn Ziele und Wünsche bezeichnet werden können, lohnt es sich, diese möglichst klar zu
formulieren. Im Workshop wird neben den in der psychiatrischen Pflege etablierten Techniken
(SMART, RUMBA & GAS) die WOOP-Strategie (4) vorgestellt. WOOP ist eine mentale,
evidenzbasierte Strategie aus dem Fachbereich der positiven Psychologie, die in
unterschiedlichen Bereichen eingesetzt wird. Die praktische Anwendung wird mittels einer
kostenlosen App unterstützt.
Grundsätzlich können Pflegefachpersonen Patientinnen und Patienten bei der Formulierung ihrer
Ziele wirksam unterstützen. Ergänzend zur Formulierung von Zielen ist es angezeigt sich
eingehend mit den möglichen Hindernissen bei der Zielerreichung auseinanderzusetzen und
entsprechende Strategien zu entwickeln.
Thema
Recovery-orientierte Intervention
Ziele
Im Workshop werden verschiedene Techniken und Vorgehensweisen zur Unterstützung bei der
Zielformulierung und -erreichung vorgestellt.
Die Teilnehmenden erhalten die Möglichkeit mittels Übungssequenzen praktische Erfahrungen zu
sammeln.
Ablauf
Inputreferat
Praktische Übungen
Diskussion
Gestaltung
Die theoretischen Inhalte werden anhand eines Inputreferats vermittelt. Für die
Übungssequenzen stehen Arbeitsvorlagen zur Verfügung. Die in der Diskussionsrunde
gewonnenen Erkenntnisse der Teilnehmenden werden auf Flipchart visualisiert.
Zielgruppe: Pflegefachpersonen, psychiatrisches Fachpersonal, Erfahrene, Angehörige,
Interessenten
Lernziele
Unterschiedliche Techniken der Zielformulierungen kennenlernen
Vorgehensweisen bei der gemeinsamen Zielformulierung kennenlernen
Praktische Anwendung der Techniken
Transfer in die eigene Praxis erkennen
Literatur
1 Zuaboni, G., Ventling, S., & Schulz, M. (2014). Das Recovery Konzept in der Psychiatrie -
Implikationen für Case Management. Case Management, 4, 189-194.
2 McKenna, B., Furness, T., Dhital, D., Ennis, G., Houghton, J., Lupson, C., & Toomey, N. (2014).
Recovery-oriented care in acute inpatient mental health settings: an exploratory study. Issues in
Mental Health Nursing, 35(7), 526-532.
3 Shepherd, G., Boardman, J., Rinaldi, M., & Roberts, G. (2014). ImROC 8. Supporting recovery
in mental health services: Quality and Outcomes. London: Centre of Mental Health.
4 http://woopmylife.org/home-de/
Schematherapie ist eine vielbeachtete Psychotherapie, die bei Persönlichkeitsstörungen zunehmend evidenzbasiert ist. Sie wird aber auch z.B. bei chronischen Depressionen oder komplexer PTBS eingesetzt. Im Symposium werden neue Anwendungsformen für Praktiker vorgestellt und Studienergebnisse berichtet. Eva Fassbinder (Kiel) stellt die Ergebnisse einer internationalen Multicenterstudie vor, die Imagery Rescripting, eine der zentralen Techniken der Schematherapie, mit EMDR in der Behandlung von PTBS nach Kindheitstrauma vergleicht. Beide Behandlungen führten zu einer Reduktion der PTBS-Symptomatik sowie weiterer Outcomes mit hohen Effektstärken. Hierbei gab es keine signifikanten Unterschiede, aber niedrige Abbruchraten bei beiden Methoden. Samy Egli (München) stellt die Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten OPTIMA-Studie aus dem klinischen Versorgungsalltag vor, in der Schematherapie, kognitiven Verhaltenstherapie und individuelle supportive Therapie bei vorliegender Depression als Primärdiagnose miteinander verglichen wurden. Alexandra Schosser (Wien) berichtet über eine Studie in der ambulanten Rehabilitation chronisch Depressiver, die mit Kognitiver Verhaltenstherapie bzw. Schematherapie behandelt wurden und untersucht Effekte auf Schemata und Depressivität bei 1732 Betroffenen. KVT und Schematherapie zeigten signifikante Verbesserungen bezüglich depressiver Symptomatik, mit höheren Effektstärken in der mit Schematherapie behandelten Gruppe. Jutta Stoffers-Winterling (Mainz) stellt die neuen S3-Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung vor, die den Einsatz strukturierter, störungsspezifischer Methoden empfehlen. Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle Evidenz zur Schematherapie zusammenfassend dargestellt und die Übertragbarkeit auf klinische Settings kritisch diskutiert.
Das BMBF-geförderte Netzwerk BipoLife (bipolife.org) untersucht seit 2015 an insgesamt 10 Standorten Ursache, Verlauf und Therapie bipolarer Störungen. Während insbesondere die longitudinalen Studien noch weiterlaufen und andere Teilprojekte sich noch in der Analysephase befinden, werden wir in diesem Symposium die top line-Ergebnisse des BipoLife-Netzwerkes vorstellen. In BipoLife wurde eine der weltweit größten Risikokohorten rekrutiert; mehr als 1.100 Menschen im jungen Lebensalter, die eine von drei Risikokonstellationen für die Entwicklung einer bipolaren Störung aufwiesen, wurden aufwändig charakterisiert und seit Erhebung der Baseline regelmäßig nachuntersucht. Prof. Pfennig wird erste klinische Ergebnisse dieser längsschnittlichen Studie berichten. Ein Großteil dieser Patienten wurde nicht nur klinisch charakterisiert; es wurden auch bildgebende und genetische Daten erhoben. Die bisherigen genetischen Befunde werden von Prof. Reif dargestellt und in den aktuellen Kontext der Genetik der bipolaren Störung gestellt; hier konnten in den letzten Jahren sowohl in der Untersuchung seltener als auch häufiger genetischer Varianten große Fortschritte gemacht werden. Die Ergebnisse der strukturellen MRT-Daten der Risikokohorte im Kontrast zu großen internationalen Studien (ENIGMA-Bipolar) berichtet dann Dr. Mikolas. Im Rahmen von BipoLife wurde ebenfalls eine große Psychotherapie-Studie durchgeführt, die eine neu entwickelte, adjuvante Psychotherapie zur Rückfallprophylaxe in einem kontrollierten, randomisierten Design in einer großen Stichprobe testete. Die Studie ist mittlerweile abgeschlossen und Prof. Hautzinger wird die ersten Analysen bezüglich primärer und sekundärer Outcomes darstellen. Diese Daten zur Bipolarer Störung erweitern signifikant unser Wissen zur bipolaren Störung und zeigen den Mehrwert vernetzter Forschung bei affektiven Störungen auf.
Die AKtiV-Studie ist eine vom Innovationsfond geförderte Studie, die die Implementierungsbedingungen der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) hinsichtlich Zielgruppen, Versorgungssettings, Versorgungsregion und Effektivität untersuchen soll. Im vorliegenden Symposium stellen die Konsortialpartner erste Daten aus der Aktiv-Studie und Daten aus den jeweiligen Studienzentren vor. Brieger et al stellen Daten aus den kbo-Kliniken in München dar (n=169), in denen sie die klinischen Charakteristika der direkt stationsersetzenden Aufnahmen ins StäB mit Patient*innen vergleichen, die im Anschluss an einen stationären Aufenthalt ins StäB aufgenommen wurden. Längle et al stellen Spezifika bezüglich des Leistungsgeschehens der Teams und der Aufbauorganisation sowie der Teamzufriedenheit an einzelnen Standorten, die StäB durchführen, im ZfP Südwürttemberg vor, die Ausgangspunkt des Standortvergleichs im Rahmen der AKtiV-Studie sind. Schwarz et al von der Medizinischen Hochschule Brandenburg stellen die ersten Ergebnisse aus den 10 AKtiV-Studienzentren zu qualitativen Interviews mit Nutzer*innen und Angehörigen vor. Es erfolgte eine orientierende Datenanalyse mittels Grounded Theory Methodologie. Auf Basis der Ergebnisse werden Merkmale "guter" StäB aus Sicht der Befragten identifiziert. Bechdolf et al vom Vivantes Klinikum am Urban stellen die Wiederaufnahmerate und vollstationären Behandlungstage im 12-Monats-follow up bei 43 StäB-Behandelten versus 43 gematchten vollstationär behandelten Patient*innen vor.
Nach einer längeren Zeit der Stagnation und Fokus vor allem auf Weiterentwicklung der Psychotherapie bei Angsterkrankungen gibt es mittlerweile zunehmend Neues aus den Bereichen Pharmakotherapie und E-Mental-Health. Sowohl die Neuentwicklungen im Bereich Virtuelle Realität und damit verbundene technologisch unterstützte Expositionsverfahren sowie auch die Entwicklung neuer digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) bringen neue Perspektiven in das therapeutische Gesamtportfolio. Dementsprechend werden sich zwei Vorträge mit Perspektiven in der Pharmakotherapie und im E-Mental-Health-Bereich befassen. Einen weiteren Schwerpunkt des Symposions stellt die Entwicklung von Angst und Angsterkrankungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise dar. Hierzu werden Vorträge zur Entwicklung in Deutschland sowie auch zu Ergebnissen einer Onlineumfrage in einem Versorgungsklinikum dargestellt.
Das Symposium behandelt kulturelle Aspekte der Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie in spezifischen Patient*innengruppen aus praktisch-klinischer wie auch aus wissenschaftlicher Sicht. Die Referent*innen stellen auf der Grundlage eigener Daten und im Kontext des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes diagnostische und therapeutische Überlegungen vor, die sich in die praktische Konsiliar- und Liaisontätigkeit integrieren lassen. Der erste Beitrag (S. Simen, Nürnberg) fokussiert auf Frauen mit Migrationshintergrund in der Schwangerschaft und um die Geburt ihrer Kinder, die dabei besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Aufgrund von Sprach- und Kulturbarrieren können Ängste und Schmerzen in der Schwangerschaft oft schwerer adressiert werden, die Betroffenen fühlen sich oft weniger sicher und weniger verstanden. Der zweite Vortrag (T. Ta, Berlin) zielt auf die Erfahrungen nach der Eröffnung der bundesweit ersten Spezialambulanzen für vietnamesische Migrant*innen in Berlin. Ausgehend von diesen klinischen Erfahrungen und von Anbeginn etablierter Begleitforschung werden die Zusammenhänge von soziokulturellen Faktoren und der Kommunikation im Konsiliar- und Liaisondienst bei Menschen mit vietnamesischen Migrationshintergrund erläutert. Der dritte Beitrag (M Brinkers. Magdeburg) beschäftigt sich mit Schmerzkonsilen bei Patient*innen mit Migrationshintergrund, wobei anhand von Fallbeispielen und Darstellung der entsprechenden wissenschaftlichen Literatur die besonderen Herausforderungen gezeigt werden. Dabei spielt die Integration der Patienten für die Schmerztherapie eine wesentliche Rolle. Der vierte Beitrag (K. Richter, Nürnberg) beschäftigt sich mit Patient*innen mit Migrationshintergrund aus den Staaten Ex-Jugoslawiens. Das klinische Bild der durch den Balkan –Krieg geflüchteten Menschen ist nicht nur durch die Traumatisierung, sondern auch durch tiefgehendes Erschütterung des Vertrauens geprägt, was im Konsiliar- und Liaisondienst berücksichtigt werden sollte.
Psychische Erkrankungen sind eine der Hauptursachen für Berufsunfähigkeit (BU) in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Am häufigsten werden dabei Leistungen wegen einer depressiven Erkrankung geltend gemacht; komorbide Depressionen sind ebenfalls häufig. Aber auch andere psychische Erkrankungen (z.B. Angststörungen, somatoforme Störungen) werden von Versicherten als Ursache für Berufsunfähigkeit angeführt.
Entscheidend für die Beurteilung einer möglichen Berufsunfähigkeit ist jedoch nicht die Diagnose selbst, sondern sind die konkreten Funktions- und Leistungseinschränkungen, die für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehen.
Bei unzureichender oder widersprüchlicher Informationslage in der Leistungsprüfung wird ein Sachverständigengutachten zur Leistungsentscheidung nötig. Ziel einer solchen Begutachtung ist es, die von Versicherten selbstberichteten Funktions- und Leistungseinschränkungen zu objektivieren und zu beurteilen, inwiefern die geltend gemachten Defizite die Berufsfähigkeit tatsächlich beeinflussen. Dabei muss stets auf die zuletzt tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit Bezug genommen werden.
In diesem Symposium soll dargestellt werden, wie tätigkeitsbezogene Funktionsstörungen und Leistungseinschränkungen bei psychischen Erkrankungen, unabhängig von der diagnostischen Einordnung, objektiviert und quantifiziert werden können.
