Autor:innen:
D. Angelova-Toshkina (Augsburg, DE)
J. Holzapfel (Augsburg, DE)
S. Huber (Augsburg, DE)
M. Schimmel (Augsburg, DE)
D. Wieczorek (Düsseldorf, DE)
A. Gnekow (Augsburg, DE)
M. Frühwald (Augsburg, DE)
M. Kuhlen (Augsburg, DE)
Einleitung: Neurofibromatose Typ 1 (NF1) ist eine komplexe genetische Multisystemerkrankung, die sich im Kindes- und Jugendalter manifestiert. Diagnostische Kriterien wurden vom „National Institutes of Health“ (NIH) zuletzt 1997 bestätigt. Es bestehen phänotypische Überschneidungen mit RASopathien wie dem Legius Syndrom und der Constitutional Mismatch Repair Defizienz (CMMRD). Internationale NF1-Experten publizierten 2021 revidierte diagnostische Kriterien. Wir verglichen an einem Patientenkollektiv mit Verdacht auf bzw. Diagnose einer NF1 die NIH- und revidierten Kriterien und versuchten eine Abgrenzung zum Legius Syndrom bzw. CMMRD.
Methodik: Wir analysierten Daten des Klinikinformationssystem der Universitätskinderklinik. Patienten wurden anhand des ICD-10 Codes „Q85.0“ identifiziert und mittels Texteinträgen verifiziert. Es wurden Patienten (< 18 Jahre bei Erstvorstellung) berücksichtigt, die im Zeitraum 01.2017-12.2020 in Behandlung waren. Der klinische Phänotyp wurde retrospektiv mittels Aktenrecherche zum Zeitpunkt des Erstverdachts und zum letzten Vorstellungszeitpunkt erhoben.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 75 Patienten mit einem medianen Alter von 11,0 Jahren (Bereich: 1,1-22,6 Jahre; 35 Mädchen) zum letzten Untersuchungszeitpunkt identifiziert. Bei Erstverdacht erfüllten 44 Patienten (medianes Alter 4,1 Jahre) die NIH Kriterien und 56 Patienten (medianes Alter 3,5 Jahre) die revidierten Kriterien (p=0.0562). Alle 12 Patienten, bei denen anhand der revidierten Kriterien bereits die Diagnose gestellt werden konnte, erfüllten diese aufgrund des Nachweises einer pathogenen NF1-Variante.
Bei 31 Patienten lagen initial nur Hautveränderungen (Cafe-au-lait Flecken und/oder Freckling) vor, bei 9 entwickelten sich im Verlauf weitere NF1-Manifestationen. Insgesamt 16 von 31 Patienten wurden genetisch untersucht, bei 13 wurde eine pathogene Variante in NF1 nachgewiesen. Bei 1 von 3 Patienten ohne Nachweis einer pathogenen NF1-Variante wurde eine heterozygote Variante unklarer Signifikanz in SPRED1 nachgewiesen, 1 Patient erfüllte die Voraussetzungen für eine CMMRD-Testung, bei 1 Patienten muss die SPRED1 Diagnostik noch ergänzt werden.
Drei Patienten zeigten nur segmentale Veränderungen, 3 weitere Patienten erfüllten die NIH und revidierten Kriterien nicht. Einer dieser 3 Patienten zeigte weitere CMMRD Kriterien ohne jedoch die Voraussetzung für eine CMMRD Untersuchung (hier: SPRED1 Analyse) zu erfüllen.
Zum letzten Untersuchungszeitpunkt erfüllten 53 Patienten die NIH und 57 Patienten die revidierten Kriterien (p=0.58).
Schlussfolgerung: Mithilfe der revidierten Kriterien können zusätzliche Kinder mit NF1 in einem jüngeren Alter diagnostiziert werden. Eine gründliche Phänotypisierung ist notwendig, um Patienten mit segmentaler NF1, Legius Syndrom oder CMMRD zu identifizieren.
Förderung: PLGA Fund at the Pediatric Brain Tumor Foundation of the United States, Inc.., Forschungsförderung der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg.