Obwohl über den chronischen Schmerz definiert, sind viele Syndrome, die zu chronischen Schmerzen führen, geprägt durch eine hohe Diversität an psychosozialen Beeinträchtigungen. Dabei stehen Schmerzen und psychosoziale Faktoren in einem engen wechselseitigen Einflussverhältnis, in dem sie sich gegenseitig aufrechterhalten und verstärken können. Neben dem Zusammenspiel von viszeralen und somatischen Schmerzen bedeutet diese häufige psychosoziale Belastung eine besondere Herausforderung im Kontext der Diagnostik und Therapie aber auch der Forschung und Symptomerfassung in klinischen Studien.
In diesem Symposium soll die Bedeutung psychosozialer Faktoren im Kontext chronischer viszeraler und urogenitaler Schmerzen durch Endometriose für Pathophysiologie und multimodale Therapiekonzeptentwicklung in Klinik und Forschung sowie die Problematik bei deren Bewertung in klinischen Studien vorgestellt und diskutiert werden.
Endometriose betrifft etwa jede zehnte Frau und ist ein besonders interessantes und wichtiges Beispiel für das Zusammenspiel somatischer und viszeraler Schmerzen, sowie psychosozialer Faktoren: das Symptomspektrum ist divers, die Diagnosestellung oft langwierig und das Schmerzmanagement ist komplex. Dieses Krankheitsbild zeigt sehr nachdrücklich, wie es über die eigentliche, bereits sehr diverse Schmerzsymptomatik hinaus zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und Funktionalität und psychischen Belastung kommt.
Trotz großer Belastung durch die diverse Symptomatik erleben Betroffene häufig eine Normalisierung und Trivialisierung ihrer Beschwerden. Und obwohl neben verminderter Lebensqualität und sexueller Funktionsfähigkeit auch häufig psychopathologische Symptome (v.a. depressive und Angstsymptome) auftreten, sind multimodale Therapiekonzepte noch selten und auch der Großteil an klinischen Studien erfasst hauptsächlich die (Spontan-)Schmerzintensität.
Die Diversität der Symptomatik im Kontext des biopsychosozialen Schmerzmodells verdeutlicht dabei die Notwendigkeit multimodaler und interdisziplinärer Behandlungsstrategien. Darüber hinaus ist im Sinne einer ganzheitlichen Erfassung der Patientensituation und auch im Kontext der Risikostratifizierung die Anwendung standardisierter und validierter Fragebögen hilfreich, die neben der reinen Schmerzerfassung auch psychosoziale und funktionelle Faktoren durch sogenannte Patient Reported Outcome Measures (PROMs) messbar machen.
Dieses Symposium soll einen Einblick in aktuelle Erkenntnisse aus Klinik und Forschung rund um das Thema Endometriose-bedingter chronischer Unterbauchschmerz mit Fokus auf ein multimodales Therapiekonzept geben. Es soll Möglichkeiten für interdisziplinäre und multimodale Konzepte in Therapie und Forschung vorstellen und erste Erfahrungen damit diskutieren. Ziel ist es, den interdisziplinären Diskurs zu fördern und den Blick dafür zu schärfen, dass Endometriosepatientinnen mit weit mehr als nur Schmerz belastet sind.