Im ersten Teil des Symposiums werden Studienergebnisse, die den Einsatz der Mini-ICF-APP zur Fähigkeitsbeurteilung bei psychosomatischen Patient/innen prüfen, vorgestellt. Im zweiten Teil des Symposiums wird der Nutzen einer neuropsychologischen Leistungsdiagnostik für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit präsentiert. Im dritten Teil wird die Bedeutung der Funktions- und Leistungsdiagnostik in der psychiatrischen Begutachtung beleuchtet.
Konkrete Beispielfälle aus der Begutachtungspraxis werden zur Veranschaulichung vorgestellt und diskutiert.
Die von dem YouTube-Kanal ZQNCE (gesprochen: Sequence) produzierte 61-teilige Biographieserie „Komm, lieber Tod“ zeichnet das Leben mit Depressionen und Todessehnsucht von Stefan Lange nach. Die Reaktionen von Betroffenen und Nicht-Betroffenen sind zahlreich und überwältigend. Betroffene schildern, dass sie nach der Serie von ihrem Vorhaben, sich das Leben zu nehmen, Abstand genommen haben. Nicht-Betroffene danken für den tiefen Einblick und wollen ihre Vorurteile gegenüber depressiven Menschen überdenken. Damit leistet die Serie einen wertvollen Beitrag zur Entstigmatisierung und Prävention.
Die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker (AA) wurde im Jahr 1935 gegründet und stellt seit langem eine weltweite Bewegung dar. Der Alkoholismus wird bei den AA als chronische Erkrankung verstanden, von der die Betroffenen mithilfe des 12-Schritte Programms genesen können. Spiritualität bzw. der Glaube an eine höhere Macht darf hier als das zentrale Element gelten. Des Weiteren kommt dem Leben in der Gemeinschaft bzw. dem Zusammenhalt in der Gruppe eine besondere Bedeutung zu. Die Effektivität der Arbeit der AA konnte mittlerweile durch zahlreiche Studien demonstriert werden – auch finden sich kritische Stimmen, die zu einem lebendigen Dialog beitragen. Die Digitalisierung stellt die AA-Gemeinschaft vor neue Herausforderungen. Zwar gibt es bereits seit langem neben den Präsenzmeetings auch digitale Meeting, jedoch hat die Corona-Pandemie den Schwerpunkt sehr stark in Richtung digitaler Meetings verlagert. Dabei sind Fragestellungen wie Wertebetrachtung der AA vor dem Hintergrund der Digitalisierung, oder Auswirkungen der Digitalisierung auf die Selbsthilfe kritisch zu hinterleuchten. Diese und ähnliche Schwerpunkte möchten wir in unserem Symposium auf der Basis von Erfahrungsberichten von Mitgliedern der AA bzw. gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse gemeinsam thematisieren.
Die Verknüpfung von Schlafstörungen und psychischen Erkrankungen ist ein häufiges Gesundheitsproblem in der hausärztlichen Praxis. Arbeiten der letzten Jahre zeigen, dass eine sorgfältige schlafbezogene Diagnostik und Behandlung nicht eine Schlafstörung selbst sondern auch den Verlauf einer zusätzlich bestehenden psychischen Erkrankung verbessern kann. Das vorliegende Symposium diskutiert aktuelle Entwicklungen zur Diagnostik und Behandlung von häufigen Schlafproblemen im klinischen Alltag, einschließlich substanzbezogener Schlafstörungen, Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Insomnie. Das Symposium mit der Kooperation von Psychiatern, Psychotherapeuten und Hausärzten zielt dabei insbesondere auf eine praxisnahe weitere Implementierung des aktuellen Wissenstands in den hausärztlichen Alltag ab, der in besonderer Weise für die Versorgung relevant ist.
Im Rahmen der Implementierung der S3-Leitlinien zur Verhinderung von Zwang und Gewalt wird neben der Einführung von Safewards oder six-core-strategies das recovery-orientierte „Weddinger Modell“ als komplexe Intervention für psychiatrische Kliniken empfohlen.
10 Jahren Arbeit mit dem „Weddinger Modell“ gibt es neben guten praktischen Erfahrungen zahlreiche wissenschaftliche Befunde, die dessen Wirksamkeit hinsichtlich Beziehungsförderung und Zwangsvermeidung auf verschiedenen Dimensionen belegen. Aktuell untersucht die Forschungsgruppe „Sozialpsychiatrie und Versorgungsforschung“ unter anderem den im Rahmen des „Weddinger Modell“ entwickelten standardisierten Leitfaden zur Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen.
Felix Bermpohl legt in seinem Beitrag den Schwerpunkt auf Klinikstrukturen. Am Beispiel des St. Hedwig-Krankenhauses zeigt er mögliche Ursachen von Gewalt auf und beschreibt recovery-orientierte Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt.
Ina Jarchov-Jádi stellt in ihrem Vortrag die Grundelemente und die Implementierung des „Weddinger Modell“ vor und richtet ihren Fokus hierbei in Bezug auf Förderung von Autonomie und Vermeidung von Gewalt auf die Aspekte Interprofessionalität und Patientenorientierung.
Angelika Vandamme präsentiert das standardisierte leitfadengestützte Interview zur gemeinsamen Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen, das in einem moderierten Gespräch zwischen Patient*in und Mitarbeitenden Anwendung findet. Sie stellt Ergebnisse der umfangreichen Studien zu dem Instrument vor und berichtet von der praktischen Umsetzung im Klinikalltag.
Lieselotte Mahler stellt anhand wissenschaftlicher Daten die Auswirkungen des „Weddinger Modell" sowie die Effekte der leitfadengestützten Nachbesprechung auf Zwangsmaßnahmen dar. Praxisbezogen werden zudem erste Ergebnisse der Implementierung des „Weddinger Modell“ in den Kliniken des Theodor-Wenzel-Werks in Berlin vorgestellt und die Effekte der Wegnahme von Sicherheitsdiensten auf den Akutstationen präsentiert.
Seit der ersten Manifestation des COVID-19-Virus Ende 2019/Anfang 2020 wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung der Infektion in der Bevölkerung einzudämmen. Denn das Virus SARS-CoV-2 kennt keine Grenzen, Sprachen, Hautfarben oder Herkunft. Es bedroht jeden Menschen auf diesem Planeten. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass vulnerable Gruppen besonders anfällig für die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie sind. Zahlreiche Hindernisse beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Präventionsmaßnahmen müssen überwunden werden. Darüber hinaus leben die meisten von ihnen unter schwierigen Bedingungen, in denen sie grundlegende Hygiene- und Distanzierungsmaßnahmen nicht einhalten können. Fehlende soziale Unterstützung, soziale Ausgrenzung, mangelnde Vertrautheit mit Rechten, Ansprüchen und Lücken in der Gesundheitskompetenz zählen zu Risikofaktoren. Die Eindämmungsmaßnahmen wie Quarantäne, Social Distancing und Einsamkeit sowie Angst vor Covid-19 können die Risikofaktoren wie ein Brennglas potenzieren und damit den Einfluss auf die psychische Gesundheit verstärken. In diesem Symposium sollen im ersten Beitrag Ergebnisse einer epidemiologisch-repräsentativen Untersuchung zu zwei Zeitpunkten während der Pandemie vorgestellt werden, im zweiten Beitrag werden die Auswirkungen der Pandemie auf obdachlose Menschen präsentiert. Während der dritte Vortrag aktuelle Daten zu Auswirkungen der Pandemie auf Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund fokussiert, werden im letzten Vortrag eigene Studienergebnisse zu Auswirkungen der Pandemie auf psychisch erkrankte Menschen beleuchtet. Alle Beiträge werden im Plenum diskutiert.
Wohnangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen gehören seit langem zum Kern psychiatrischer Versorgung. Im Rahmen der Deinstitutionalisierung und Enthospitalisierung der 1980er- und 1990er-Jahre wurden zahlreiche institutionelle Angebote als Wohnheime oder Wohngemeinschaften etabliert. Seit einigen Jahren ist im Zusammenhang mit Entwicklungen wie der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen eine neue Entwicklung vorangeschritten, die das Leben mit professioneller Unterstützung in der eigenen Wohnung ermöglicht.
Im Rahmen einer länderübergreifenden Kooperation wurden in Deutschland und in der Schweiz drei Forschungsprojekte etabliert, welche das Wohnen in besonderen Wohnformen (stationäres Wohnen) mit unterstütztem Wohnen in der eigenen Wohnung hinsichtlich diverser Outcome-Indikatoren vergleichen. Das Symposium berichtet über den aktuellen Forschungsstand in den drei Regionen Nordrhein-Westfalen und Südwürttemberg in Deutschland sowie Bern und Zürich in der Schweiz. Während die deutschen Studien das Design der vergleichenden Beobachtungsstudie anwenden, wird in der Schweiz zeitgleich eine randomisierte kontrollierte Studie in Zürich sowie eine Beobachtungsstudie in Bern durchgeführt. Ergänzt wird das Symposium mit den Ergebnissen einer ebenfalls länderübergreifenden Entwicklung einer Modelltreue-Skala zum Unterstützten Wohnen, die in Nordrhein-Westfalen sowie in der Schweiz bereits zum Einsatz kam.
Nachdem die Geschichte der DGPPN rekonstruiert worden ist, rücken nun andere nervenärztliche Vereinigungen in den Fokus. Inwieweit war auch dort die Führungsebene „belastet“? Wodurch wurde eine Elitenkontinuität begünstigt? Gab es Auseinandersetzungen um die Vergangenheit?
1. Anklage und Verklärung: Wie in der DGPT die NS-Zeit thematisiert wurde
In der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapie und Tiefenpsychologie wurde die NS-Zeit nie völlig ausgeblendet. Die Vorstandsmitglieder der DGPT brandmarkten zwar die Medizinverbrechen und forderten eine Neuorientierung, gleichzeitig wurde die Rolle der Psychoanalyse im Nationalsozialismus verkürzt dargestellt. Wie gelang dieser Spagat?
2. Wieder- oder neu gegründet, mehr Pädiatrie oder Psychiatrie? Die Deutsche Vereinigung für Jugendpsychiatrie (1950-1970)
Die Gründungsversammlung der heutigen DGKJP wird in Hinblick auf (Dis-)Kontinuitäten von der Weimarer Republik bis in die Bundesrepublik analysiert und die interdisziplinäre Positionierung der Gruppe sowie ihre Verortung zwischen Neu- und Wiedergründung diskutiert.
3. Wer war ein Nazi? Anmerkungen zur Geschichte der DGN (1950-1990)
Etliche Nachkriegs-Präsidenten und -Ehrenmitglieder der Deutschen Gesellschaft für Neurologie waren dem Nationalsozialismus formal oder ideologisch verbunden gewesen. Der Vortrag fokussiert auf diese „Elitenkontinuität“ und sucht nach Erklärungen.
4. Zwischen Autonomie und staatlicher Kontrolle: Fachgesellschaften für Psychiatrie und Neurologie in der DDR
In der SBZ entstanden zunächst regionale Vereinigungen. Der Vortrag analysiert, wie im Spannungsfeld von (gesellschafts-)politischen Anforderungen und realen Gegebenheiten Kompromisse eingegangen werden mussten, die 1956 zu einer DDR-Fachgesellschaft führten.
Die Übersichtsvorträge stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaften sowie beiden deutschen Staaten dar.
Schlafstörungen sind häufig und werden häufig als Begleiterkrankungen gefunden. Die geäußerten Beschwerden und Symptome sind oft unspezifisch. Eine schlafmedizinische Diagnostik kann helfen zu erkennen ob es sich um eine primär zu behandelnde Schlafstörung handelt oder ob es sich um eine begleitende Komorbidität handelt. Moderne digitale Werkzeuge können helfen schlafmedizinische Beschwerden genauer einzugrenzen und womöglich eine Verdachtsdiagnose zu stellen ohne sofort eine Polysomnographie im Schlaflabor durchführen zu müssen.
Smartphone mit Schlaf-Apps und Smartwatches können mit neuer Sensorik nicht nur die Bewegung sondern auch Puls und Sauerstoffsättigung, sowie Nutzerverhalten aufzeichnen und daraus Schlüsse ziehen. Nur die wenigsten Geräte haben jedoch eine medizinische Gerätezulassung. Einige Sensoren kommen aus dem Lifestyle Bereich und andere aus Schlaflaboren. Entsprechend ist der Qualitätsunterschied in der Aussage sehr groß und wird an Beispielen dargestellt.
Auch in der Therapie von Schlafstörungen haben digitale Anwendungen einen Platz gefunden. Es gibt eine App, die zur Behandlung der Insomnie in Deutschland zugelassen ist. Gerade für die Behandlung der Insomnie sind bereits mehrere Apps entwickelt worden. Weitere Apps können therapiebegleitend eingesetzt werden und können so auch die Therapietreue von CPAP bei Schlafapnoe verbessern.
Insgesamt bieten die digitalen Anwendungen viele Möglichkeiten in der Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Die Bewertungen und Einordnungen stehen noch am Anfang. Neue Kriterienkataloge müssen entwickelt werden und klinischen Studien zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen müssen durchgeführt werden.
