Autor:innen:
M. Fix (Bad Mergentheim, DE)
D. Jantzen (Bad Mergentheim, DE)
F. Zeilhofer (Bad Mergentheim, DE)
G. Güthle (Bad Mergentheim, DE)
V. Neuner (Bad Mergentheim, DE)
K. Lowinski (Bad Mergentheim, DE)
S. Selbach (Bad Mergentheim, DE)
M. Cisana (Bad Mergentheim, DE)
P. Kuhn (Bad Mergentheim, DE)
C. Willaschek (Bad Mergentheim, DE)
M. Munteanu (Bad Mergenteim, DE)
Fallbeschreibung
Wir berichten über ein 11 Tage altes weibliches Neugeborenes, das bei Dystrophie (Gewicht -2,28 SD), Trinkschwäche und Gewichtsabnahme in unsere Klinik eingewiesen wurde. Die körperliche Untersuchung erbrachte keine weiteren Auffälligkeiten, im Aufnahmelabor zeigten sich eine Hyperkaliämie und eine Hyponatriämie vereinbar mit einer Nebennierenrinden-Insuffizienz. Die Behandlung mit Hydrocortison und Fludrocortison unter dem Verdacht einer primären Nebenniereninsuffizienz mit Salzverlust erbrachte keine Befundbesserung, die erweiterte Labordiagnostik keinen Hinweis auf einen Hypocortisolismus. Es zeigten sich jedoch eine Hyperaldosteronämie und eine Hyperreninämie, so dass wir die Diagnose eines Pseudohypoaldosteronismus (PHA) stellten und die Steroidtherapien beendeten.
Die angepasste Akuttherapie u.a. mit supraphysiologischen Natriumgaben bis 10 mmol/kg Körpergewicht/Tag führte zur schrittweisen Normalisierung der Serumelektrolyte sowie des Trinkverhaltens und konsekutiv zu einem Aufholgedeihen. Der weitere Verlauf ist bislang unauffällig, so dass von einer guten Prognose auszugehen ist.
Die Familienanamnese erbrachte keine Auffälligkeiten. In der molekulargenetischen Diagnostik konnte bei der Patientin die bislang nicht beschriebene heterozygote Missense-Sequenzvariante c.2657T>A, p.(Leu886His) im NR3C2-Gen nachgewiesen werden. Bei den Eltern fand sich diese Variante nicht, so dass davon auszugehen ist, dass es sich um eine de novo-Variante handelt. Die Veränderung führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem zumindest teilweisen Funktionsverlust des Mineralkortikoid-Rezeptors, der die Wirkung von Aldosteron auf die Zellen des Sammelrohres in der Niere vermittelt. Angesichts der typischen Klinik sowie des de-novo-Status der genetischen Veränderung wurde die hier dargestellte NR3C2-Variante als „wahrscheinlich pathogen“ (Klasse IV-Variante nach ACMG-Kriterien) bewertet und die klinische Verdachtsdiagnose bei unserer Patientin bestätigt; es liegt ein autosomal-dominanter PHA Typ 1 vor.
Fazit
Die Addison-Krise bei PHA ist eine seltene Differenzialdiagnose bei Trinkschwäche und Gedeihstörung in der Neugeborenenperiode. Wir präsentieren eine neue Genvariante die wahrscheinlich pathogen und ursächlich für einen PHA I bei unserer Patientin ist. Die Hyperkaliämie als Komplikationen des PHA ist potentiell lebensbedrohlich und die Therapie einfach, umso wichtiger ist eine frühzeitige korrekte Diagnose.