Eine adäquate Blutversorgung ist essenziell für eine physiologische Funktion der jeweiligen Zielstruktur. Dieses Prinzip ist auch für Strukturen des peripheren sowie des zentralen Nervensystems zutreffend. Für das Konzept der vaskulären Dysfunktion als relevante Komorbidität, welche Schmerz begleitet, aber auch induzieren kann, gibt es einige pathophysiologische Hinweise. Die vaskuläre Funktion wird jedoch neben gefäßschädigenden Erkrankungen auch entscheidend von physiologischen Parametern wie dem Lebensalter beeinflusst. Entsprechend soll die neuro-vaskuläre Integrität im Kontext der Schmerzwahrnehmung bzw. -entstehung über unterschiedliche Lebensspannen hinweg diskutiert werden.
Im ersten Teil wird Herr Magerl über die infantile Cerebralparese sprechen, welche oft einer zentralen Minderperfusion zugrunde liegt. Jenseits der motorischen und kognitiven Defizite kommt es bereits früh zur Entwicklung dauerhafter und schlecht therapierbarer akuter (40%) und chronischer (80%) Schmerzen (Vinkel 2021). Schmerzmechanismen bei Cerebralparese sind bisher kaum differenziert untersucht. Die Untersuchungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen eröffnen neue Einblicke modalitätsspezifischer Veränderungen des somatosensorischen Profils und der experimentellen Auslösbarkeit primärer und sekundärer Hyperalgesie. Die Relevanz einer neurovaskulären Schädigung in Hinblick auf die gesteigerte zentralnervöse nozizeptive Vulnerabilität soll dadurch verdeutlicht werden.
Im zweiten Teil wird Frau Enax-Krumova über vaskuläre Erkrankungen sprechen, welche sich typischerweise in der zweiten Hälfte der Lebensspanne entwickeln. Die dadurch bedingte veränderte sensorische Reizwahrnehmung werden beleuchtet. Einerseits werden die Mechanismen der verschiedenen Schmerzformen im Zusammenhang mit Schlaganfällen dargestellt, welche oft eine anspruchsvolle Therapie bedürfen. Als weitere Beispiele für die Interaktion zwischen Gefäßerkrankungen im Alter und Schmerzen werden die Mechanismen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und der Riesenzellarteriitis diskutiert.
Im letzten Teil wird Frau Forstenpointner über die Rolle der vaskulären Dysfunktion bei seltenen schmerzhaften Erkrankungen sprechen. Einige seltene Schmerzerkrankungen, zeigen bereits in frühen Lebensabschnitten pathologische Veränderungen sowohl in neuronalen wie auch vaskulären Strukturen. Diese Beobachtungen implizieren, dass zusätzlich zu neuronalen Veränderungen auch ein krankheitsbedingter vaskulärer Umbau zu einer Perfusionsänderung in den Vasa nervorum führen kann. Diese Perfusionsstörungen können zu einer Unterversorgung des Nervengewebes führen sowie eine daraus resultierende veränderte sensorische Reizwahrnehmung potenziell Schmerzzustände bei seltenen Erkrankungen aggravieren bzw. induzieren.
Ziel ist es Schmerzzustände welche im Kontext einer vaskulären Dysfunktion stehen zu beleuchten sowie geschlechts- bzw. altersbedingte Einflüsse zu diskutieren.