Hintergrund
Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) weist heterogene somatosensorische Veränderungen auf, die es trotz der Zuordnung zu neuropathischen Schmerzsyndromen von anderen neuropathischen Störungen unterscheidet. Die Inzidenzangabe liegt je nach Studie bei Erwachsenen und Kindern um 1%, Mädchen/Frauen sind deutlich häufiger betroffen. CRPS umfasst eine charakteristische Trias, die aus autonomen, motorischen und sensorischen Störungen besteht. Unterschieden wird in Typ I ohne Nervenschädigung und Typ II mit Nervenschädigung. Das Vollbild umfasst auch neurokognitive Veränderungen; teilweise kommen Amputationswünsche der Patient*innen vor. Die Diagnose erfolgt anhand der modifizierten Budapest-Kriterien. Das Krankheitsbild bei Kindern und Jugendlichen unterscheidet sich von dem des Erwachsenen in Verlauf, Therapie und Prognose. Daten zum Vergleich sind bisher rar. Oft sind die Befunde in der jungen Altersgruppe weniger stark ausgeprägt und fluktuierender.
Inhalt
Einführend beschreibt Dr. Magerl das Ausmaß somatosensorischer Veränderungen in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf (akut/subakute vs. chronisch), in Abhängigkeit von der Mitbeteiligung einer peripheren Nervenverletzung (CRPS I vs. CRPS II) und in Abhängigkeit vom thermischen Phänotyp (kalte vs. warm). Es wird der Zusammenhang von Schmerz und Hyperalgesie mit dem Umfang der motorischen Beeinträchtigung und psychischer Komorbidität diskutiert und der Prädiktion der Druckhyperalgesie, sowie Veränderungen der Schmerzhabituation und konditionierter Schmerzmodulation (CPM).
Darauf aufbauend werden zwei Kohorten von jeweils 100 Kindern und Jugendlichen und 100 Erwachsenen vorgestellt und verglichen.
Dr. Höfel stellt Daten zu Auslösern, Kriterien, Phänotypen des CRPS und psychischen Aspekten bei jungen Menschen und sich daraus abzuleitende therapeutische Behandlungskonzepte vor.
Prof. Maihöfner beschreibt Daten zu klinischen Zeichen und Symptomen bei Erwachsenen und neue Daten zur Epidemiologie und klinischen Clustern von Symptomen. Es werden verschiedene Phänotypen des CRPS präsentiert, u.a. basierend auf QST-Daten. Es ergeben sich Implikationen für objektivierbare Diagnosekriterien und Daten zur Langzeitprognose. So sind Allodynie und Dystonie negative Prädiktoren für ein Nicht-Ausheilen.
Fazit
Subtypspezifität und Altersabhängigkeit sollten in Diagnostik und Therapie beachtet werden. Im Vergleich ist bei Erwachsenen eher die obere Extremität betroffen, bei Kindern und Jugendlichen die untere. Die bei Erwachsenen meist beschriebene Überwärmung lässt sich bei Kindern selten finden, hier überwiegt eine initial kältere Hauttemperatur. Neurologische und sympathische Symptome sind in der jungen Altersgruppe weniger ausgeprägt. Bei Erwachsenen tritt CRPS öfter nach einem Trauma auf, bei Kindern finden sich in der Anamnese häufig nur sehr kleine oder gar keine Verletzungen. Eine medikamentöse Therapie ist bei Kindern nicht indiziert.