Autor:innen:
Vivian Blechschmidt | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Jonathan Husk | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Bastian Schlickenrieder | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Dr. Ergül Alcin | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Dr. Wolfgang Greffrath | Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg | Germany
Hintergrund
Der Capsaicin-Rezeptor TRPV1 ist besonders für seine Rolle in der Transduktion des Hitzeschmerzes bekannt. Experimente an TRPV1-defizienten Mäusen (TRPV1-/-) haben sich dabei für die Untersuchung der Beteiligung von TRPV1 in vielen Bereichen der Schmerzforschung etabliert. Der TRPV1 Rezeptor ist jedoch auch an Prozessen jenseits der nozizeptiven Signalübertragung beteiligt, welche wiederum das Schmerzverhalten beeinflussen können, wie z.B. das Angstverhalten (1). In dieser Arbeit haben wir daher zusätzlich zum Schmerzverhalten das angstbezogene Verhalten der TRPV1-/- Ratte untersucht.
Methoden
Zum Nachweis der funktionellen TRPV1-Inaktivierung wurden immunhistochemische Untersuchungen sowie Calcium-Imaging Experimente mit TRPV1 Agonisten (Capsaicin, RTX) von kultivierten Neuronen der Hinterwurzelganglien (DRG) durchgeführt. Zur Charakterisierung des Schmerzverhaltens wurden Hitzeschmerzschwellen mithilfe eines Nahinfrarotlasers von jeweils 10 männlichen und weiblichen TRPV1-/- Ratten (Envigo, Niederlande) sowie 10 männlichen Sprague Dawley Wildtypratten (WT) bestimmt. Angstbezogenes Verhalten wurde mit dem Elevated Zero Maze (EZM) Test und Open Field (OF) Test untersucht. Der EZM Test gilt dabei als sensitiver und spezifischer für die Detektion von Unterschieden im Angstverhalten.
Die Daten sind als Mittelwert angegeben. Für den statistischen Vergleich wurde ein ungepaarter t-Test verwendet. Die Effektgrößen wurden mit Cohen's d bestimmt.
Ergebnisse
Immunhistochemisch zeigten die TRPV1-/- Tiere eine verringerte Expression von TRPV1 im Rückenmark und in den lumbalen DRG. Keines der 128 DRG Neurone reagierte auf Capsaicin oder RTX.
Die TRPV1-/- Tiere zeigten erhöhte Hitzeschmerzschwellen im Vergleich zu den WT Ratten. Im EZM verbrachten die TRPV1-/- Tiere mehr Zeit auf den offenen Armen (WT: 31%, TRPV1-/-: 54.2%; p < 0.0001, d=2.4) und überquerten die offenen Arme häufiger (WT: 1.9, TRPV1-/-: 8.2; p=0.0012, d=1.4). Es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern beobachtet (Aufenthalt im offenen Arm: mTRPV1-/-: 52%, wTRPV1-/-: 56.3%; p=0.35, d=0.45; Überquerungen: mTRPV1-/-: 9.6, wTRPV1-/-: 6.8; p=0.34, d=0.58).
Im OF zeigte sich zwischen TRPV1-/- und Wildtyptieren kein signifikanter Unterschied in der Aufenthaltsdauer in der zentralen Zone des OF (WT: 13.3%, TRPV1-/-: 15.3%, p=0.33, d=0.35; mTRPV1-/-: 13.7%, wTRPV1-/-: 17%, p=0.19, d=0.7).
Diskussion
Während im OF Test keine Unterschiede zwischen den Genotypen detektiert wurden, zeigten TRPV1-/- Tiere im EZM Test ein reduziertes Angstverhalten im Vergleich zu den Wildtyptieren. TRPV1-/- Tiere weisen demnach nicht nur Veränderungen in der Reaktion auf Schmerzreize, sondern auch Unterschiede im Angstverhalten auf, die das Schmerzverhalten wiederum beeinflussen können. Dass TRPV1 wesentlich, aber nicht exklusiv der Detektion schmerzhafter Hitzereize dient, gilt es bei der Interpretation der am TRPV1-/- Tier erhobenen (Verhaltens-)Daten zu beachten.