Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) ist pathophysiologisch divers mit neuropathischen, entzündlichen-autoimmunen, autonomen und psychischen Ursachen der Symptomatik. So sammeln sich hinter der Diagnose „CRPS“ verschieden Patient:innen, die die klinischen Kriterien erfüllen, aber dennoch sehr unterschiedlich sind. Dies erklärt das sehr individuelle Ansprechen auf einzelne Therapien.
Bislang wurde kein klassisches „CRPS – Gen“ gefunden. Die Epigenetik beschreibt vererbbare Veränderungen ohne Veränderung der Genomsequenz entweder durch RNA-Interferenz oder durch DNA-/Histon-Modifikation. Epigenetische Mechanismen können mehrere Signalwege in verschiedenen Zelltypen gleichzeitig beeinflussen, z. B. in Immunzellen, Mikroglia, Neuronen oder Endothelzellen, wie dies bei komplexen Krankheiten zu vermuten ist. Frau Dr. Reinhold wird über microRNAs als Biomarker bei CRPS berichten und erste epigentische Analysen vorstellen. In einer Vorstudie wurde bereits eine erhöhte Expression von microRNA-223 als Heilungsmarker nach Trauma beschrieben. Im Verlauf der Erkrankung trennt diese microRNA zwischen Patient:innen bei denen sich der Schmerz zurückbildet und denen, bei denen es keine Veränderung gibt.
Prof. Dr. Andreas Goebel wird über funktionelle Autoantikörper beim persistierendem CRPS und die damit zusammenhängende Variabilität der Behandlung mit immune-modulierenden Interventionen schildern. Behandlung mit Mycophenolat and Plasmaaustausch haben bei manchen Patienten anscheinend eine sehr gute Schmerzerreduktion erwirkt, während andere Patienten nur minimale Verbesserungen oder gar keinen Erfolg berichteten, manchmal sogar mit anhaltenden Nebenwirkungen. Dr. Goebel wird auch Schlussfolgerungen für zukünftige Versuche mit bestehenden und neu zu entwickenden Untersuchungstechniken diskutieren.
Dr. Violeta Dimova referiert über psychologische Mechanismen der Chronifizierung von CRPS aus eigenen Arbeiten. Mittels einer Clusteranalyse an unterschiedlichen Schmerzsyndromen (N=727) zeigt sich, dass sich CRPS-Patienten und Brustkrebspatientinnen mit den höchsten Ausprägungen im Schmerzkatastrophisieren im Vergleich zu Fibromyalgie und HIV gruppieren. Das Ungerechtigkeitsempfinden der Patienten, mediiert durch Schmerzkatastrophisieren, beeinflusst die Schmerzintensität und -beeinträchtigung. Im Verlauf der CRPS-Erkrankung (untersucht im Längsschnitt) bilden sich sekundären Risikofaktoren wie Sensitivität zur Schmerztraumatisierung aus und führen zur Persistenz der CRPS-Erkrankung.
Die beiden Vorsitzenden werden zusammen mit dem Auditorium die Ergebnisse dieser Präsentationen zusammenfassen und in der Diskussion Implikationen für eine bereits heute schon mögliche und zukünftig wünschenswerte individualisierte CRPS Therapie erarbeiten.
Aufgrund des breit angelegten Themenbereiches richtet sich das Symposium sowohl an klinisch tätige Kolleg:innen als auch Wissenschaftler:innen, die sich näher mit der Pathophysiologie chronischer Schmerzen beschäftigen.