Autor:in:
Simon Heintz | Universitätsklinikum Halle (Saale) | Germany
Hintergrund: Die Calcitonin-Gen-verwandten Peptid ("CGRP")-Signalwege spielen eine entscheidende Rolle in der Pathophysiologie der Migräne. Erenumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der speziell auf den CGRP-Rezeptor abzielt. Mehrere klinische Studien haben die Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten mit episodischer und chronischer Migräne nachgewiesen. Weniger bekannt ist die Wirksamkeit einer Dosiseskalation von 70 mg auf 140 mg Erenumab, insbesondere bei Patienten mit einer hohen Rate an zuvor erfolglosen prophylaktischen Medikamenten. Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Einsatz der erhöhten Dosierung unter realen Bedingungen in zwei tertiären Kopfschmerzzentren in Deutschland zu evaluieren. Methoden: In einer retrospektiven Analyse wurden Patienten, die in einem tertiären Kopfschmerzzentrum (Halle oder Jena, Deutschland) behandelt wurden und mindestens 3 Monate lang 70 mg Erenumab erhielten, mit einer Dosissteigerung auf 140 mg analysiert. Die Daten wurden hinsichtlich der Kopfschmerztage, der Einnahme von Akutmedikamenten, früherer Prophylaxe, unerwünschter Wirkungen unter der Therapie und Medikamentenübergebrauch ausgewertet. Der Ausgangswert wurde als die letzten 3 Monate vor Behandlungsbeginn definiert. Alle folgenden Behandlungsintervalle wurden als Dreimonatszeiträume festgelegt (z. B. nach 70 mg, nach 140 mg). Die Datenerhebung wurde bis zu sechs Monate nach der Dosiseskalation durchgeführt. Ergebnisse: Es wurden Datensätze von 52 Migränepatienten (90,4 % Frauen) im Alter zwischen 22 und 78 Jahren (Mittelwert 50,4 Jahre, SD 12,1 Jahre) analysiert. Bei Studienbeginn (mittlere Kopfschmerztage 15,67, SD=6,34; mittlere akute Medikamenteneinnahme 12,22, SD 5,39) erfüllten 51,9% die Kriterien für eine chronische Migräne und bei 56% wurde ein Medikamentenübergebrauch diagnostiziert. Während die Therapieeinleitung mit 70 mg eine signifikante Verbesserung der Kopfschmerztage und ein 50%iges Ansprechen zeigte, konnte dies bei der Therapieeskalation auf 140 mg nicht bestätigt werden; (BL=>70mg: -5,1 Kopfschmerztage, p < .001; pre140mg vs post 140mg: 11,64 versus 11,17 Kopfschmerztage). Gleiches gilt für die Verringerung des Anteils der Patienten, die zu viele Akutmedikamente einnahmen (vor 70 mg 56 %, nach 140 mg 29 %, p < .001). Das 50%ige Ansprechen lag in der Gesamtkohorte innerhalb der ersten drei Monate bei 35%, war aber in der EM-Untergruppe niedriger als in der CM-Gruppe nach der Dosiseskalation (25% versus 44%). Schlussfolgerungen: Insgesamt haben wir in dieser schwer zu behandelnden Stichprobe keinen zusätzlichen Nutzen für eine Dosiseskalation von 70 mg auf 140 mg Erenumab nach einer Therapie mit 70 mg gefunden. Die Studienergebnisse legen nahe, dass eine Dosiseskalation und damit eine Therapieverlängerung keinen Vorteil bringt und dass von Anfang an eine der beiden Dosierungen gewählt werden sollte.