Autor:innen:
I. Seraphim (Augsburg, DE)
M. Monaco (Augsburg, DE)
S. Schiele (Augsburg, DE)
B. Welzenbach (Augsburg, DE)
J. Stoffels (Augsburg, DE)
T. Völkl (Augsburg, DE)
Zielsetzung
Nach SARS-CoV2-Infektion leidet ein Teil der Kinder und Jugendlichen an persistierenden Symptomen, im Sinne eines Long-COVID-Syndroms. Ein interdisziplinäres Diagnostik- und Therapiekonzept ist notwendig und kann idealerweise im SPZ oder stationärer Sozialpädiatrie etabliert werden.
Material und Methoden
Retrospektive Analyse von n=40 Patientenakten der Long-COVID-Ambulanz im SPZ und stationärer Sozialpädiatrie von Oktober 2021 bis April 2022. Die Diagnostik erfolgte nach Leitlinie [1], immer ärztlich und psychologisch (BDI-II, PHOKI, SPAIK, DIK-J, SDQ, COV-GEN, WISC-V), bei Bedarf mit Fachtherapeuten, z.B. Physio-, Ergotherapeuten.
Ergebnisse
[Mittelwert (SD; Median; Range)] Das durchschnittliche Alter lag bei 12,27 Jahren (3,03; 12,5; 6,3-17), 60% weiblich, 40% männlich. Der durchschnittliche Anfahrtsweg bei 90,9 km (130,86; 53,45; 3.6-718). Die Diagnostik erfolgte in 60% ambulant, 40% stationär. Die Erstvorstellung erfolgte durchschnittlich 103 Tage (122,3; 73; 10-726) nach SARS-CoV2-Infektion.
Bei Vorstellung (Mehrfachnennung) gaben n=27 (67,5%) reduzierte Belastbarkeit, n=25 (62,5%) Schlafstörungen, n=22 (55%) Hyposmie und/oder Parageusie, n=23 (57,5%), Kopfschmerzen, n=22 (55%) Atembeschwerden und n = 16 (40%) Bauchschmerzen an. Eine obstruktive und/oder restriktive Lungenfunktion (Ganzkörperplethysmographie) lag bei 53,8% vor; zudem bei n=22 (68,8%) ein Vitamin-D-Mangel (< 20 µg/l). Bei n=4 Patienten zeigte sich ein Vitamin-B12-Mangel. N=4 Patienten hatten erhöhte ANA-Titer, n=1 erhöhte dsDNA-Titer. Bei 37,5% wurde mit einem inhalativen Steroid neu/in erhöhter Dosis behandelt. Die psychologische Diagnostik zeigte persistierende emotionale Belastungen; Bei n=20 (50%) zeigten sich Konzentrationsprobleme, bei n=26 (65%) persistierende Erschöpfung mit somatischen Beschwerden und Reizbarkeit, bei n=6 (15%) depressive Symptomatik und bei n=22 (37.5%) vermehrte Ängste. Bei ca. 5% bestanden Vorerkrankungen, die sich mit COVID19 verschlechterten. Die Therapie teilte sich wie folgt auf: 27,5% wurden in einer stationären Therapie, dabei 36,5% in medizinischer Rehabilitation, 45,5% in stationärer Psychosomatik, 18% in stationärer sozialpädiatrischer Therapie behandelt. 72,5% wurden im SPZ ambulant weiterbetreut, hierunter wurden 27,5% eine engmaschige ambulante Psychotherapie vermittelt.
Zusammenfassung
Die Versorgung von Long-COVID in interdisziplinären Sozialpädiatrischen Zentren ist ideal, da hier eine multiprofessionelle Diagnostik erfolgen kann. Insgesamt zeigt sich eine fehlende flächendeckende Long-COVID-Versorgung bei Kindern und Jugendlichen, teilweise mit langer Anfahrt. Hier bietet sich eine stationäre Diagnostik in Zentren und heimatnahe Rückvernetzung an. Grundsätzlich muss das deutschlandweite Angebot dringend ausgebaut werden. Eingeschränkte Teilhabe und psychosomatische Komorbidität ist bei Kindern und Jugendlichen mit Long-COVID neben somatischen Befunden häufig nachweisbar und muss entsprechend behandelt werden.