Autor:innen:
Vanessa Rehm | Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Germany
Manon Sendel | Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Germany
Kaja Knutzen | Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Germany
PD Dr. Daniela Sammler | Max-Planck-Institut für epirische Ästhetik | Germany
PD Dr. Hubert Dinse | BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil | Germany
Prof. Dr. med. Ralf Baron | Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Germany
Prof. Dr. Janne Gierthmühlen | Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Germany
Hintergrund und Fragestellung
Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) ist durch sensorische, autonome und motorische Funktionsstörungen gekennzeichnet [1]. Die Therapie des CRPS ist multimodal. Eine vor dem Hintergrund zentraler und peripher pathophysiologischer Mechanismen des nozizeptiven Systems spielen sensomotorische physiotherapeutische Verfahren mit dem Ziel, die häufig gestörte sensomotorische Verarbeitung zu verbessern, eine große Rolle. Der tipstim® Handschuh (BOSANA Medizintechnik GmbH) ist eine neuartige Behandlungsmethode des CRPS, bei der mittels non-invasiver Neurostimulation der Fingerspitzen die sensomotorische Kopplung verbessert werden soll. Ziel dieser Studie war es daher, zu untersuchen, ob die Anwendung des tipstim® Handschuhs zu einer Verbesserung der Symptomatik bei CRPS führt.
Methoden
Patienten mit der Diagnose eines CRPS Typ I oder II nach den Budapest-Kriterien [2] im Alter von 14-80 Jahren konnten an der Studie teilnehmen. Nach einer Eignungsuntersuchung (Ausschluss von Differentialdiagnosen) erfolgte eine wirkungslose Sham-Stimulation der Hand mittels Handschuh für ca. 4-6 Wochen. Im direkten Anschluss daran erhielten die Teilnehmenden den tipstim® Handschuh (Verum Stimulation) für 12 Wochen. Während der Sham Stimulation und der Verum- Stimulation sollten die Patienten den Handschuh täglich für eine Stunde anwenden. Zum Studieneinschluss, nach der Sham-Periode und zum Abschluss der Studie erfolgten Untersuchungen der sensorischen, autonomen und motorischen Symptome sowie eine Erhebung mittels Fragebögen (QuickDASH, SF-12, Depression Anxiety Stress Scale, Schmerz auf Numeric Rating Scale).
Ergebnisse
36 Patienten (30 weiblich, 6 männlich; mittleres Alter: 48,6 ± 16,1 Jahre) nahmen an der Studie teil. 15 Patienen komplettierten die Sham- und Verum-Phase. Bei 12 Patienten erfolgte lediglich eine Teilnahme an der Verum-Phase. 9 Patienten absolvierten nur die Sham-Phase.
Sowohl in der Sham- als auch in der Verum-Phase zeigte sich eine Abnahme von Angst auf der Depression Anxiety Stress Scale (Sham: 1,4 ± 3,7 vs 1,0 ± 2,5, p= 0,009; Verum: 1,9 ± 3,2 vs 0,9 ± 2,8, p= 0,001).
Lediglich in der Verumphase zeigte sich eine signifikante Rückbildung des CRPS Severity Score (15,8 ± 5,2 vs 8,4 ± 4,9, p= 0,001).
Darüber hinaus zeigte sich eine Abnahme von Stress (Depression Anxiety Stress Scale; 7,8 ± 21,6 vs 5,6 ± 16,1, p= 0,001) und eine Verbesserung der Funktionalität (QuickDASH, 40,6 ± 28,3 vs 70,6 ± 73,0, p= 0,035) und Lebensqualität (SF-12 körperlicher Summenscore: 21,7 ± 14,1 vs 44,4 ± 13,8, p < 0,001; SF-12 psychischer Summenscore: 27,4 ± 21,1 vs 48,5 ± 15,1, p= 0,019). Weiterhin verbesserte sich die Beweglichkeit der Hand (Differenz Handspanne zwischen den Händen, 4,1 ± 2,7 vs 3,2 ± 2,1, p= 0,002).
Schlussfolgerung
In dieser Studie zeigte sich eine positive Auswirkung der Nutztung des tipstim®-Handschuhs auf Funktionalität, Lebensqualität, Beweglichkeit sowie CRPS-typische Symptome.