Autor:innen:
J. Neubert (Düsseldorf, DE)
K. Gößling (Düsseldorf, DE)
B. Bötticher (Düsseldorf, DE)
S. Soura (Düsseldorf, DE)
H. Wittkowski (Münster, DE)
P. Oommen (Düsseldorf, DE)
S. Ghosh (Düsseldorf, DE)
H. Laws (Düsseldorf, DE)
Zielsetzung:
Es werden der immunologische Phänotyp und die Immunrekonstitution im Kind nach mütterlicher Therapie mit Rituximab bzw. Azathioprin in der Schwangerschaft dargestellt.
Methoden:
Fallbeschreibung und graphische Darstellung der Immunrekonstitution von zwei Patientinnen aus unserer Ambulanz für pädiatrische Immunologie.
Ergebnisse:
Erster Fall: 4-jähriges Mädchen: Sectio in der 34. Schwangerschaftswoche wegen eines maternalen Rezidivs einer akuten Leukämie. Während der Schwangerschaft hatte die Mutter ab der 22. SSW neun Gaben Rituximab erhalten. Bei Geburt hatte das Kind eine vollständige B-Zell-Aplasie ohne Nachweis von IgM und IgA bei leicht erniedrigtem IgG. Im Verlauf stiegen die B-Zellen inklusive der Gedächtnis-B-Zellen sowie das IgM auf altersentsprechende Normwerte an, während IgA auch nach vier Jahren nicht nachweisbar ist. Bei stetig fallendem IgG sowie fehlendem Impfansprechen wird sie bis heute mit polyvalenten Immunglobulinen substituiert.
Zweiter Fall: 1,5-jähriges Mädchen: Sectio in der 37. SSW aufgrund eines Kreatinin-Anstieges und einer Hydronephrose II° der nierentransplantierten Mutter. Während der Schwangerschaft wurde die Mutter mit Prednisolon, Tacrolimus und Azathioprin behandelt. Das Kind fiel durch ein pathologisches Neugeborenen-Screening auf einen schweren kombinierten Immundefekt (SCID) mit reduzierter TREC (T cell receptor excision circles)-Kopienzahl auf. Die immunologische Diagnostik ergab eine schwere B- und T- Lymphopenie, sowie kein Nachweis von IgM und IgA bei normwertigem IgG. Eine genetische Panel-Diagnostik auf angeborene Immundefekte war unauffällig. Im Verlauf stiegen die B- und T-Zellen langsam an. Aktuell hat sie normwertige B-Zellen inklusive der Gedächtnis-B-Zellen, aber deutlich reduzierte T-Zellen. Zwischenzeitlich war eine Immunglobulinsubstitution notwendig, aktuell steigen IgA, IgM und IgG spontan an.
Die pharmakologische Diagnostik ergab keinen Nachweis von Tacrolimus im neonatalen Blut, während der Azathioprin-Metabolit 6-Thioguanin-Nucelotid (6-TN) nachweisbar war. In der genetischen Diagnostik konnte ein Genotyp (TPMT*1/3*A bzw. TPMT*3B/3C) nachgewiesen werden, der mit einem langsamen Metabolismus der Thiopurinmethyltransferase (TPMT) assoziiert ist, so dass Azathioprin nur langsam abgebaut wird.
Zusammenfassung:
Eine pränatale immunsuppressive Therapie kann den immunologischen Phänotyp eines angeborenen Immundefektes widerspiegeln. Daraus resultierende T-Zell-Defekte aber nicht B-Zell-Defekte werden im Rahmen des Neugeborenen-Screenings erfasst. Die pränatale Therapie mit Rituximab führte im ersten Fall zu einem bisher nicht reversiblen Klassenwechseldefekt (erhöhtes IgM, bei ausstehender IgG Produktion). Im zweiten Fall verursachte die pränatale Therapie mit Azathioprin auf dem Boden einer genetischen Prädisposition für einen „slow-metabolizer“ von Azathioprin einen bis heute nur teilreversiblen SCID-Phänotyp.