Raum:
Saal A8 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 09: Komorbidität von psychischen und somatischen Störungen, Psychosomatik
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Während die Relevanz traumatischer Erfahrungen und einer daraus resultierenden posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) für die psychische Gesundheit mittlerweile als gesichert gilt, ist ihre Bedeutung im Kontext körperlicher Krankheiten deutlich weniger beforscht. Dabei legen präklinische und grundlagenwissenschaftliche Studien nahe, dass traumatischer Stress deletäre Auswirkungen auf eine Vielzahl von Organen wie z.B. das Immun- oder kardiovaskuläre System hat.
Hans Grabe (Greifswald) stellt Daten aus den longitudinalen, epidemiologischen SHIP-Studien aus der Allgemeinbevölkerung vor, die den Zusammenhang von traumatischen Stress auf die kardiovaskuläre Gesundheit beschreiben. Neben echokardiographischen Daten stehen auch spiroergometrische Funktionsdaten zur Verfügung, die eine differenzierte Analyse der Beziehung Trauma – Herzgesundheit erlauben.
Andreas Maercker (Zürich) stellt eine Parallelstudie von Samples älterer Menschen mit institutionellen Kindesmissbrauchserfahrungen in der Schweiz und Irland vor, in der der mediierende Effekt des Sense-of-Coherence-revised (SOC-R) für den Zusammenhang von Missbrauchserfahrungen und Traumafolgesymptomen untersucht wurde.
Carsten Spitzer (Rostock) beschäftigt sich anhand von Daten aus zwei groß angelegten Allgemeinbevölkerungsstudie mit dem Zusammenhang von traumatischen Erfahrungen, PTBS und respiratorischen Erkrankungen bzw. der spirometrisch erfassten Lungenfunktion. Diese objektiven Indikatoren tragen zu einer genaueren Differenzierung bisheriger Befunde bei, die ausschließlich auf Selbstbericht beruhten.
Heide Glaesmer (Leipzig) stellt eine multizentrische psychoonkologische Studie vor, in der 2141 krebskranke Patienten auf traumatischen Ereignisse und eine mögliche PTBS untersucht wurden. Die Lebenszeitprävalenz für traumatische Erfahrungen lag bei 77%, von denen wiederum 16% im Zusammenhang mit der Krebserkrankung standen. Die Diskussion greift die Implikationen für die psychoonkologische Versorgung auf.
15:30 Uhr
Posttraumatische Belastungsstörung und kardiovaskuläre Störungen in der Allgemeinbevölkerung
H. Grabe (Greifswald, DE)
15:52 Uhr
Missbrauchserfahrungen im Alter in der Schweiz und Irland: physische Gesundheit, PTSD und Sense-of-Coherence-revised
A. Maercker (Zürich, CH)
16:36 Uhr
Posttraumatische Belastungsstörungen bei Patienten mit Krebserkrankungen – Ergebnisse einer großen repräsentativen Befragung in Deutschland
H. Glaesmer (Leipzig, DE)
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Autor:in:
H. Glaesmer (Leipzig, DE)
Zielsetzung: Zur Optimierung der psychoonkologischen Versorgung von Patienten mit schwerer
stressor-bezogenen Symptomatik, sollten (a) valide und verallgemeinerbare
Prävalenzraten der posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) bei onkologischen Patienten und
(b) den Prozentsatz der PTBS-Fälle, die durch krebsbedingte Ereignisse ausgelöst sind, bestimmt werden.
Methoden: Multizentrische Studie zu Untersuchung einer repräsentativen Stichprobe von Patienten mit
verschiedenen Krebserkrankungen. Ein diagnostisches Interview (CIDI-O) wurde verwendet, um die PTBS gemäß DSM-IV zu erfassen. Wir beschreiben zunächst Art und Häufigkeit potenziell traumatischer Ereignisse
(A1-Ereignisse) und das Ausmaß, in dem sie die Traumakriterien erfüllen (A2-Ereignisse). Anschließend stellen wir Prävalenzraten der PTBS vor und untersuchen den Anteil
von Patienten mit krebsbedingter PTBS.
Ergebnisse: 4.020 Patienten nahmen teil (Rücklaufquote: 68 %), von denen
2.141das diagnostische Interview abschlossen; 1641 Patienten berichteten über mindestens ein A1-
Ereignis, von denen 16 % (n = 257) krebsbedingte Ereignisse angaben. 91%
(n = 232) dieser krebsbedingten Ereignisse erfüllten das A2-Kriterium. Über alle Krebsarten hinweg,
betrug die 4-Wochen-Prävalenz der PTBS 2,0 % (95 % CI, 1,5-2,7); 9 % (n = 5) der
der 4-Wochen-PTSD-Fälle waren krebsbedingt.
Schlussfolgerungen: Über alle Krebsarten und Behandlungssituationen hinweg erfüllten nur wenige Krebspatienten die diagnostischen Kriterien für eine PTBS. Von diesen war nur ein Bruchteil auf
krebsbedingte Ereignisse zurückzuführen. Diese Befunde sollten sowohl in der Forschung als auch in der Praxis berücksichtigt werden, um eine angemessene Versorgung für Krebspatienten mit
schwerer stressorbedingter Symptomatik zu entwickeln und zu implementieren.