Autor:innen:
I. Brockow (München-Oberschleißheim, DE)
K. Schwarz (München-Oberschleißheim, DE)
U. Nennstiel (München-Oberschleißheim, DE)
Hintergrund: Seit 2009 ist das Neugeborenen-Hörscreening (NHS) in Deutschland gut etabliert. Dennoch zeigt die bundesweite Evaluation des NHS, dass für 40% der Kinder nach auffälligem Hörscreening keine endgültige Diagnose bekannt ist [1]. In Bayern werden dagegen durch ein konsequentes Tracking (Erinnerung an die notwendige Kontrolle) über 93% der auffälligen Befunde abgeklärt. Ziel der Untersuchung ist es mögliche Einflussfaktoren auf die Notwendigkeit eines Trackings nach auffälligem NHS zu identifizieren.
Methodik: Für diese Querschnittsstudie wurden Ende März 2020 alle Familien angeschrieben, an die zwischen dem 02.12.2019 und 02.03.2020 ein erstes Erinnerungsschreiben wegen einer fehlenden Kontrolluntersuchung nach auffälligem NHS verschickt worden war (N=1.312). In einem Fragebogen wurden allgemeine Angaben zum Kind und der Familie sowie der Durchführung des NHS gestellt. Insbesondere wurde auch erfragt, ob die Kontrolle aufgrund des Erinnerungsschreibens stattgefunden hatte. Ergänzt wurden die Angaben durch im LGL vorliegende Daten des NHS und weiterer Kontrolluntersuchungen. Ein Ethikvotum für die Studie liegt vor.
Ergebnisse: Insgesamt konnten 405 Fragebögen (Teilnahmerate 30,9 %) ausgewertet werden. Die Ergebnisse der Regressionsmodelle zeigen als signifikante Einflussfaktoren für die Notwendigkeit eines Trackings die fehlende Mitteilung des Kontrollbedarfs (p < 0,001, OR=10,496, KI [4,060; 27,137]), einen niedrigen Bildungsstand der Mutter (p=0,041, OR=2,517, KI [1,037; 6,108]), Probleme bei der Terminvereinbarung (p=0,019, OR=3,021, KI [1,201; 7,598]) und die gesprochene Sprache im Haushalt (p= 0,030, OR=1,712, KI [1,055; 2,777]). In der bivariaten Analyse führten auch mehr als zwei Geschwister (p= 0,022, OR=3,555, KI [1,126; 11,222]) und ein Erstscreening in der Kinderklinik (p= 0,024, OR=2,215, KI [1,093; 4,492]) zu einem höheren Trackingbedarf, während schriftliches Informationsmaterial keinen Einfluss hatte.
Schlussfolgerung: Ein konsequentes Tracking der notwendigen Kontrolluntersuchungen wie in Bayern ist für die möglichst vollständige Abklärung auffälliger Screeningbefunde essentiell. Eine bessere Information über die notwendige Kontrolluntersuchung an die betroffenen Familien auch hinsichtlich Sprache und leichter Verständlichkeit der Informationen ist notwendig. Zusätzlich sollten Termine möglichst unkompliziert vereinbart werden können, um die Notwendigkeit des Trackings zu reduzieren.