Penzel T, Schöbel C and Fietze I. New technology to assess sleep apnea: wearables, smartphones, and accessories. F1000Research 2018, 7:413 doi: 10.12688/f1000research.13010.1
Mit jährlich circa 9400 Suiziden und circa 200.000 Suizidversuchen stellt suizidales Verhalten in Deutschland eine Herausforderung für die Gesundheits- und Versorgungssysteme und insbesondere die fachspezifische Versorgung dar. Zunächst werden einige epidemiologische Fakten und Überlegungen zu den Ursachen suizidalen Verhaltens sowie evidenzbasierte suizidpräventive Ansätze dargestellt. Im Weiteren wird ebenfalls knapp auf die Prinzipien bei der Exploration des Suizidrisikos, auf den Umgang mit Suizidalität im Rahmen der ambulanten und stationären Behandlung und auf evidenzbasierte Behandlungsansätze eingegangen. Zentrales Element dieses Symposiums ist ein Rollenspiel der Referenten, in denen exemplarisch Suizidgefährdung exploriert wird und im Folgenden des Spektrums angemessener suizidpräventiver Maßnahmen im Rahmen einer 30-minütigen Diskussion verdeutlicht wird. Hier besteht die Möglichkeit, das eigene Vorgehen im Sinne eines Benchmarkings mit dem anderer Kollegen zu vergleichen.
Die UN-BRK und das BTHG stärken das Menschenrecht, den Aufenthaltsort selbstbestimmt wählen können. Die passgenaue und gemeindenahe Versorgung stößt bei schwer und chronisch psychisch kranken Menschen mit intensiven Unterstützungsbedarfen jedoch auf institutionelle Grenzen. Insbesondere von Seiten der psychiatrischen Kliniken wird öfters ein Ausbau geschlossener Wohnangebote für besonders schwer erkrankte Personen angemahnt.
Ausgangspunkt ist eine aktuelle Beschreibung der bundesweiten Unterstützungslandschaft offener und geschlossener psychiatrischer stationärer Einrichtungen (inkl. CMA) der Eingliederungshilfe. Darauf aufbauend werden das Konzept der Personenorientierung (Steinhart) und gemeindepsychiatrische Ansätze (Borbé) vorgestellt, die Alternativen zur geschlossenen Unterbringung bieten können. Frau Holthoff-Detto thematisiert die Situation älterer Menschen, für die häufig wegen der Komplexität der notwendigen Behandlung und mangelnder Alternativen eine Umsiedlung in eine stationäre Pflege notwendig wird. Eine Alternative ist ein gestuftes ambulantes und stationäres Versorgungs- und Behandlungsmodell für alte Menschen mit einem qualifizierten multiprofessionellen Team als Kern und einer vernetzten, transsektoralen Wahrnehmung von Verantwortung als Teil der Regelversorgung. Aus Betroffenen-Perspektive (Richter) werden die Beiträge diskutiert und Versorgungslücken und Defizite im bestehenden System angesprochen, die durch einen Ausbau der Angebote geschlossener Unterbringung noch verstärkt werden können, weshalb dies grundsätzlich abgelehnt wird.
Die sog. „Abteilungspsychiatrie“, also die Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern, war das erwünschte Versorgungsmodell der Psychiatrie-Enquete. Mit einer Behandlung in der Mitte der somatischen Medizin wurden Entstigmatisierung, eine bessere Personalausstattung und die Entwicklung moderner, kontextorientierter Therapieformen verbunden. Bestanden zunächst noch Zweifel, ob „Abteilungen“ auch eine Versorgungsverpflichtung ausfüllen könnten, so entwickelten sie sich bald als etablierte regional bezogene Kliniken, die inzwischen selbstverständlicher Teil des psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystems sind. Gleichzeitig setzen die Rahmenbedingungen von Mindestpersonalausstattung und Vergütung zunehmend Anreize für größere Systeme und treffen damit auf eine inhaltliche Spezialisierungsdebatte, die die Übernahme regionaler Verantwortung in überschaubaren Systemen wie z. B. durch Kliniken an Allgemeinkrankenhäusern erschweren. Hier stehen Lebensumfeld, der Verlauf von psychischen Erkrankungen in der Lebensspanne und der Kontakt zum regional gewachsenen Versorgungssystem gemeindepsychiatrischer Akteure im Mittelpunkt. Die Möglichkeit der Gestaltung therapeutischer Beziehungen in persönlicher Kontinuität über die Sektorengrenzen der Krankenhausbehandlung hinweg, ist eine Kernkompetenz psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung am Allgemeinkrankenhaus. Es ist daher die Frage zu stellen, ob dies eine letztlich unangemessen romantische Idee in einer Medizinentwicklung ist, die sich immer mehr in Richtung Zentralisierung, Differenzierung und Spezialisierung entwickelt. Darüber wird im Symposium nach einer thematischen Einführung im Format eines Zwiegesprächs diskutiert. Die Gesprächspartner sind langjährig als Chefarzt/ärztin in Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern tätig und psychiatriepolitisch aktiv.
Auf europäischer Ebene werden aktuell Standards für genetische Beratung und Diagnostik bei psychischen Erkrankungen entwickelt. Die wissenschaftlichen Befunde, die diesem Prozess zugrunde liegen, und erste Erfahrungen aus der Praxis sollen in diesem Symposium vorgestellt werden. In einem ersten Referat wird Franziska Degenhardt als Sprecherin der europäischen Initiative den aktuellen Stand der Diskussion zu Genetischer Diagnostik und Beratung bei PatientInnen mit Schizophrenen Psychosen unter besonderer Berücksichtigung von copy number variations in Spezialambulanzen vorstellen. Helge Frieling wird im Anschluss daran von Erfahrungen aus einer an einer deutschen Universitätsklinik etablierten Spezialambulanz zur Psychischen Gesundheit bei Seltenen Erkrankungen am Beispiel des Prader-Willi-Syndroms berichten. Neben der Beratung bei definierten genetischen Befunden im Rahmen von Seltenen Erkrankungen sind pharmakogenetische Untersuchungen ein zweites wesentliches Thema der aktuellen europäischen Diskussion. Daniel Müller wird daher die aktuellen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften zum Einsatz pharmakogenetischer Untersuchungen beim Einsatz von Antidepressiva und Antipsychotika zur Erhöhung der Medikamentensicherheit referieren. Abschliessend wird Maike Scherf-Clavel Befunde aus einer deutschen Universitätsklinik zur Relevanz von Cyp2D6 und Cyp2C19 Genotypen für die Therapie mit Amitriptylin und Venlafaxin vorstellen. Ergebnisse aus wissenschaftlichen genetischen Untersuchungen werden zunehmend auf ihre Relevanz für die klinische Praxis überprüft und können zu einer personalisierten Medizin beitragen. Dieses Potential kann aber nur bei realistischer Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen genetischer Untersuchungen richtig genutzt werden. Das Symposium will durch Vermittlung des Standes der Wissenschaft hier einen Beitrag leisten.
Psychiatrische Professionelle sind in ihrer täglichen Arbeit mit einer Vielzahl an ethischen Herausforderungen konfrontiert. Manche, jedoch nicht alle dieser Konfliktfelder sind auf die unmittelbare Arzt-Patienten-Beziehung beschränkt, während andere über diese hinausweisen und in unterschiedlichem Ausmaß mit systemischen oder gesellschaftlichen Faktoren zusammenhängen.
Das geplante Symposium verfolgt vor diesem Hintergrund das Ziel, unterschiedliche Ebenen ethischer Konfliktfelder bewusst zu machen und hierfür mögliche Lösungsansätze zu identifizieren (Vortrag von Jakov Gather). Anhand von konkreten ethischen Konfliktfeldern aus der psychiatrischen Versorgung sollen anschließend exemplarisch ethische Herausforderungen auf der Mikro-, Meso- und Makroebene erörtert sowie Möglichkeiten und Grenzen ihrer „Lösung“ im psychiatrischen Versorgungsalltag diskutiert werden (Vorträge von Anna Westermair, Tilman Steinert und Gerhard Längle).
In dem Symposium werden Ergebnisse von Online Studien zu Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und von sexualisiertem Substanzkonsum (Chemsex) auf die psychische Gesundheit von LGBTIQ Personen sowie Effekte einer Videointervention zur Suizidprävention vorgestellt.
Die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf das psychische Wohlbefinden von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wurden in einer Multicenter Studie im Zeitraum von April bis Juli 2020 in einer Onlinebefragung (N=2.332) anhand einer multivariaten linearen Regression mit dem WHO-5 Fragebogen analysiert. Angehörige von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wiesen ein niedrigeres psychisches Wohlbefinden als die cis-heterosexuelle Vergleichsgruppe auf. Als besonders vulnerable Gruppe zeigten sich bi- und asexuelle Personen sowie trans* Personen.
In der Studie „Chem-QuISS - Chems, Queere Identität, Scham und Sexualerleben“ des LMU Klinikums München wurde anhand einer Online Untersuchung mit ca 1500 Proband*innen untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen schwul/lesbischer Identität (LGBIS-DE), Schamempfinden (SHAME), Sexualerleben (MFS) und Konsummuster gibt. Chemsex, ein Neologismus aus den Wörtern „chemicals“ und „sex“, beschreibt eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums. Besonders verbreitet ist diese Praxis unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), wobei Methamphetamin, GHB/GBL, Mephedron und Ketamin zu den bevorzugt genutzten Substanzen zählen.
In dem österreichischen Suizidpräventionsprojekt “Es wird besser” konnte gezeigt werden, dass Videos mit persönlichen Erzählungen über gemeisterte Krisen einen positiven Effekt auf LGBTQ Jugendliche haben. Durchgeführt wurden Inhaltsanalysen von Videos (n=198), eine qualitative Fokusgruppenuntersuchung mit acht Gruppen (n=19 Jugendliche) sowie eine randomisiert kontrollierte Studie (n=483). Eine Identifikation mit der im Video gezeigten Person ist ein Schlüsselfaktor für die Wirkung von suizidpräventiven Botschaften.
In der Bundesrepublik erkrankt im Verlauf eines Jahres mehr als jeder Vierte an einer psychischen Erkrankung unterschiedlichen Schweregrads. Obwohl die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen gestiegen ist, steht nur jeder Fünfte mit einer Diagnose aus dem Bereich der psychischen Erkrankungen im Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Obgleich sich in der Bundesrepublik ein hochdifferenziertes ambulantes und stationäres Versorgungssystem für die Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen etabliert hat. Dieses differenzierte, aber überaus fragmentierte Versorgungs- und Kostenträgersystem führt immer noch zu Problemen bei den Übergängen zwischen den Sektoren, zu Wartezeiten in der ambulanten Behandlung und vor allem in der Psychotherapie.
Mit dem Ziel, eine kontinuierliche, bedarfsangepasste Behandlung besonders für schwererkrankte Menschen zu gewährleisten, sind in den letzten 15 Jahren verschiedene neue Versorgungsformen entstanden. Als Beispiele seien hier integrierte Versorgung, Modellprojekte §63 SGB V, stationsäquivalente Leistungen, Disease-Management-Programme genannt. Aktuell wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss eine Richtlinie §92 Abs. 6 SGB V für eine berufsübergreifende, koordinierte ambulante Versorgung insbesondere für Schwerkranke verabschiedet, die einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der ambulanten Versorgung bedeutet.
Zur Überwindung der Sektorengrenzen und zur verpflichtenden Vernetzung aller Leistungserbringer einer Region ist eine gestufte Versorgung, die sich am Bedarf der Patienten orientiert, unterschiedliche Intensität der Behandlung, sowie eine klar verortete Koordinationsverantwortung in der Region festlegt. Die DGPPN hat dazu das sogenannte Stepped-Care-Modell entwickelt.
Im Diskussionsforum werden Vorschläge gemacht, inwieweit die neuen Versorgungsformen entsprechend des Stepped-Care-Modells in die Versorgung implementiert werden können.
Die Tatsache, dass von den Sachverständigen die Frage, ob eine ausreichend konkrete Aussicht auf Behandlungserfolg vorliegt, schon hinreichend sicher beim Erkenntnisverfahren beantwortet werden soll, stellt in der Praxis eine kaum seriös zu bewältigende Herausforderung dar.
Der Eingangsvortrag von Herrn Querengässer betrachtet zunächst die diversen Erfolgskriterien forensischer Suchtbehandlung und gibt dann einen Überblick über die empirischen Befunde der letzten 20 Jahre zu Prädiktoren des Entlassmodus aus einer Behandlung gem. § 64 StGB einerseits und der darauffolgenden Legalbewährung andererseits. Abschließend diskutiert wird nicht nur, wie dies gelingen könnte – etwa in Form einer probatorischen Behandlungsphase oder durch den Einbezug von absehbaren Settingfaktoren – sondern auch, ob es sinnvoll sein könnte, die gesetzlich geforderte Prognose des Behandlungserfolges umzuformulieren oder gar gänzlich aus der Rechtsvorschrift zu streichen.
