„Musik ist die größte Malerin von Seelenzuständen“ postulierte der Musikhistoriker und Komponist August Wilhelm Ambros vor zwei Jahrhunderten.
Musik kann Angst auslösen und reduzieren, sie kann die Stimmung verbessern oder den „blues“ verstärken. Ihre „psychotropen“ Effekte lassen sich in biologischen und kognitiven Korrelaten abbilden, die uns helfen, die psychologische Dimension von Musik besser zu verstehen und zu nutzen. So stellen diese Befunde eben auch eine Rationale für den Einsatz von Musik als therapeutisches Element dar. Die Musiktherapie ist bereits langfristig ein integraler Baustein der multimodalen Behandlung psychischer Erkrankungen und wird heute nahezu flächendeckend im (teil-)stationären Setting angeboten. Die aktuelle Forschung auf diesem Gebiet konzentriert sich neben der Identifikation von Wirkfaktoren auch auf die „bezogenen Individuationsprozesse“, die durch Musik bzw. Musizieren bei Menschen mit psychischen Erkrankungen induziert werden können. Jedoch muss auch der Mensch, der sich im „Berufsfeld Musik“ bewegt, im Kontext von „Musik und Psyche“ betrachtet werden. Berufsmusiker:innen und Studierende der Musik haben nicht nur ein Hobby zu Profession gemacht, sondern bewegen sich über Jahrzehnte in einem stark kompetitiven Umfeld innerhalb eines Hochleistungssektors. Dies kann stimulieren und motivieren, jedoch auch eine Risikokonstellation für die Entwicklung von („stress¬reaktiven“) psychischen Erkrankungen darstellen. Die Auftrittsangst ist dann nur eine der möglichen Entitäten, die die Berufsausübung bedrohen können und einer individualisierten Therapieplanung bedürfen. Bestimmte Persönlichkeitseigenschaften sowie belastungsassoziierte Variablen können in diesem Kontext je nach Ausprägung entweder als Risikofaktoren fungieren oder einer gewissen protektiven Funktion zugeordnet werden.
17:37 Uhr
Musiktherapie in der Behandlung psychischer Erkrankungen – aktuelle Evidenzlage und klinische Praxis
S. Bauer (Berlin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
S. Bauer (Berlin, DE)
Die Musiktherapie gehört seit den frühen siebziger Jahren zum stationären und teilstationären Behandlungsalltag in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Sie gehört zu den sog. „Spezialtherapien“ und ist, wie andere künstlerische Therapien auch, ein wichtiger Baustein im Rahmen des multimodalen Behandlungsansatzes. Praxis, Lehre und Forschung sind eng miteinander verknüpft. Musiktherapie wird in Bachelor- und Masterstudiengängen gelehrt; Forschung findet im Rahmen von Dissertationen und Drittmittel geförderten Forschungsprojekten statt.
Der Vortrag gibt einen Einblick in die Forschungslandschaft und in die Praxis der Musiktherapie, speziell der Gruppenmusiktherapie in der Psychosomatik. Im aktiven Musiktherapiesetting können die nach OPD-2 diagnostizierten Patient:innen über das Improvisieren auf Instrumenten neue und erste Erfahrungen in der Differenzierung, Steuerung und Regulierung von Affekten, der Benennung von Gefühlen, der Selbst- und Fremdwahrnehmung und der Mentalisierung durch gezielten Austausch von Musik und Wort, machen. In der gemeinsamen Improvisation gehen die Gruppenteilnehmer:innen wortlose, aber klangvolle Beziehungen ein, steuern und gestalten diese aktiv mit und reflektieren im Anschluss darüber, was sie erlebt haben. Sie tauschen sich darüber aus, wie sie ihre Instrumente gespielt und behandelt haben oder wie diese auf sie (ein)gewirkt haben. So kann ein „sprunghafter Ausdruck“ auf dem Xylophon mit sprunghaften Momenten im eigenen Leben verbunden werden oder das wiederholte „Spielen-auf-dem-gleichen-Ton“ mit Angst vor Veränderung, Kontrolle oder emotionalem Stillstand. Patient:innen erleben sich In-Beziehung-zu und In- Abgrenzung-von anderen. Projektionen können erkannt und biografisch angebunden werden. Eine vertrauensvolle Atmosphäre führt dazu, dass neue Erfahrungen zugelassen und der anfangs gefürchtete Gong zum kraftvollen Unterstützer, die als bedrohlich erlebte Trommel zum Instrument lustvollen Ausdrucks wird.
17:59 Uhr
Behind the scenes – psychische Erkrankungen bei Musiker:innen und deren Therapie
J. Plag (Berlin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
J. Plag (Berlin, DE)
Menschen, die sich im „Berufsfeld Musik“ bewegen, haben nicht nur eine Leidenschaft zur Profession gemacht, sondern befinden sich auch über Jahrzehnte in einem stark kompetitiven Umfeld innerhalb eines Hochleistungssektors. Dies kann stimulieren und motivieren, jedoch auch eine Risikokonstellation für die Entwicklung von („stressreaktiven“) psychischen Erkrankungen darstellen. Die Auftrittsangst ist dann nur eine der möglichen Entitäten, die die Karriere bzw. Ausbildung von Berufsmusiker:innen und Musikstudent:innen bedrohen können und einer individualisierten Therapieplanung bedürfen. Der Beitrag bietet eine Übersicht über psychische Erkrankungen bei Musikerinnen und Musikern, deren Therapie sowie etwaige Besonderheiten, die in der Behandlungsplanung zu beachten sind. Darüber hinaus wird ein Ausblick auf das Potential von körperlicher Aktivität als Therapieoption in dieser besonderen Gruppe von Patient:innen gegeben. Die Thematik wird sowohl vor dem Hintergrund der aktuellen Evidenzlage betrachtet als auch auf Basis der klinischen Erfahrungen, die innerhalb der psychiatrischen Sprechstunde des Berliner Centrums für Musikermedizin (BCMM) an der Charité – Campus Mitte – gewonnen werden konnten.
18:21 Uhr
Musizieren als Beruf – Persönlichkeitseigenschaften und psychische Belastungen bei Musiker:innen
A. Bendau (Potsdam, DE)