Autor:innen:
B. Zippel-Schultz (Berlin, DE)
C. Ski (Suffolk, GB)
J. Brandts (Aachen, DE)
E. Furtado da Luz Brzychcyk (Dublin, IE)
M. Barrett (Dublin, IE)
D. Thompson (Belfast, GB)
L. Hill (Belfast, GB)
L. De Measschalck (Geel, BE)
T. Hoedemakers (Sittard, NL)
M. Jacobsen (Aachen, DE)
K. Schütt (Aachen, DE)
D. Müller-Wieland (Aachen, DE)
A. Neuman (Berlin, DE)
B. Steiner (Berlin, DE)
T. Helms (Fürth, DE)
Hintergrund: Herzinsuffizienz (HI) gehört weltweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Sie ist durch eine hohe Morbidität und Mortalität, eine mitunter komplexe medizinische Versorgung sowie wiederholte Krankenhausaufenthalte gekennzeichnet. Neben dem alltäglichen Krankheitsmanagement ist eine zeitnahe individualisierte Anpassung der Therapie an die Bedürfnisse der Patient*innen entscheidend, um Verschlechterungen der Erkrankung zu vermeiden. Informell Pflegende bzw. Angehörige beeinflussen den Krankheitsverlauf maßgeblich, indem sie die Patient*innen ermutigen und deren Selbstmanagement unterstützen. Für informell Pflegende ist dies häufig mit hohem psychologischem Stress verbunden. Digitale Anwendungen bieten die Möglichkeit, den Versorgungsprozess zu optimieren und sowohl Patient*innen als auch deren Angehörige zu unterstützen. Um diese Potenziale auszuschöpfen, wurden im Rahmen des PASSION-HF Projekts (Interreg NWE 702) zunächst die Erwartungen und Bedürfnisse der Patient*innen und Angehörigen an eine digitale Anwendung – eine virtuelle Ärztin – sowie die Rolle der Angehörigen im Versorgungsprozess erfasst.
Methode: Die explorative Mixed-Methods-Studie (März-Juni 2019) wurde in Deutschland, Irland, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich durchgeführt. In semi-strukturierten Interviews wurden 49 Patient*innen (männlich: 76%) und 33 Angehörige (weiblich: 85%) befragt. 43% der Patient*innen waren zwischen 60 und 69 Jahren alt. 86% der Angehörigen waren über die Altersgruppen 50-59, 60-69 und 70-79 Jahre nahezu gleichmäßig verteilt. Zudem haben die Teilnehmer Fragebögen ausgefüllt.
Ergebnisse: Die Angehörigen sind gut über die Erkrankung informiert - 78% schätzen ihr Wissen über HI als gut bis sehr gut ein. 63% geben an, dass die Patient*innen ihren gesundheitsbezogenen Ratschlägen folgen. Obwohl 72% selten bzw. keine gesundheitsrelevanten Entscheidungen treffen, sind doch 67% der Angehörigen in alle Entscheidungen einbezogen. Im täglichen HI-Management prüfen 57% der Angehörigen oft bis sehr oft, ob der Lebensstil den Empfehlungen entspricht. 64% prüfen, ob die Medikation richtig ein-genommen wird. 70% gaben an, oft bis immer den Gesundheitszustand des Patienten/der Patientin zu monitoren.
Sowohl Patient*innen als auch Angehörige stehen einer Unterstützung durch eine virtuelle Ärztin offen gegenüber. Großes Potenzial sehen sie im eigenen Empowerment, einer zeit- und ortsunabhängigen Verfügbarkeit sowie einer personalisierten Medizin. Angehörige äußerten die Hoffnung, dass ihnen eine digitale Lösung Aufgaben, wie das Monitoring der Erkrankung, teilweise abnehmen und die Unsicherheiten im Umgang mit der HI redu-zieren könnte.
Implikationen: Informell Pflegende bzw. Angehörige übernehmen eine zentrale Rolle im Versorgungsprozess von HI-Patient*innen. Patient*innen und Angehörige sehen in digitalen Anwendungen eine große Chance darin, dass das Selbstmanagement der HI unterstützt und gleichzeitig die Angehörigen entlastet werden.