Im Anschluss wird Frau Berthold über die Ergebnisse aus der Stichtagserhebung berichten. Auf Basis der limitierten Variablen, die den Sachverständigen zum Zeitpunkt des Erkenntnisverfahrens vorliegen, wurde versucht mittels statistischer Datenauswertung die bedeutsamen Prognosefaktoren auf den Behandlungserfolg zu ermitteln. Die Untersuchung erfolgte mittels der in der Stichtagserhebung im Jahr 2019 erhobenen Daten. Die soziodemografischen und delinquenzbezogenen Variablen wurden auf ihren prädiktiven Einfluss auf das Behandlungsergebnis hin untersucht.
Am 23.03.2021 hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine aus psychiatrischer Sicht etwas überraschende (wenn auch nachvollziehbare) Tendenz aufgezeigt in der Entscheidung 6 StR 62/21. „Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob eine solche – letztlich auf eine vage Zufallswahrscheinlichkeit hinauslaufende – Prognose die Voraussetzungen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht noch erfüllen würde.“
Es soll Herr Koller im Anschluss in dem 3. Vortrag Stellung nehmen als Jurist zu der konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg.
Der 4. Vortag von Frau Gaudernack soll auch das Thema „Erfolgsaussicht bei vollziehbarer Ausreisepflicht und bei Sprachunkundigen“ als Unterpunkt diskutieren. Es soll der Reformbedarf der gesetzlichen Regelung auch bei diesem Unterpunkt diskutiert werden.
In diesem Symposium werden Ergebnisse von Untersuchungen in der Bundeswehr berichtet, die sich schwerpunktmäßig mit Einsätzen von Soldatinnen und Soldaten unter den Bedingungen der Covid-19 Pandemie befassen.
Gerd-Dieter Willmund und Mitarbeiter gehen im ersten Beitrag der Frage nach, was die Covid-19-Pandemie mit militärischen Einsatzkräften macht. Die Bundeswehr unterstützt seit Februar 2020 im Rahmen der Amtshilfe Bund, Länder und Kommunen. Derzeit sind mehr Soldaten im Corona-Einsatz im In- und Ausland gebunden als Soldaten in Auslandseinsätzen eingesetzt werden. In mehreren wissenschaftlichen Projekten hat das Psychotraumazentrum der Bundeswehr die psychosozialen Belastungen von Einsatzkräften, darunter medizinisches Fachpersonal, aber auch Soldatinnen und Soldaten in der isolierten Unterbringung untersucht.
Johannes Müller berichten über eine Studie, in der das Belastungserleben Mitarbeitenden am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg aufgrund der Covid-19 Pandemie untersucht wurde. Es fanden Erhebungen im Oktober 2020 (N=333) und im April 2021 statt, eine weitere Erhebung ist für Oktober 2021 geplant. Zur Erfassung des Belastungserlebens wurde der ADM-20 eingesetzt. Erste Ergebnisse zeigen eine hohe Rate an Anpassungsstörungen, die sich auf die Pandemie beziehen. Frauen zeigten sich mehr belastet als Männer. Insbesondere Alleinerziehende, Personen, die Angehörige pflegen, und ältere Mitarbeitende zeigten sich darüber hinaus deutlich belastet.
Im letzten Beitrag referieren Ursula Simon und Mitarbeiter über eine Studie zur Wirksamkeit der Cognitive Processing Therapy (CPT). Diese Therapie beinhaltet eine Konfrontationsphase in der Gruppe. Die angeleitete in sensu-Exposition im Gruppenrahmen stellt speziell im Hinblick auf die Therapie von traumatisierten Soldaten in Deutschland eine Rarität dar. Studien aus den USA zeigen einen positiven Impact der Konfrontation in der Gruppe auf den Therapieerfolg. Der Vortrag gibt Auskunft über bisherige Zwischenergebnisse.
Therapeutic drug monitoring (TDM) hat in der Psychiatrie einen evidenzbasierten und klinisch relevanten Stellenwert. Routinemäßig wird sie bei Neueinstellungen, Therapieoptimierung und Verlaufskontrollen eingesetzt. Das Symposium zeigt im ersten Teil wie aktuelle PET Untersuchungen zur Dopaminrezeptorbindung in Abhängigkeit der Serumkonzentration von Antipsychotika sowie pharmakokinetische Studien oraler und Depo-Formulierungen die Rolle des TDM zur individualisierten Dosisbestimmung unterstreichen. Die Untersuchungen weisen auch darauf hin, wie das therapeutischen Fenster in der Akutbehandlung von schizophrenen Störung höhere Werte beinhalten als in der Erhaltungsphase. In der Tat sind die Konzentrationen der 2, 3 resp 4 wöchigen Depotverschreibung im Median niedriger. Was dies für die 3 Monats-Depotformulierung bedeutet und welche klinischen Auswirkungen zu erwarten sind, gilt es zu erforschen. Erste Ergebnisse aus Fallserien unterstützen auch für die 3 Monats-Formulierung die Hypothese, dass in der Erhaltungstherapie tatsächlich ein anderes therapeutisches Fenster postuliert werden kann.
Der zweite Teil des Symposiums behandelt die Rolle von TDM bei Infektionskrankheiten. Bekanntlich bedingt ja der Entzündungsprozess eine verzögerte Magenentleerung (Verlangsamung der Absorption) und IL 6, IL 1 alpha sowie der TNF alpha inhibieren das CYP 450 1 A 2 und die Uridindiphosphat Glucuronyltransferase (UTG). Dies kann die Serumkonzentration wesentlich verändern und lässt sich am Beispiel der Spiegelerhöhung von Clozapin mit klinisch relevanter Auswirkung sehr gut darstellen. Infiammatorische Reaktion werden aber auch durch Impfungen ausgelöst; so beschäftigt sich der letzte Beitrag mit dem Einfluss von Covid19-mRNA Impfstoffen auf Pharmakinetik/dynamik von Psychopharmaka. Ergebnisse einer laufenden naturalistischen, prospektiven und intraindividuellen Studie werden präsentiert. TDM wird zu einem wesentlichen diagnostischen Werkzeug.
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen im höheren Lebensalter. Die Behandlung der Altersdepression stellt insbesondere hinsichtlich der Multimorbidität vieler Patienten eine besondere Herausforderung im klinischen Alltag da. Neben Pharmakotherapie und Psychotherapie stehen Hirnstimulationsverfahren zur Behandlung zur Verfügung. Die Wirksamkeit der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) bei älteren Patienten wird kontrovers diskutiert. In zahlreichen Studien konnte die akute Wirksamkeit der hochfrequenten rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex nachgewiesen werden. Dabei wurde auf die Notwendigkeit insbesondere höherer Stimulationsintensitäten hingewiesen. Ältere Patienten profitieren von einer Behandlung mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT) deutlicher und schneller als jüngere. Altersübergreifend ist die EKT hinsichtlich der Wirksamkeit der Pharmakotherapie überlegen. Kognitive Nebenwirkungen treten jedoch häufiger auf. Die Magnetkonvulsionstherapie (MKT) ist ein innovatives Stimulationsverfahren. Wie bei der EKT wird unter Kurznarkose ein Krampfanfall ausgelöst, jedoch mit starken magnetischen Feldern. Bisherige Ergebnisse zeigen wenig kognitive Nebenwirkungen bei guter antidepressiver Wirksamkeit. Beobachtungsstudien konnten für die Vagus-Nerv-Stimulation (VNS) robuste und nachhaltige Therapieeffekte bei Patienten mit überwiegend chronifizierten Therapieverläufen feststellen. Bezogen auf den Bereich der Altersdepression liegen bisher noch keine Studienergebnisse vor. Aus anderen Indikationsgebieten sind jedoch keine kognitiven, kardiovaskulären oder metabolische Nebenwirkungen bei der VNS bekannt. Tierexperimentell gibt es Hinweise auf neuroprotektive Eigenschaften im Bereich des Hippocampus. Stimulationsverfahren zur Behandlung der Altersdepression werden in diesem Symposium vorgestellt und diskutiert.
Regelungen für den psychiatrisch-psychosozialen Versorgungsbereich werden von einer Vielzahl an gesundheitspolitischen Akteuren und Institutionen erlassen. Der prominenteste Akteur, der in diesem Bereich tätig ist, ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Beratungsverfahren im G-BA betreffen beispielsweise Mindestanforderungen an Personalvorgaben im Bereich Psychiatrie und Psychosomatik, Disease Management Programme (DMP), bspw. bei unipolarer Depression oder die Reform der Psychotherapie-Richtlinie. Jenseits des G-BA gibt es auch andere gesund-heitspolitische Institutionen, die bspw. während Qualitätssicherungsverfahren Patientenvertre-ter*innen beteiligen, um die Sicht von Betroffenen in die Ausgestaltung ihrer Beschlüsse und Emp-fehlungen einzubeziehen. Dieses Symposium möchte Patientenvertreter*innen zusammenbrin-gen und Gelegenheit zum Austausch von Erfahrungen in unterschiedlichen Gremien und Organisa-tionen im Bereich der psychosozialen Versorgung geben. Dabei werden u.a. die folgenden Fragen thematisiert: Welche Rahmenbedingungen prägen die derzeitige Patientenbeteiligung? Welche konkreten Beteiligungsformate (Verfahren und Methoden der Beteiligung) gibt es bzw. wären darüber hinaus denkbar? Sind gegenwärtige Mitbestimmungsmöglichkeiten ausreichend? Welchen Herausforderungen ist die Patientenbeteiligung ausgesetzt? Welche Schwierigkeiten treten auf und was sind günstige Bedingungen in einer Institution? Welchen Nutzen haben gesundheitspoliti-sche Institutionen von der Beteiligung von Patientenvertreter*innen? Was lässt sich an der Umset-zung der Patientenbeteiligung noch verbessern?
In Zeiten des nationalen Pandemie-Notstandes erlangt das ohnehin unverzichtbar gewordene zivilgesellschaftliche Engagement eine zusätzliche systemrelevante Dimension. Im Gesundheitswesen generell und gerade auch in der Versorgung von psychisch kranken oder belasteten Menschen, ist die sogenannte „Vierte Säule des Gesundheitswesens“, die gesundheitsbezogene Selbsthilfe, nicht mehr wegzudenken und gleichzeitig durch die Corona-Maßnahmen stark herausgefordert. Bei Selbsthilfegruppen, deren Nutzen und Wirken traditionell stark vom unmittelbaren, persönlichen Austausch und unterstützenden Beziehungen abhängt, sind die Chancen und insbesondere die Risiken der Digitalisierung schon vor der Pandemie heiß diskutiert worden. Mit Corona wurden auch hier die Vorzeichen umgedreht. Nach dem Motto: „Aus der Not eine Tugend machen“ wurden vielerorts völlig neue Formen der digitalen Selbsthilfe entwickelt bzw. die Transformation unterstützende Maßnahmen ergriffen. Das Symposium widmet sich Schwerpunktmäßig und exemplarisch den Chancen und Risiken in der Angst-Selbsthilfe.
Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland und verursachen mit 17 Prozent nach den Muskel- und Skelett-Erkrankungen die meisten Arbeitsunfähigkeitstage. Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsdauer beträgt 35 Tage.
„Arbeitsunfähigkeit“ kann den Patienten vor Überlastung und weiterer gesundheitlicher Schädigung schützen, andererseits ist Arbeit und Beschäftigung ein hohes Gut, wirkt sinnstiftend und identitätsstärkend, fördert die soziale Einbindung und ist daher im Interesse („nicht nur“ des Patienten). „Krankschreibung“, die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nach ärztlicher Untersuchung, ist bei akuten psychischen Störungen nicht selten unerlässlich. Patienten mit z. B. akuten wahnhaften Symptomen oder schweren Antriebsstörungen wie bei einer Depression sind beruflichen Anforderungen durch die mit ihrer Erkrankung hervorgerufenen Funktionsstörungen nicht gewachsen. Gleichzeitig führt aber die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit, insbesondere bei längerer Dauer, häufig zu einer Gefährdung des Arbeitsplatzes. Auch wenn nicht allen Patienten unmittelbar die möglichen Folgen längerer Arbeitsunfähigkeit bewusst sind, muss der Wiedereingliederung in das Berufsleben hohe Priorität eingeräumt werden.
Das Symposium soll krankheitsbedingte Funktions-und Fähigkeitsstörungen darlegen. Er setzt sich mit einer möglichen vorübergehenden oder andauernden Arbeitsunfähigkeit auseinander. Die damit oft einhergehende Blockierung therapeutischer Interventionen wird näher beleuchtet. Faktoren über eine stabilisierende und auch schützende Funktion der Arbeit werden aufgezeigt. Diese Überlegungen sollen dem Hausarzt in seiner Weichenstellung eine Hilfe für das weitere Vorgehen geben.
