11:00 Uhr
Zwang und Zwangsvermeidung aus Perspektive der Klinik
W. Jordan (Magdeburg, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
W. Jordan (Magdeburg, DE)
offener Block: Zwang(svermeidung)
Format Podiumsdiskussion nach fünf Inputs
Richter: Hendrik Haußmann
Klinikchef Magdeburg: Prof. Dr.med. Wolfgang Jordan, MBA, MIM
SpDi: Klaus Petzold
Betroffene: Franz-Josef Wagner
Angehörige: Heike Petereit-Zipfel
Abstract:
Zwang und Zwangsvermeidung waren bereits im Rahmen der Psychiatrieenquete und den 1988 erschienenen Empfehlungen der Expertenkommission ins Blickfeld der psychiatrischen und insbesondere sozialpsychiatrischen Arbeit gerückt. Viele PsychKG´s der Länder hatten die Vermeidung von Zwang und die Stärkung der Rechte untergebrachter Menschen schon Anfang der 2000er festgeschrieben. Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention rückte das Thema Zwang in der Psychiatrie zunehmend auch in den Fokus der Justiz und führte in der Folge zu diversen gesetzlichen Regelungen. Dies wiederum gab den Initiativen und auch der Forschung zur Vermeidung von Zwang neuen Auftrieb. Neben vielen Verbesserungen und einem deutlich höheren Schutz der Patientenrechte hat die gesetzliche Entwicklung aber auch zu gravierenden nachteiligen Folgen für die betroffenen Menschen, deren Umfeld und den mit der Versorgung betrauten Professionellen geführt.
Inputs:
Wesentliche Aspekte aus Sicht der Klinik:
In der Versorgungsrealität scheinen die Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem Respekt der Selbstbestimmung auch bei psychisch Kranken und deren Umsetzung in Landes-PsychKG´s in weiten Kreisen der Gesellschaft noch nicht angekommen zu sein. Unverändert sollen psychiatrische Kliniken rein ordnungspolitische Funktionen für Personen mit störendem Verhalten übernehmen. Die vorhandenen Ressourcen reichen dann für die Erfüllung der Pflichtversorgung, Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung jederzeit aufnehmen und behandeln zu können, nicht mehr aus. Neben einer gesetzeskonformen Anwendung der PsychKG´s sind verpflichtende Schulungsangebote zu spezifischen psychiatrischen Störungsbildern und den rechtlichen Grundlagen zu einer Aufnahme und Behandlung gegen den Willen für Polizisten und im Rettungswesen Tätige, der Aufbau niederschwelliger Überwachungsstrukturen für alkoholisierte Personen und eine kommunale Daseinsfürsorge mit der Etablierung von Krisenpensionen oder -hotels erforderlich.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit kurzen Inputs der Beteiligten soll diese Entwicklung und die aktuelle Situation aus der Perspektive der Kliniken, der Justiz und der sozialpsychiatrischen Dienste diskutiert werden.
11:15 Uhr
Zwang und Zwangsvermeidung aus juristischer Perspektive
H. Haußmann (Göhl, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
H. Haußmann (Göhl, DE)
Zwang und Zwangsvermeidung waren bereits im Rahmen der Psychiatrieenquete und den 1988 erschienenen Empfehlungen der Expertenkommission ins Blickfeld der psychiatrischen und insbesondere sozialpsychiatrischen Arbeit gerückt. Viele PsychKG´s der Länder hatten die Vermeidung von Zwang und die Stärkung der Rechte untergebrachter Menschen schon Anfang der 2000er festgeschrieben. Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention rückte das Thema Zwang in der Psychiatrie zunehmend auch in den Fokus der Justiz und führte in der Folge zu diversen gesetzlichen Regelungen in diesem Kontext, beispielsweise zur wegweisenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.7.2018 betreffend die Fixierung und Überwachung untergebrachter Menschen.
Inputs:
Wesentliche Aspekte aus Sicht der Justiz:
Zunächst stellt sich die Frage nach der rechtlichen Qualifikation von Zwang wiewohl danach, ob, wie, durch welche Maßnahmen und auf welcher Rechtsgrundlage Zwang ausgeübt wird. Insbesondere, wenngleich mitnichten ausschließlich, mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.7.2018 zur Zulässigkeit von Fixierungen im Rahmen geschlossener Unterbringungen haben auch in der jüngeren Vergangenheit in rechtlicher Hinsicht kontinuierlich weitere Entwicklungen stattgefunden. Das Erfordernis eines Richtervorbehalts wurde in erheblichem Maße verstärkt und die Ausübung von Zwang durch Fixierung von in der geschlossenen Psychiatrie untergebrachten Menschen im Hinblick auf das Erfordernis einer gerichtlichen Überprüfung bzw. Anordnung konkretisiert. Dies gilt insbesondere auch für die erforderliche Eins-zu-sein-Betreuung nebst fixierungsbegleitender Medikation. Dabei stellt die Frage nach der Vermeidbarkeit von Zwang bzw. dessen tatsächlicher Reduzierung bzw. Vermeidung ein zentrales Element dar.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit kurzen Inputs der Beteiligten soll diese Entwicklung und die aktuelle Situation aus der Perspektive der Kliniken, der Justiz, der sozialpsychiatrischen Dienste sowie Betroffener und Angehöriger diskutiert werden.
11:30 Uhr
Zwang und Zwangsvermeidung aus Perspektive des Sozialpsychiatrischen Dienstes
K. Petzold (Eutin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
K. Petzold (Eutin, DE)
Abstract:
Zwang und Zwangsvermeidung war bereits im Rahmen der Psychiatrieenquete und den 1988 erschienenen Empfehlungen der Expertenkommission ins Blickfeld der psychiatrischen und insbesondere sozialpsychiatrischen Arbeit gerückt. Viele PsychKG´s der Länder hatten die Vermeidung von Zwang und die Stärkung der Rechte untergebrachter Menschen schon Anfang der 2000er festgeschrieben. Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention rückte das Thema Zwang in Psychiatrie zunehmend auch in den Fokus der Justiz und führte in der Folge zu diversen gesetzlichen Regelungen in diesem Kontext. Dies wiederum gab den Initiativen und auch der Forschung zur Vermeidung von Zwang neuen Schwung. Neben vielen Verbesserungen und einem deutlich höheren Schutz der Rechte von Patient*Innen hat die gesetzliche Entwicklung aber auch zu gravierenden nachteiligen Folgen für die betroffenen Menschen, deren Umfeld und den mit der Versorgung betrauten Professionellen geführt.
Input SpDi:
Wesentliche Aspekte aus Sicht der sozialpsychiatrischen Dienste:
Die Rolle der SpDi´s bei dem Angebot von Hilfen und Vermeidung von Zwang wurde in vielen Landesgesetzen gestärkt.
Infolge der sukzessive höher gewordenen Schwelle zur Unterbringung und Behandlung gegen den natürlichen Willen nehmen Chronifizierung, Arbeitsplatz- und Wohnungsverlust, soziale Desintegration und Forensifizierung zu.
Das Verständnis und die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft nehmen ab.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit kurzen Inputs der Beteiligten soll diese Entwicklung und die aktuelle Situation aus der Perspektive der Kliniken, der Justiz, der sozialpsychiatrischen Dienste sowie der betroffenen Menschen und den Angehörigen diskutiert werden.
Klaus Petzold
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Leiter des SpDi´s des Kreises Ostholstein