Autor:innen:
M. Fleischmann (München, DE)
J. Uppendahl (München, DE)
T. Fuschlberger (München, DE)
A. Friedmann (München, DE)
K. Bernhardt (München, DE)
S. Le Beherec (München, DE)
V. Mall (München, DE)
A. Hahnefeld (München, DE)
Einleitung:
Der Erwerb von Fertigkeiten im Laufe des Lebens baut auf den in der frühen Kindheit erworbenen Grundfähigkeiten auf. Mehrere externe Faktoren beeinflussen den Erwerb von Kompetenzen und Fertigkeiten, darunter Gesundheit, Ernährung, Sicherheit und Schutz. Eine besonders rasante und wichtige Zeit sind hier die Lebensjahre von der Schwangerschaft bis zum 3. Lebensjahr. In dieser Zeit brauchen Kinder Nahrung, Schutz und Anregung für eine gesunde Entwicklung.
Bei Flüchtlingskindern ist davon auszugehen, dass ein hohes Maß an Aversivität, Stress und körperlicher sowie gesundheitlicher Belastungen in ihrem Leben stattgefunden haben. Während Entwicklungsrückschritte als Traumafolgesymptom bei Kindern ab dem 3. Lebensjahr in der Literatur bereits beschrieben sind, gibt es aktuell noch keine Studien, die den Zusammenhang zwischen Flucht und Entwicklungsverzögerungen bei Kleinkindern untersuchen.
Ziel der Studie ist es daher, den grob- und feinmotorischen Entwicklungsstand von in Deutschland ankommenden Flüchtlingskindern im Alter von 1-3 Jahren zu erfassen und mit dem Entwicklungsstand von gleichaltrigen Kindern der in Deutschland lebenden Normstichprobe zu vergleichen, um Rückstände rechtzeitig zu erkennen und somit eine optimierte gesundheitliche Versorgung und eine gute Integration gewährleisten zu können.
Methode: Im Rahmen des EU-geförderten AMIF-Projekts findet die Datenerhebung von Oktober 2021 bis Mai 2022 in zwei Münchner Anker-Zentren statt. Eingeschlossen werden alle Kinder im Alter von 1;6 bis 3;11 Jahren ohne bereits bekannte körperliche oder geistige Behinderung oder andere schwerwiegenden Erkrankungen. Durch Perzentilenkurven wird die somatische Entwicklung erfasst und in Bezug auf das Normkollektiv dargestellt.
Die grob- und feinmotorische Entwicklung wird mit der revidierten Fassung der Münchner Funktionellen Entwicklungsdiagnostik 1-4 erhoben. Die Werte der Kinder mit Fluchthintergrund werden mit den Werten der deutschen Normstichprobe der aktuellen Neunormierung querschnittlich verglichen.
Ergebnisse: Deskriptive Daten liegen aktuell von 24 Kindern vor. Die Familien stammen größtenteils aus Afghanistan, ein kleiner Anteil aus Zentralafrika (20:4), 54% sind weiblichen Geschlechts. Nachdem die Datenerhebung im Mai 2022 abgeschlossen wird, werden die Entwicklungsdaten ausgewertet und auf dem Kongress erstmalig präsentiert.
Diskussion: Vergleichsdaten mit der Normstichprobe werden berichtet und diskutiert. Schließlich sind Flüchtlinge eine heterogene Gruppe und haben eine Vielzahl von Gesundheitsbedürfnissen, die sich von denen der Aufnahmebevölkerung unterscheiden können. Kinder bilden hier nochmal eine eigene, komplexere und schutzbedürftigere Population. Ziel ist es, dieser hochvulnerablen Gruppe Zugang zu Gesundheitsdiensten zu gewährleisten, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Als Schlussfolgerung können Versorgungs- und Behandlungsempfehlungen für Flüchtlingskinder abgeleitet werden.