Home Treatment (HT), als psychiatrische Akutbehandlung im häuslichen Umfeld der Patienten mit akuten psychischen Beschwerden, alternativ zum stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik, ist eine der Möglichkeiten, welche die Psychiatrie derzeit in verschiedenen europäischen Ländern als anbietet. Es handelt sich um eine Antwort auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten, aber auch auf die strukturellen und wirtschaftlichen Anforderungen, welche die sich in ständiger Anpassung befindlichen Gesundheitssysteme an Versorgungsstrukturen stellen.
Auf welche Bedürfnisse reagiert HT tatsächlich, sowohl klinisch als auch institutionell und wirtschaftlich? Und unter welchen Bedingungen und in welchen Situationen stellt diese Behandlungsform wirklich die beste Option dar?
Das Versorgungsmodell ist durch ein therapeutisches Setting, das sich an ganz an den individuellen Bedürfnissen des Patienten orientiert und durch die Einbettung der Behandlung in den familiären und sozialen Kontext charakterisiert. Nicht unbeachtet sollte ein eventueller Einfluss dieser Veränderung des Behandlungssettings auf die Stigmatisierung der psychiatrischen Behandlung und der Patienten bleiben.
In der Schweiz wurde das Model von Home Treatment in mehreren Regionen auf unterschiedliche Weise umgesetzt, wobei grundsätzliche Element bei allen Angeboten vorkommen: Interdisziplinarität, Erreichbarkeit des Teams während 24 Stunden, zeitliche Begrenztheit der therapeutischen Intervention etc.
Der Vergleich der verschiedene Modelle (Region Aargau, Baselland, Tessin...) im Rahmen des Symposiums ermöglicht Herausforderungen, Schwierigkeiten und Chancen zu erkennen, zu diskutieren und soll helfen das Versorgungsmodell weiter zu entwickeln. Die verschiedenen Angebote wurden oder werden wissenschaftlich quantitativ und teilweise qualitativ evaluiert und diesbezügliche Ergebnisse werden in den Vorträgen präsentiert.
Die Arzneimitteltherapie in der Psychiatrie wird zunehmend komplexer. Neben den Kontraindikationen für Arzneimittel, rote Hand Briefen und Warnhinweisen, gilt es aber auch andere Faktoren bei der Wirkstoffauswahl zu berücksichtigen. Vor allem im Hinblick auf die demographische Entwicklung mit zunehmend alternder Gesellschaft werden wir mit zahlreichen multimorbiden, polypharmazeutisch behandelten Patienten konfrontiert. Unbeachtete oder nicht bekannte Wechselwirkungen können zu einer Vielzahl von Komplikationen führen, die nicht nur die Gesundheit des Patienten gefährden, sondern auch volkswirtschaftlich von Relevanz sein können. Hier ist im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit nicht nur die detaillierte Kenntnis über Indikationen und Zulassungen, sondern auch eine besonders sorgfältige Auswahl ggf. unter Einbeziehung genetischer Faktoren eines geeigneten Medikamentes mit geringem Wechselwirkungspotential erforderlich. Wo liegen aber die Unterschiede der Wirkstoffe, wie kann man durch geeignetes Monitoring die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen? Wie wähle ich interaktionsfreie Kombinationen? Sowohl pharmakodynamische als auch pharmakokinetische Eigenschaften der Wirkstoffe sollen dabei am Beispiel der Antidepressiva und Antipsychotika vergleichend dargestellt werden. Des Weiteren werden die Indikationsgebiete, der durch randomisierte placebokontrollierte Studien nachgewiesenen positiven Effekte von off-label-use in begründeten Fällen besprochen. An Fallbeispielen soll dieses Wissen vertieft werden. Aber auch hinsichtlich Wirksamkeit sollen die Arzneimittel bei verschiedenen Indikationen vergleichend dargestellt werden: evidenzbasierte Pharmakotherapie und pharmakogenetische Befunde um das Outcome des Patienten zu verbessern. Auch dies soll an Fallbeispielen geübt werden. Es dürfen dazu eigene Fälle mitgebracht werden. Nicht zuletzt soll der Workshop auch darstellen, wie Ärzte und Apotheker interdisziplinär nach dem „Eichberger Modell“ zusammenarbeiten können, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen. Der Workshop soll einen Überblick über Psychopharmaka, deren Indikationsgebiete, Wirk- und Nebenwirkungsspektren sowie Interaktionen und Pharmakogenetik bieten, und den Teilnehmern mehr Sicherheit bei der Auswahl und dem Einsatz der Medikamente für den individuellen Patienten vermitteln.
Zielgruppe: Assistenzärzte, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.
Didaktische Methode: Interaktiver Workshop mit Vortrag und Bearbeitung von Fallbeispielen in der Gruppe, Besprechung eigener Fälle der Teilnehmer.
Dieser Workshop hat zum Ziel, Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung auf die Neurologie-Rotation vorzubereiten. An typischen Fallbeispielen sollen diagnostische Pfade, differentialdiagnostische Überlegungen und therapeutische Optionen aufgezeigt werden. Hierfür erfolgt eine Unterteilung in die Themengebiete: vaskuläre Neurologie, Kopfschmerz/Schwindel, entzündliche Erkrankungen, Anfallserkrankungen, Bewegungsstörungen/degenerative Erkrankungen und periphere Neurologie. In Kleingruppen werden zudem spezielle Untersuchungstechniken geübt und es kann auf individuelle Fragestellungen eingegangen werden.
Polypharmazie beginnt lt. WHO ab 5 Medikamenten aufwärts. Überlegen Sie, wie viel Medikamentenkurven Sie haben, die weniger als 5 Medikamente aufweisen?
Man geht davon aus, dass Arzneimittel¬interaktionen bei UAW-bedingten Krankenhaus-aufnahmen zu 25% und bei Aufnahmen auf Intensiv¬stationen zu 50% mitverantwortlich sind (Hafner et al. Der Internist 2010;51: 359-370).
Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die durch Wechselwirkungen bedingt sind, gelten als „vermeidbare Medikationsfehler“ (Hiemke C, Eckermann G, Psychopharmakotherapie 2014; 21:269-279)
In diesem Workshop sollen medikamentöse Kombinationstherapien in Bezug auf Risiken und Fallstricke, aber auch die mögliche erhöhte therapeutische Effizienz dargestellt werden. Es werden Signale diskutiert, die auf die zu erwartenden Interaktionseffekte hinweisen.
Dabei wird auch speziell auf die aktuelle Situation durch die COVID-19-Pandemie bei mit Psychopharmaka behandelten Patienten eingegangen, sowie auf die Wechselwirkungen mit Medikamenten, die bei COVID-19 eingesetzt werden (Seifert J, Heck J, Eckermann G et al. Nervenarzt 2020; 91: 604-610) und auf die Frage, wie es mit der COVID-19-Impfung bei Patienten mit Psychopharmaka steht.
Arzneimittelinteraktionen werden in pharmakokinetische und pharmakodynamische eingeteilt.
Pharmakokinetische Interaktionen entstehen, wenn eine Substanz die Absorption, die Verteilung, den Metabolismus oder die Exkretion eines Medikaments verändert und damit dessen Konzentration am Wirkort erhöht oder senkt. Die meisten pharmakokinetischen Wechselwirkungen finden auf der Ebene der Metabolisierung statt und hier an Enzymen des Cytochrom-P450-Systems (CYP).
Pharmakodynamische Wechselwirkungen entstehen, wenn die kombinierten Substanzen an der gleichen Wirkstruktur oder an funktionell verbundenen Systemen gemeinsam angreifen. So können sich z.B. anticholinerge Wirkungen von Amitriptylin, Olanzapin und Tolterodin aufsummieren zu einem Delir.
Natürlich können auch allgemeinmedizinische oder internistische Medikamente wie die Antibiotika Ciprofloxacin, Clarithromycin oder das Antimykotikum Terbinafin oder das Antiarrhythmikum Amiodaron starke pharmakokinetische Effekte triggern.
„Genussmittel“ wie das Rauchen senken die Blutspiegel nicht nur von Duloxetin oder von Antipsychotika wie Clozapin oder Olanzapin, sondern z. B. auch von Antiparkinsonmedikamenten wie Rasagilin und Ropinirol klinisch bedeutsam.
Es wird auch die Wechselwirkungsthematik zwischen onkologischen und ZNS-Medikamenten besprochen.
Außerdem wird das Kapitel der sog. Prodrugs wie Tramadol, Tamoxifen, Clopidogrel aufgegriffen.
Diskutiert werden pharmakogenetische Polymorphismen, sog. Poor bzw.
Ultra Rapid Metabolizer, solch ein veränderter pharmakogenetischer Status kann erhebliche Behandlungsrisiken in sich bergen.
Wir kümmern uns um die Probleme und Risiken durch Phytopharmaka und Selbstmedikation (die Hausärzte werden mit Werbung für Phytopharmaka -z.T. auch von Ärzten angepriesen- völlig bagatellisierend „beschossen“), doch diese „Anpreisungen“ sind u.U. ein Hochrisiko-Hazard-Spiel für die Patienten.
Für die Psychopharmakotherapie speziell bedeutsame elektronische Interaktionsdatenbanken werden vorgestellt: www.psiac.de und ein analoges Programm www.mediQ.ch
Wenn bei einer Kombination mit Wechselwirkungen zu rechnen ist, so muss dies nicht bedeuten, dass die Kombination vermieden werden sollte. Sie kann sogar hilfreich sein. Durch Messung der Plasmakonzentrationen, durch das Therapeutische Drug Monitoring (TDM), ist es möglich, die Dosis individuell anzupassen.
Unbedingt geht es in diesem Workshop auch um die Fälle der Teilnehmer, die diese diskutieren möchten. Alle Kolleginnen und Kollegen sind aufgefordert, eigene Fälle mitzubringen, die sie als schwierig oder sehr komplex verstehen. Und wir bearbeiten diese Fälle gemeinsam nach dem Motto: „Was mache ich, wenn ...?“
Über die Indikation zur Behandlung mit Antidepressiva und Antipsychotika, ihre Wirkungsstärke und Nebenwirkungen gibt es eine ausführliche Debatte und reichhaltige Studienlage, die ärztliches Handeln leiten kann. Inzwischen hat sich ein evidenzbasierter, vorsichtigerer Umgang mit Indikation und v.a. der Dosis und Dauer medikamentöser Behandlungen mit diesen Substanzgruppen durchgesetzt. Über die Reduktion und das Absetzen dieser Medikamente ist dagegen viel weniger bekannt - obwohl sie klinisch eine immer größere Rolle spielen und das Absetzen von Medikamenten zu Problemen führen kann. Es kann zu Entzugs- und Absetzsymptomen kommen, die je nach pharmakologischen Eigenschaften unterschiedlich sind. Da diese den Krankheitssymptomen ähnlich sind, kann es zu Verwechslungen mit Rückfällen kommen. Oft setzen Patienten Medikamente von allein abrupt ab, während ein begleitetes, langsames Ausschleichen die Regel sein sollte. Inzwischen gibt es eine zunehmende Anzahl von Studien, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. In dem Workshop sollen die wissenschaftlichen Grundlagen von Reduktions- und Absetzphänomenen dargestellt werden, Beispiele aus der Praxis geschildert und diskutiert werden und Empfehlungen zum Umgang mit Reduktion und Absetzen gegeben werden.
Schlafstörungen weisen hohe Prävalenzen von bis zu 30% auf und treten komorbid mit einer Reihe von somatischen ( z.B. Schmerz) und psychiatrischen Beschwerden auf (z.B. Depression). Grundkenntnisse in der schlafmedizinischen Differenzialdiagnostik sind deswegen von großer klinischer Bedeutung.
Methode
Teil 1 – Diagnostik: Orientiert an den Leitsymptomen Ein- und Durchschlafstörung, gestörte nächtliche Motorik und gestörte nächtliche Atmung wird ein Überblick über die gezielte Anamneseerhebung und Differenzialdiagnostik gegeben. Hierbei werden die wesentlichen neurologischen, psychiatrischen und internistischen Erkrankungen berücksichtigt. Abklärungsempfehlungen werden anhand von Fallvignetten erarbeitet. Verfahren zur Differenzierung von Tagesmüdigkeit und Tagesschläfrigkeit werden ebenso vorgestellt.
Teil 2 – Therapie: Kognitiv-behaviorale Therapieverfahren haben in den letzten 15 Jahren bei den häufig vorkommenden Insomnie- Formen eine gute Wirksamkeit gezeigt. Ambulant durchführbare Therapieoptionen werden aus Sicht des niedergelassenen Behandlers vorgestellt, das Vorgehen bei stationärer kognitiv-behavioraler Insomnie-Therapie aus der Sicht des Klinikers.
Darüber hinaus werden die Therapieoptionen bei Restless-Legs-Syndrom, Störung der zirkadianen Rhythmik und Hypersomnien anhand von klinischen Fällen diskutiert.
Ergebnisse
Der 1-Tages-Workshop soll einen Überblick über die wesentlichen zur Verfügung stehenden Abklärungsschritte bei Schlafstörungen geben. Der Workshop weist eine hohe Praxisorientierung auf (ca. 40% praxisnahe Fälle) und soll die Teilnehmer zu einer an aktuellen Erkenntnissen orientierten Basisversorgung befähigen.
Braucht es eine klinische Supervision in der psychiatrischen Praxis und wenn ja warum, wem dient sie? Ist Supervision im klinischen Alltag nicht längst fest etabliert? Was muss eine klinische Supervision leisten? Wodurch wird sie bestimmt? Worin unterscheidet sie sich von einer allgemeinen Supervision oder von verfahrensspezifischen Supervisionen der Psychotherapie?
Die Psychiatrie verfügt heute über eine Vielzahl sich immer weiter entwickelnde Methoden der Behandlung. Der Kenntnisgewinn ist für den einzelnen Praktiker nicht mehr zu erfassen, geschweige denn in eine Erkenntnis für das praktische Tun zu übersetzen. Durch die Fachgesellschaften werden die zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Evidenzen für die Behandlung der verschiedenen psychischen Erkrankungen in Leitlinien zusammengefasst, die eine schnelle Orientierung erlauben. Somatotherapeutische, psychotherapeutische, soziotherapeutische und komplementärtherapeutische Methoden finden hier ihre Berücksichtigung.
Die Psychiatrische Praxis scheint jedoch immer noch allzu oft von einer Dichotomie der therapeutischen Kulturen mit ihren divergierenden Einstellungen, Operationalisierungen und wissenschaftlichen Überzeugungen (Streeck und Dümpelmann 2006) geprägt zu sein, die Patienten „häufig noch immer in psychiatrische und psychotherapeutische unterscheiden und entsprechend selektiv weiter“ verweisen. Diese kulturelle Dichotomie der Biologie und Psychotherapie scheint auch heute noch eine Gruppenformatierung der Psychiater in die Gruppe der Nüchternen und der Einfühlsamen (Kandel 2008) zu bewirken.
Hinzu tritt die innerhalb der Psychotherapie kontrovers geführte Debatte, was denn da nun wirksam ist, bei den verschiedenen psychotherapeutischen Methoden. Sind es spezifische oder allgemeine Wirkfaktoren oder aber beides, die Veränderung induzieren (Norcross 2005, Cuijpers et al. 2019, Leichsenring et al. 2019)?
Es kann nicht um ein Entweder - Oder der Somato- oder Psychotherapie (Streeck und Dümpelmann 2006) bzw. der Biologie oder der Psychotherapie gehen, sondern um ein konzeptuell-heuristisch geleitetes Sowohl als Auch der Behandlungskomposition, welches auf der synergistischen Interaktion der Systeme fußt (Kandel 1998).
Für die Aus- und Weiterbildung in der Psychiatrie bedarf es im Besonderen einer klinischen Supervision, die auf die besonderen Gegebenheiten des psychiatrischen Kontextes eingeht (Brasch et al. 2004, Gottfried 2012).
Im Rahmen der Auseinandersetzung der DGPPN mit der neuen Musterweiterbildungsordnung entstand die Idee, Interessenten eine auf die Besonderheiten der Psychiatrie hin ausgerichteten Supervisionsfortbildung anzubieten. Seit 2016 wird durch die Akademie der DGPPN das Fortbildungscurriculum „Klinische Supervision DGPPN“ angeboten. Mittlerweile haben 108 Kolleginnen und Kollegen diesen zweijährigen Kurs absolviert und neue Kurse beginnen im September 2021 und Frühjahr 2022.
Der Workshop richtet sich besonders an Kollegen und Kolleginnen, die im klinisch psychiatrischen Kotext tätig und in ihrem beruflichen Alltag auch mit der Aus- und Weiterbildung von Kolleginnen und Kollegen in der Psychiatrie betraut sind.
Der Workshop soll den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in das Thema der klinischen Supervision unter Berücksichtigung der eigenen beruflichen Praxis ermöglichen.
Didaktische Methoden:
Präsentation, Kleingruppenarbeit, Diskurs, Demonstrationen und Handout.
Die Begutachtung von Sexualstraftätern gehört wegen der großen Heterogenität von Störungsbildern und differentiellen sexualforensischen Aspekten zu den besonderen Herausforderung der forensisch- psychiatrischen Begutachtung. Sowohl die Anamnese als auch die Erstellung von Risiko-Profilen verlangt eine besonders profunde Fähigkeit zur Erarbeitung einer Delikthypothese. Die Delikthypothese beeinflusst auch das kriminaltherapeutische Angebot zur Senkung der Rückfallgefahr. Inhalte dieses Seminars sind spezifisch forensisch und werden im Grunde nicht durch die Facharztausbildung in der Allgemeinen Psychiatrie abgedeckt. Der Workshop richtet sich an Sachverständige mit Grunderfahrungen und mit moderater beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Begutachtung im Strafrecht. Für langjährig tätige, hoch erfahrene Sachverständige ist der Workshop hingegen redundant.
Chronische Depressionen beginnen häufig vor dem 21. Lebensjahr und sind oftmals Folge von traumatischen zwischenmenschlichen Erfahrungen. Infolge dieser Erfahrungen zeigen Patient*innen mit chronischer Depression ein tief greifendes Muster von Vermeidung zwischenmenschlicher Beziehungen. Ihr Denken ist geprägt von der Annahme „egal was ich tue, es wird sich ohnehin nichts ändern“ (präoperatorisches Denken). Die Verhaltenstherapie chronischer Depressionen erfordert daher interpersonelle Strategien, die im Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) auf innovative Art mit verhaltenstherapeutischen Techniken kombiniert werden. Mittlerweile belegen mehrere kontrollierte Studien die Wirksamkeit des CBASP. In diesem Kurs wird ausgehend von den eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden mit ihren chronisch depressiven Patient*innen das Störungsmodell der chronischen Depression interaktiv erarbeitet. Der Fokus der darauf folgenden Rollenspiele liegt auf der persönlichen Gestaltung der therapeutischen Beziehung (disciplined personal involvement – DPI). Diese CBASP-Technik ist von besonderer Bedeutung zu Beginn der Behandlung und in schwierigen Situationen im Laufe der Therapie. Die Teilnehmer des Workshops lernen, wie die Beziehungsgestaltung in diesen Situationen genutzt werden kann, um mit den Patient*innen eine vertrauensvolle und konstruktive therapeutische Beziehung aufzubauen. Auf diese Weise werden sie in die Lage versetzt, therapeutische Fortschritte mit anderen Techniken des CBASP (vor allem der Situationsanalyse) zu machen.
Zielgruppe: Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut*innen sowie Pflegende mit Erfahrungen in der Verhaltenstherapie chronischer Depression.
Methode: kurzer interaktiver Vortrag, Demonstration sowie Einübung der CBASP-Techniken zur diszipliniert persönlichen Gestaltung der therapeutischen Beziehung in Rollenspielen. Als Grundlage für die Rollenspiele können gerne eigene Fallbeispiele der Teilnehmer dienen.
PKP beinhaltet kurze psychiatrische und psychotherapeutische Strategien in Praxis und Klinik auch außerhalb der Richtlinien-Psychotherapie.
Die Arbeitsgruppe PKP wurde auf dem DGPPN- Kongress 2009 in Berlin von einigen in psychiatrisch-psychotherapeutischer Klinik oder Praxis tätigen DÄVT- und DGPPN- Mitgliedern gegründet. Ihre Initiative entstand aus vielen Gedanken, wie die Vielfalt bekannter therapeutischer Maßnahmen konkreter im Routine-Alltag psychiatrischer Versorgungssysteme nutzbar gemacht werden kann, da kaum strukturierte psychotherapeutische Interventionen außerhalb der Richtlinien-PT stattfinden.
PKP verfolgt eine systematische Therapiestrategie mit Hilfe von aneinander gereihten Sprechstundenkarten (SSK) als Fortsetzungsserie von kurzen (10 bis 25-minütigen) psychiatrischen und psychotherapeutischen Interventionen. Konzeptuelle Basis ist das 3-Säulen-Modell der Strategischen Kurzzeittherapie: Symptomtherapie (psychiatrisch), Fertigkeitentraining (verhaltenstherapeutisch), Persönlichkeitsentwicklung (psychodynamisch). In diesem Workshop erfolgt die Einführung in die PKP-Sprechstundenkarten für das Störungsbild Depression. Ambulante und stationäre Anwendungen sind inhaltlich aufeinander abstimmbar und können sich ergänzen. Sie integrieren transparent mehrere Therapeuten des den Patienten behandelnden Teams ohne Verlust des Gesamtkonzepts. Die Sprechstundenkarten - für alle besteht eine Kopiererlaubnis - liegen durch beschriftete Reiter übersichtlich geordnet in Karteikästen und sind individuell erweiterbar. Sie geben einen Leitfaden für Patientenkontakte über mehrere Termine und bedienen gleichzeitig auch Leitlinien, Dokumentationsverpflichtungen, Supervision und Ausbildung durch Theorieausführungen auf den Rückseiten. Zu Therapie-Ende liegt je Patient ein PKP-Ordner in Papierform vor: für den Patienten als Selbsthilfebuch bzw. dem Therapeuten als Behandlungs- und Dokumentationsnachweis.
Es gibt alternativ eine digitale PDF- Datei- Fassung als Kopiervorlage; das angestrebte Ziel der digitalen Nutzung ist die direkte Beschriftung auf dem PC/Pad und das platzsparende Speichern der bearbeiteten SSK auf einem externen Speicher-Medium (z. B. USB-Stick). Beide Techniken werden im Kurs demonstriert. Die Anwendung im Einzelsetting bei depressiven Patienten erfolgt erfolgversprechend seit nun schon über10 Jahren in mehreren Praxen und Kliniken. In einigen Kliniken starteten Anwendungen im Gruppensetting auf der Station bzw. in Tageskliniken. Im Workshop werden Einzel- und Gruppenkonzepte der "PKP der Depression" theoretisch vorgestellt und zugleich in der praktischen Durchführung trainiert. Die einfache Handhabung der Sprechstundenkarten mit Visualisierungshilfen hilft auch bei Sprachbarrieren im therapeutischen Kontakt. PKP-Depression ist als Handbuch in der deutschen, englischen, türkischen, russischen, polnischen und ungarischen Sprache veröffentlicht.
Einleitung
Gerichtlich angeordnete Behandlungen bei psychisch kranken Straftätern umfassen neben psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsaspekten stets auch legalprognostische Beurteilungen und ein daraus abgeleitetes Risikomanagement. Der Basler Kriterienkatalog eignet sich dazu, deliktrelevante Risikofaktoren, Ressourcen sowie störungs- und behandlungsbezogene Entwicklungen interdisziplinär zu beleuchten, delinquenzbezogen zu bewerten, Risikoszenarien zu entwickeln und deliktpräventive Interventionsansätze zu generieren.
Grundlagen
Beim Basler Kriterienkatalog handelt es sich um ein idiografisches Instrument zur Beurteilung der Legalprognose. Eingeschliffene individuelle Verhaltensmuster, die das Wiederauftreten delinquenter Verhaltensweisen wahrscheinlich machen, werden zusammen mit täter- und tatbezogenen Merkmalen zur Grundlage der Beurteilung herangezogen. Dieses Konzept entspricht weitgehend denen der sogenannten kriteriengeleiteten Expertenbeurteilungen ("Structured Professional Judgements"). Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist nicht der gruppenstatistische Durchschnittszusammenhang zwischen Risikomerkmal und Rückfallwahrscheinlichkeit, sondern eine differenzierte retrospektive Analyse spezifischer Gegebenheiten des Einzelfalls. Anhand der Analyse soll eine massgeschneiderte Erklärungshypothese für die Anlassdelinquenz hergeleitet werden, welche dann prognostisch fortgeschrieben wird. Der Katalog umfasst 12 Bereiche, in denen jeweils mehrere Kriterien hinterlegt sind, deren statische und dynamische Bedeutung hinsichtlich der Rückfallgefahr erklärt werden. Dieses klinisch bereits bewährte Prognoseinstrument wurde im Jahr 2018, durch eine interprofessionelle Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Psychiatrie, Psychologie und Pflege in einem Peer-Review-Prozess aktualisiert.
Methode
Theoretische Einführung und praktische Anwendung des Kriterienkatalogs anhand von Fallbeispielen.
Ziele
Die Teilnehmenden kennen Vor- und Nachteile intuitiver und systematischer Risikoeinschätzungen, statische und dynamischen Risikofaktoren und die Bedeutung protektiver Faktoren. Sie sind in der Lage Risiken zu erfassen, Risikoszenarien zu entwickeln und Managementstrategien abzuleiten.
Vor dem Hintergrund des Wandels der Arbeitswelt wurde eine stetige Zunahme depressiver Erkrankungen am Arbeitsplatz festgestellt. Arbeitsstress wird von den Betroffenen als die Hauptursache für ihre Depression genannt. Dabei spielen insbesondere eine hohe Arbeitsbelastung bei gleichzeitig eingeschränktem Entscheidungsspielraum, geringe soziale Unterstützung, Konflikte am Arbeitsplatz und Gratifikationskrisen eine Rolle. Basierend auf der Tatsache, dass Arbeit als soziale Rolle in einem interpersonellen Kontext stattfindet, wurde im Rahmen der Interpersonellen Psychotherapie (IPT) ein spezifisches arbeitsstress-bezogenes Gruppenprogramm entwickelt und evaluiert.
