Die Migräne weist jenseits des Kopfschmerzes und ihrer typischen Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen sowie Licht- und Lärmempfindlichkeit zahlreiche weitere Facetten auf, die Ausdruck ihrer komplexen Pathophysiologie sind. Da nicht in den ICHD-3-Kriterien enthalten wird die Osmophobie im klinischen Alltag meist nicht erfragt, obwohl sie eine hohe Sensitivität für die Diagnosestellung einer Migräne hat. Auch visuelle Phänomene jenseits der visuellen Aura können bei Betroffenen mit Migräne häufig gefunden werden, werden aber selten diagnostiziert. Neben Metamorphopsien, cinematographischem Sehen und Dyschromatopsien stellen Nachbild-Phänomene wie die Palinopsie eine weitere mit der Migräne assoziierte Facette dar. Neben den häufig als Komorbidität gefundenen depressiven Syndromen wurde bislang kaum untersucht, wie häufig Migränepatienten unter Einsamkeit leiden und sich ihre soziale Vernetztheit darstellt.
Im Rahmen dieses Symposiums sollen zu den Facetten Osmophobie, Nachbilder sowie Einsamkeit und soziale Vernetztheit eigene Studiendaten vorgestellt werden in den Kontext der aktuellen Literatur eingeordnet werden.
Vortrag 1: Migräne und olfaktorisches System (Marie Frost, Dresden)
Neben einem Überblick über die der Osmophobie zugrundeliegenden Mechanismen wird der Einfluss eines strukturierten Riechtrainings auf die Schmerzwahrnehmung und das Riechvermögen von Patienten mit Migräne mit und ohne Aura anhand von Daten einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie gezeigt. Riechtraining führt bei Patienten mit Migräne zu einer Erhöhung der mechanischen Schmerzschwelle und weist damit auf eine Schmerz-desensitisierende Wirkung von angenehmen Düften hin. Die aktuellen Daten werden im Kontext von Osmophobie und trigeminaler Sensitivierung bei Migräne kritisch beleuchtet.
Vortrag 2: Migräne, Einsamkeit und soziale Vernetztheit (Dr. phil. Britta Müller, Rostock)
Nach einer Übersicht über aktuelle Konzepte von Einsamkeit und sozialer Vernetztheit werden Daten aus zwei Studien zur Einsamkeit und sozialen Vernetztheit bei Migräne vorgestellt. Die Daten zeigen, dass Migränepatienten häufiger als Personen ohne Migräne über Einsamkeit berichten. Zudem weisen die Betroffenen vergleichsweise kleine soziale Netzwerke auf. Migränepatienten, die sich als einsam erleben, weisen zudem Besonderheiten in der Schmerzmitteleinnahme und in Copingstrategien auf.
Vortrag 3: Migräne und Nachbildeffekt (PD Dr. Tim Jürgens)
Die Ergebnisse einer kontrollierten Studie zu Nachbildeffekten bei Migränepatienten mit und ohne Aura werden vorgestellt und ihre möglichen pathophysiologischen Konzepte vor dem Hintergrund der übrigen visuellen Phänomene bei Betroffenen mit Migräne diskutiert.