Das Programm fokussiert auf die Kommunikation speziell am Arbeitsplatz (z.B. bei Konflikten), auf belastende, unfreiwillige Veränderungen (z.B. Chefwechsel) und sozialen Rollenstress (z.B. Kollege und Vorgesetzter in einer Person), aber auch auf die Reduzierung äußerer stressbehafteter Arbeitsbedingungen. Im Rahmen der Therapie werden die individuellen Arbeitsbelastungsfaktoren erarbeitet sowie persönliche Dysbalancen (z.B. zwischen Verausgabung/Arbeitseinsatz und Wertschätzung) ermittelt und mit Hilfe verbesserter interpersoneller Kompetenzen verändert. In der Gruppe sollen Strategien erworben werden, um mehr Balance zwischen Alltag und Arbeit zu finden und eine werteorientierte Lebensweise am Arbeitsplatz zu verfolgen.
Die IPT bewährte sich zur Behandlung arbeitsbezogener depressiver Störungen in ersten Untersuchungen als eine wirksame Methode (Schramm et al, 2020). Der Workshop ist ausschließlich praxisbezogen (Video- und Falldemonstrationen, Übungen, Rollenspiele) und ermöglicht den sofortigen Einsatz einzelner Elemente.
Psychotherapie gewinnt bei der Behandlung von Menschen mit Psychosen zunehmend an Bedeutung und wird mittlerweile auch durch die Behandlungsrichtlinien der DGPPN empfohlen. Das von unserer Arbeitsgruppe entwickelte Metakognitive Training für Patienten mit Schizophrenie (MKT) findet sich ebenfalls in den Behandlungsempfehlungen von Fachgesellschaften wie der DGPs für die Behandlung der Schizophrenie. Ziel des MKT ist es, Denkverzerrungen zu reflektieren (Meta-Ebene), die bei Patienten mit Schizophrenie mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Wahn in Verbindung gebracht wurden (z.B. voreiliges Schlussfolgern, Überkonfidenz, Unkorrigierbarkeit und Schwierigkeiten beim Einfühlen). Ziel des aus zehn Modulen bestehenden MKT ist es, das Bewusstsein für die kognitiven und metakognitiven Auffälligkeiten bei den Betroffenen zu schärfen. Den Patienten werden die vielfältigen negativen Folgen der kognitiven Tendenzen durch spielerische Aufgaben erfahrbar gemacht und deren mögliche Konsequenzen für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik verdeutlicht. Darüber hinaus werden auch die Themen Depression und Selbstwert mit typischen Denkverzerrungen thematisiert, da viele Patienten hier einen klaren Behandlungswunsch äußern und affektive Störungen bei Psychose sehr prävalent sind. Das MKT ist niedrigschwellig, leicht zu implementieren und verfolgt über die Behandlung von Denkverzerrungen einen „Hintertüransatz“. Herr Prof. Moritz wurde 2010 für das MKT mit dem Psychotherapiepreis der DGPPN ausgezeichnet.
Als Weiterentwicklung aus dem Gruppentraining entstand das individualisierte Metakognitive Therapieprogramm für Menschen mit Psychose (MKT+), welches zusätzlich Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie aufgreift und eine Behandlung individueller Probleme und Wahnüberzeugungen erlaubt.
Zwei aktuelle Meta-Analysen zeigen (Eichner & Berna, 2016, Schizophrenia Bulletin; Liu et al., 2018, Worldviews on Evidence-Based Nursing), dass das Training signifikante Effekte auf Wahn und Positivsymptomatik allgemein ausübt. Die Akzeptanz des Trainings bei den Patienten erreicht sogar eine hohe Effektstärke. Neuere Studien lassen darauf schließen, dass der Ansatz auch über den Interventionszeitraum hinaus psychotische Symptome reduziert.
Der 1-tägige Workshop gibt eine praxisnahe Einführung in das Metakognitive Gruppentraining und MKT+, die es Ihnen ermöglicht, dass Training selbst durchzuführen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Die US Food and Drug Administration (FDA) hat Aducanumab im Juni 2021 zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen. Diese Zulassung ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. (1) Aducanumab ist ein erstes Medikament aus der Gruppe der Amyloid-Antikörper, das für die Alzheimer-Krankheit zugelassen wurde. Es zielt auf die angenommene Pathophysiologie der Krankheit ab und gehört zur Gruppe der monoklonalen Antikörper gegen Amyloid-Eiweiß, welches sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ablagert und dort zu Plaques verklumpt. (2) Die jetzt erteilte Zulassung im beschleunigten Verfahren basiert nicht auf einer nachgewiesenen klinischen Wirksamkeit, sondern auf dem Erreichen des Surrogat-Endpunktes „Reduktion von Amyloid-Beta-Plaques im Gehirn“. Die Zulassung von Aducanumab fokussiert daher nicht auf die Symptomatik, sondern auf das Krankheitsgeschehen. (3) Die Hersteller-Firma Biogen wurde aufgefordert, die klinische Wirkung von Aducanumab in einer Phase IV Studie zu belegen. Die FDA kann die Zulassung des Arzneimittels widerrufen, wenn sich der klinische Nutzen nicht nachweisen lässt.
In dem Symposium werden die Ergebnisse der Aducanumab-Studien und die Entscheidung der FDA dargestellt. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der FDA-Zulassung von Aducanumab auf die Behandlung von Patienten mit Alzheimer-Erkrankung in Deutschland diskutiert.
Die COVID-19-Pandemie hat sowohl durch das Infektionsgeschehen wie auch die Lockdown-Maßnahmen und begleitenden gesellschaftlichen Reaktionen vielfältige Auswirkungen sowohl auf Betroffene mit psychischen Erkrankungen als auch das psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungssystem. Im Projekt egePan des Nationalen Netzwerkes Universitätsmedizin (NUM) untersuchen daher 23 Partner aus Psychiatrie und Psychosomatik u. a. die Auswirkungen der Pandemie auf Betroffene mit psychischer Erkrankung und das Versorgungssystem und entwickeln Good-Practice-Lösungsansätze:
1. Wie entwickeln sich psychosoziale Belastung und psychiatrische Symptome im Verlauf der Pandemie bei Patient*innen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörigen? Es werden Ergebnisse einer Längsschnittstudie mit über 250 Teilnehmer*innen vorgestellt.
2. In den COVID-Psy Befragungen nach der 1. und 2. Pandemiewelle werden mit Unterstützung der DGPPN psychiatrische Kliniken und Abteilungen nach Veränderungen des Angebots und der Inanspruchnahme in den Pandemiewellen sowie Herausforderungen, Schwierigkeiten und Good-Practice-Lösungen des Pandemiemanagements befragt.
3. In den COVID-Psy Routinedaten-Studien werden in Krankenkassenroutinedaten Veränderungen der stationären und ambulanten Inanspruchnahmen im psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystem nach Diagnosegruppen stratifiziert untersucht, sowie Veränderungen in der Verzahnung von stationärer und ambulanter Behandlung.
4. In der Pandemie haben digitale und telemedizinische Lösungen einen großen Aufschwung erlebt. Es werden Anforderungen, Bedarfe und Lösungen einer an der Charité entwickelten digitalen Patientenplattform vorgestellt.
Anhand der aktuellen Ergebnisse wird diskutiert, welche Lösungen und Versorgungspfade sich in der Pandemie bewährt haben und weiter gestärkt werden sollten und welche Probleme und Herausforderungen die Pandemie aufzeigte, die Anpassung der Versorgungsstrukturen erforderlich machen.
In den letzten Jahrzehnten lag ein Fokus der Psychotherapieforschung auf der Etablierung der Psychotherapie im Gesundheitssystem durch randomisiert-kontrollierte Studien. Dieser Fokus hat die Weiterentwicklung der Psychotherapie durch andere Paradigmen (wie praxisorientierte Forschung) beeinträchtigt. Die aktuellen Probleme (z.B. Research-Practice-Gap) der Psychotherapieforschung legen nahe, innovative Studiendesigns der praxisorientierten Forschung anzuwenden.
Zunächst präsentiert J. Glombiewski einen personalisierten Ansatz zur Behandlung von Menschen mit chronischen Schmerzen. Basierend auf Verhaltensanalysen, die mehrfach täglich über mehrere Wochen erfasst werden, entstehen für jede/n Patient*in individuelle Symptomnetzwerke, aus denen Behandlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Der zweite Vortrag widmet sich einer Studie, in der der Einfluss psychometrischer Patientenrückmeldungen auf Entscheidungsprozesse von Therapeut*innen untersucht wird. Dabei legt J. Rubel einen Fokus auf Therapeut*innen-Unterschiede und der Frage, in wieweit diese Unterschiede die unterschiedliche Wirksamkeit psychometrischer Fragebogenrückmeldungen erklären können.
T. Kaiser stellt anschließend die Implementation eines klinischen Unterstützungs- und Feedback-Systems in einer Hochschulambulanz vor. Dieses System erhebt routinemäßig Veränderungen auf der Symptomebene und wichtige Merkmale des therapeutischen Prozesses. W. Lutz präsentiert daran anknüpfend ein computer-basiertes Qualitätssicherungs- und Feedbacksystems (den Trierer Therapienavigator). Die beiden letzten Vorträge unterstreichen, dass das Ziel der Psychotherapie(forschung) darin bestehen sollte, sich von einer Orientierung an Therapieschulen zu einer Orientierung an Therapieergebnissen zu entwickeln und insbesondere die Behandlung jener Patient*innen in der Praxis zu verbessern, die aus Psychotherapie zunächst keinen Nutzen ziehen.
Psychotherapie ist integraler Bestandteil psychiatrischen Denken und Handelns. Psychotherapie ist für die meisten psychischen Erkrankungen in den Leitlinien mit hoher Evidenz und hohem Empfehlungsgrad vorgesehen. Der Streit zwischen den psychotherapeutischen Schulen wird immer mehr in Richtung integrativer und modularer Ansätze überwunden. Diese erfreuliche Entwicklung hat zu einer Stärkung der Psychotherapie geführt, die den Bezug auf eine Berufsgruppe überwindet und Psychotherapie als Behandlungsmethode begreift. Mittlerweile wird Psychotherapie nicht nur für eine kleine, ausgewählte Patientengruppen angeboten, sondern findet in den Abteilungen und Krankenhäuser für Psychiatrie und Psychotherapie regelhaft Anwendung. Dies geht mit dem Anspruch der Patienten einer bestmöglichen Behandlung einher, die auf Evidenz und Qualität gründet. Die Krankenhäuser sind im Rahmen der regionalen Verantwortung in der Pflicht dies zu gewährleisten. Insbesondere für die Behandlung von Menschen mit akuten und schweren psychischen Erkrankungen sind diese Aspekte von großer Bedeutung. Die Herausforderungen bestehen darin, Konzepte für unterschiedliche Patientengruppen in den verschiedenen Settings des Krankenhauses vorzuhalten. Die Ansätze von Konzeptstationen unterscheiden sich von denen mit diagnoseheterogenen oder auch altersspezifischen Schwerpunktsetzungen. Notfallpsychotherapeutische Konzepte in den Bereitschaftsdiensten unter der Woche und an den Wochenenden bzw. Feiertagen sind mit zu berücksichtigen. Bedeutsam sind die Rollen der unterschiedlichen Berufsgruppen in teambasierten psychotherapeutischen Konzepten. Die Rolle der ärztlichen Kollegen ist dabei nicht zuletzt aufgrund der Verantwortung für den gesamten Behandlungsprozess von zentraler Bedeutung.
In diesem Symposium werden die Entwicklungen psychotherapeutischer Konzepte im Krankenhaus vorgestellt, Herausforderungen diskutiert und Perspektiven für die Zukunft abgeleitet.
Vor 100 Jahren starb Max Weber, der für eine kulturwissenschaftlichen Psychiatrie und ihr Verständnis leitender Werturteile entscheidend war. Jaspers nahm diese selbstkritische Position auf, Werner Janzarik führte sie im strukturdynamischen Ansatz weiter. Gegenwärtig wird sie durch die aktuelle Pandemie auf den Prüfstand gestellt.
Auch heute gilt es angesichts tiefer Umbrüche unserer Lebenswelt, die auch die -zuweilen verdeckten- Werturteile betreffen, über die normative Dynamik des Faches nachzudenken. Wie können Psychiatrie und Psychotherapie theoretisch und praktisch auf den Wandel der Fakten und Wertvorstellungen reagieren? Wie können sie helfen, psychisch kranken Menschen in allen biologischen, sozialen und psychopathologischen Bedingtheiten individuelle Freiräume wertvollen Lebens zu erhalten? Erforderlich ist eine therapeutische Kultur in der Psychiatrie, die gleichermaßen dem natur- wie geisteswissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht.
Die Beiträge stellen Fragen nach gesellschaftlichen Ideologien, klinischen Konzepten, ideengeschichtlichen Voraussetzungen und empirischen Befunden, um den überdauernden wie den aktuellen Herausforderungen der fachlichen Identität Rechnung zu tragen.
In den letzten Jahren hat die wissenschaftliche Disziplin der Public Mental Health auf nationaler und internationaler Ebene an Dynamik gewonnen. Wesentliche Anstrengungen in Forschung und Praxis konzentrierten sich auf die Förderung der psychischen Gesundheit, die Verbesserung der Kompetenz im Bereich der psychischen Gesundheit, die Verringerung von Stigmatisierung und die Prävention von psychischen Störungen. Public Mental Health vereint dabei ein breites Spektrum von Perspektiven, von der Verbesserung der psychischen Gesundheit von vulnerablen Gruppen bis hin zu einer Bevölkerungsperspektive auf Prävention und Krankheitsmechanismen. Das Feld erfordert daher die Verbindung unterschiedlicher Betrachtungsweisen, die von psychiatrischer Epidemiologie, Gesundheitsförderung, Sozialmedizin bis hin zur Prävention von psychischen Erkrankungen reichen. Dieses Symposium bringt Wissenschaftler:innen auf dem Gebiet von Public Mental Health zusammen, um Verbindungen über dieses Spektrum des Fachgebiets herzustellen und eine Gelegenheit zur Diskussion im Kontext neuer Herausforderungen und Richtungen für zukünftige Forschung zu bieten.
Ulrich Reininghaus wird ein Reallabor für Co-Design und Co-Produktion einer digitalen personalisierten Intervention zur Förderung der psychischen Gesundheit bei jungen Menschen vorstellen. Der Vortrag von Stefanie Schreiter fokussiert auf die psychiatrische Versorgung einer besonders vulnerable Gruppe, Menschen in Wohnungslosigkeit. Steffi Riedel-Heller wird den aktuellen Forschungsstand im Bereich der Demenzprävention von der Identifikation von Risikofaktoren bis hin zu Präventionsprogrammen vorstellen. Schließlich wird Georg Schomerus Ergebnisse einer aktuellen Meta-Analyse berichten, die untersucht inwieweit ein Kontinuumsmodell von psychischer Krankheit zur Entstigmatisierung beitragen kann.
Affektive und schizophrene Störungen (MDD, BD, SZ) sind komplexe und heterogene Phänotypen, bisher rein phänomenologisch charakterisiert. Das Symposium soll einen nosologisch übergreifenden Weg für eine neurobiologisch fundierte Konzeption zu Ätiologie und Verlauf affektiver und schizophrener Störungen aufzeigen.
Es werden dabei der Stand der Literatur und eigene Ergebnisse vorgestellt. Die Besonderheit des Symposiums wird die allgemeinverständliche Darstellung und Einordung der Befunde in einen größeren Kontext sein, so dass ein breites Publikum an den Ergebnissen und deren mögliche klinische Bedeutung teilhaben kann.
Die Referenten werden zur Validierung von Hypothesen zu Gen, Umwelt und Gen x Umwelt Interaktionen auf Gehirnstruktur- und Funktion im longitudinalen Verlauf der endogenen Psychosen fokussieren. Ein Ziel ist die Charakterisierung von „Biotypen“, jenseits der phänomenologischen Störungskategorisierung (Tim Hahn, Münster). Ein besonderer Fokus des Symposiums liegt neben der strukturellen und funktionellen Bildgebung (Igor Nenadic, Marburg) auf der Rolle der Molekulargenetik, insbesondere die miRNAs (Gerhard Schratt, Zürich), sowohl beim Menschen wie auch im Tiermodell (Rainer Schwarting, Marburg). Das Forschungsprogramm der neurobiologischen Untersuchung zur Ätiologie der endogenen Psychosen kann den Weg für eine transdiagnostische Konzeption der Ätiologie und dem Verlauf der endogenen Psychosen ebnen.
In contrast to many other medical fields psychiatry still primarily relies on sparse information collected during in-clinic visits. Also, the accuracy of the patient-/care-giver reported measures is limited by the ability of introspection, compliance and memory performance. Symptoms that are observable by the clinician during in-clinic visits are restricted to a very sparse, artificial and highly controlled setting limiting their interpretability with respect to variability and manifestation in daily life. Smartphones and other smart devices and technologies are now part of daily life and provide the possibility to collect subjective (i.e. ecological momentary assessments) as well as objective (i.e sensor and task data) information with high frequency in real time both in the clinic and at home. In this symposium, we will illustrate how such technologies are now deployed to complement and potentially improve diagnostic procedures and the monitoring and implementation of treatment across different psychiatric and neurological diseases. In addition, it will be demonstrated how these tools are also used to study associations between mental health and environmental (risk) factors in the general population. We will show how such technologies provide valuable new insights into the interaction of patients and clinicians, but also everyday encounters as well as high-frequency information about the subjective and objective variability of symptoms in daily life both in the context of routine clinical assessments as well as in pharmaceutical clinical trials.
Postoperative Delirien stellen gerade im höheren Alter eine häufige Komplikation mit oft erheblichen Auswirkungen auf die Autonomie und Lebensqualität dar. Die vom Innovationsfonds geförderte multizentrische PAWEL-Studie konnte an fast 1500 Patienten >70 J. ein individualisiertes multimodales Delirpräventionsprogramm und Delirmanagementschulungen positiv evaluieren. Die PAWEL-R(isiko) Substudie untersucht zahlreiche Delir-Risikofaktoren wie Alter, Anästhesierisiken und Multimorbidtät aber auch die prädiktive Aussagekraft von kognitiven Assessments wie z.B. Montreal cognitive assessment (MOCA) oder den Einfluß der Vormedikation auf den Outcome. Zeitsparende Modelle zur Prädiktion von postoperativen Delir (POD) und kognitivem Defizit (POCD) werden präsentiert. Die Bewertung von Blut-Biomarkern für Entzündungen, kardiovaskuläre Ereignisse, Stress, Hypoxie und Ernährung für Risikoerkennung und Outcomebewertung bei Patienten, die POD oder POCD entwickeln, ist ein weiters Ziel der Studie.
Das Auftreten und die Überschneidung beider Erkrankungen, insbesondere der Einfluss von POD und POCD auf das Fortschreiten der Demenz, wurde erstmals an einer solch großen Kohorte untersucht und bedarf weiterer Forschung.
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version).
Während die Präzisionsmedizin—ein vielfach benutzter Begriff der modernen Gesundheitsversorgung—bspw. in der klinischen Praxis der Onkologie eine große Rolle spielt, sind personalisierte Behandlungsmöglichkeiten in der Psychiatrie noch rar gesät. Das Fehlen maßgeschneiderter Ansätze kann z.T. auf die ungenaue Charakterisierung und Klassifizierung psychischer Erkrankungen, welche sich häufig in einer komplexen Symptomatik äußern, zurückgeführt werden. „Major Depressive Disorder“ (zu Deutsch: „schwere depressive Episode“) beschreibt bspw. eine heterogene Gruppe von Erkrankten, welche in unterschiedliche Subgruppen differenziert werden sollte. Trotz der Vermutung, dass der Depression unterschiedliche Pathomechanismen zugrunde liegen, konnten bislang keine Subgruppen-spezifischen Biomarker identifiziert werden. Eine umfassende Charakterisierung der Patient*innen auf molekularer und klinischer Ebene ist notwendig um adäquate Marker in Bezug auf eine korrekte Differentialdiagnose und personalisierte Therapien zu erhalten.
Insbesondere Patient*innen, welche unter einer schwer behandelbaren Depression leiden, profitieren häufig von der Elektrokonvulsionstherapie (EKT). Obwohl die EKT eine der wirkungsvollsten Therapieoptionen darstellt, zeigen naturalistische, populationsbasierte Studien eine Remissionsrate von unter 50%. Das Ansprechen auf die EKT variiert in Abhängigkeit von den klinischen Charakteristika der Patient*innen; trotz dessen konnten bislang keine zuverlässigen EKT-Response-Prädiktoren in die klinische Praxis implementiert werden. Bedingt durch die Heterogenität der Erkrankung, wird vermutlich ein Set an Biomarkern inklusive klinischer und bildgebender Daten notwendig sein, um eine zuverlässige Behandlungsentscheidung gewährleisten zu können. Aufgrund der hohen Relevanz, wird das folgende Symposium den aktuellen Stand bezüglich des Themas „Personalisierte Medizin“ in Bezug auf die EKT adressieren.
Die medizinische Versorgungssituation von trans* Personen ist von konträren fachlichen und rechtlichen Vorgaben geprägt. Das Verständnis von Trans*Identität hat sich unter Fachpersonen wie in der Gesellschaft in den letzten Jahren essentiell verändert. Mit der 2018 veröffentlichten S3 Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit“, dem 2020 verabschiedeten „Gesetz zum Verbot von Konversionstherapien“, das sich ausdrücklich auch auf Geschlechtsidentität bezieht, und dem Streichen der Diagnose „Transsexualität“ aus dem ICD 11 hat die Fachwelt bedeutsame Grundsteine gelegt, um eine verbesserte medizinische Versorgung und psychotherapeutische Begleitung von trans* Menschen zu bewirken. Die 2020 veröffentlichte Begutachtungsanleitung des MD Bund erschwert den Zugang zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung hingegen. Auch der fachliche und gesellschaftliche Diskurs über (Nicht-) Pathologisierung und Behandlungsmöglichkeiten von Geschlechtsinkongruenz und -dysphorie wird mit zunehmend kontroversen Standpunkten geführt. B. Strauß stellt zunächst die S3 LL vor und diskutiert anhand der Erkenntnisse aus der Leitlinie die Notwendigkeit einer Neukonzeption von Trans*gesundheit. M. Günther thematisiert die Unsicherheiten auf Seiten der trans* Behandlungssuchenden und der sie begleitenden Psychotherapeut_innen angesichts der Uneinigkeiten in der Versorgungssituation. Sie erläutert erforderliche Voraussetzungen, um trans* Personen angemessen zu unterstützen. Darauf aufbauend wird herausgearbeitet, warum die MDK-Begutachtungsanleitung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung und einer hilfreichen psychotherapeutischen Beratung und Begleitung entgegensteht. G. Romer stellt den laufenden Arbeitsprozess der Entwicklung der S3-LL für das Kindes- und Jugendalter dar und diskutiert die wichtigsten Besonderheiten für Empfehlungen zu Behandlungsentscheidungen bei Minderjährigen aus klinischer und ethischer Sicht.
Das BMG-geförderte Projekt „FraPPE“ (Frankfurter Projekt zur Prävention von Suiziden mittels Evidenzbasierter Maßnahmen) baut auf dem kommunalen Suizidpräventions-Verbund „FRANS“ (Frankfurter Netzwerk Suizidprävention) auf und begann 2017. Ziel des Projekts war, in einem Mehrebenen-Ansatz die Zahl der Suizide in Frankfurt um 30% zu senken. Nach Erhebung der Baseline zu Suiziden und Suizidversuchen erfolgte dann eine aus mehreren Modulen bestehende System-Intervention. Die Covid19-Pandemie als globaler Mega-Stressor verunmöglichte allerdings als konfundierender Faktor die Evaluation der Intervention; allerdings konnte durch das longitudinale Design eine Veränderung der Muster von Suiziden und Suizidversuchen im Gefolge der Pandemie untersucht werden. In diesem Symposium werden die beiden Frankfurter Projekte als ein kommunales Best-Practice-Beispiel für Suizidprävention vorgestellt und erste Daten aus dem Projekt präsentiert. Zunächst wird der Aufbau und die Struktur von FRANS und FraPPE dargestellt und der Stellenwert von Suizidprävention als kommunale Aufgabe aufgezeigt (Dr. Schlang); das Zusammenspiel und Koordination der unterschiedlichen Sektoren sind hier eine besondere Herausforderung. Danach werden Veränderungen bei den Suizidversuchen im Hinblick auf Methoden, zugrundeliegende Diagnosen und sozioökonomische Rahmenbedingungen vor und nach der Covid19-Pandemie berichtet (Dr. Reif-Leonhard), gefolgt von der rechtsmedizinischen Aufarbeitung von vollendeten Suiziden (Dr. Holz). Abschließend erfolgt eine Geoanalyse von suizidalen Handlungen im Standgebiet Frankfurt, die erlaubt, Hotspots und sozioökonomische Risikofaktoren im städtischen Umfeld zu erkennen (Dr. Lemke). Insbesondere im Hinblick auf gezielte Präventionsmaßnahmen sind solche Analysen ein wichtiger Baustein. Die Ergebnisse sollen verdeutlichen, dass Suizidprävention eine interdisziplinäre Herausforderung ist, die einer soliden Datengrundlage durch kontinuierliches Monitoring bedarf.